Noch nie war ein Haarschnitt so unwichtig: Der Porsche Boxster Spyder ruiniert fast jede Frisur. Erste Fahrt in der Kreuzung aus Mittelmotor und Elfer-Technik.
Florenz/Italien – Ab 100 km/h vibriert der Gurt. Der Fahrtwind pfeift durch das geöffnete Fenster und schiebt sich unter den Stoff. Lässt ihn schwingen, zittern, rütteln. Er klopft auf die Schulter und massiert sie, wie ein Trainer den Boxer zwischen Runde sechs und sieben. Er provoziert, fordert mehr Gas, mehr Sound. Im Heck röhrt ein Weltuntergang mit sechs Zylindern, gefühlt viel zu laut für den Straßenverkehr. Aber genau richtig für den Boxster Spyder. Quelle: Porsche Porsche steckt Elfer-Technik in dieses Mittelmotor-Cabrio. Ein Drei-Achter hinter den Sitzen, Carrera-S-Scheiben an den Achsnaben mit Sechs- und Vierkolbensätteln. Dazu so wenig Gewicht wie möglich: Ein filigranes Verdeck mit manueller Öffnung, keine Klimaanlage, kein Audiosystem, harte Carbon-Schalensitze (1.428 Euro Aufpreis). Das Ergebnis sind im Idealfall 1.390 Leergewicht (mit Fahrer) und ein Fahrgefühl wie vor 30 Jahren. Die Geschwindigkeit spürt man mit allen SinnenAuf dem Papier hat all das Nachteile. Tatsächlich sind es aber nur lächerliche Erste-Welt-Probleme. Wer das Verdeck öffnen oder schließen möchte, der muss aussteigen, den Verdeckkasten aufklappen und die Kapuze hineinfalten. Das dauert beim ersten Mal etwa eine Minute, spart aber zehn Kilogramm gegenüber einer elektrischen Haube. Ohne Klima wird es heiß, ohne Radio unmusikalisch. Dafür fehlen weitere 15 Kilo. Und der Boxer-Sound klingt eh besser als Burmester-gepimpte One-Hit-Wonder. Zugegeben: Nur die Wenigsten fahren ein paar Kilo Gewichtsverlust tatsächlich heraus. Deshalb gibt es Klimaanlage und Basis-Audiosystem ohne Aufpreis. Strom im Verdeck-Mechanismus oder ein Doppelkupplungsgetriebe stehen jedoch nicht in der Optionsliste. Mehr Komfort gibt es beim normalen Boxster. Der Spyder fährt puristisch. Ein Auto für tolle Sonnentage. Zum Verreisen zu klein und zu straff. Für die Innenstadt viel zu unübersichtlich, im toten Winkel verschwinden sogar SUVs. Dafür ist er perfekt für Serpentinen, für Landstraßen. Quelle: Porsche Mit Windschott und geschlossenen Fenstern bleibt es immerhin lange leise im Boxster Spyder. Auf der Kopfhaut tobt außerhalb geschlossener Ortschaften aber dennoch ein kleiner Sturm. In diesem Auto spürt man die Geschwindigkeit mit allen Sinnen. Luft weht gegen die Stirn. Die dünne Polsterung drückt gegen den Rücken, der Geruch von warmem Gummi wabert in den Innenraum. Im Schubbetrieb frotzelt der Auspuff, bei hohen Drehzahlen knallt er kräftig nach hinten. Mehr Leistung als der Basis 911erIm Boxster Spyder leistet der 3,8-Liter-Boxer aus dem 911er 375 PS. Zehn PS weniger als im Cayman GT4, 25 PS mehr als im Basis-Elfer. Genug für 290 km/h Spitze und einen Sprint auf Tempo 100 in 4,5 Sekunden. Dazu kommt ein straffes, aber großartig ausbalanciertes Fahrwerk und eine sehr gefühlvolle Lenkung. Alles am Auto lässt sich stets genau dosieren. Der Motor entwickelt Leistung und Drehmoment linear mit der Drehzahl. Ganz ohne Turbo-Druck, dafür aber mit Kraft im Keller und ohne Anfahrschwäche. Quelle: Porsche Für Porsche gibt es nur ein Manko: Der NEFZ-Verbrauch liegt mit 9,9 Litern sehr hoch. Deshalb bietet Porsche Cayman und Boxster bald mit Vierzylinder-Turbomotoren an. Wir erwarten die kleineren Aggregate bereits zum Facelift im kommenden Frühling. Im Boxster Spyder arbeitet wahrscheinlich der letzte große Sauger. Für einen Spekulationskauf könnte es trotzdem schon zu spät sein. Der Flitzer ist nicht limitiert, aber die Produktion endet bald. Viele Porsche-Händler haben ihr Soll bereits verkauft. Technische Daten: Porsche Boxster Spyder
Zum Weiterlesen: [url=http://www.motor-talk.de/.../...ift-gibt-es-vierzylinder-t5570026.html] |