Laut "Financial Times" soll die französische Royal-Kommission bei Abgasuntersuchungen wichtige Details verschwiegen haben. Ausgerechnet zur Abgasreinigung bei Renault.
London/Paris - Man kann es einfach nochmal wiederholen: Fast alle schalten ab. Zu diesem Ergebnis war kürzlich auch die sogenannte Royal-Kommission in Frankreich gekommen. Sie hatte, wie zuvor schon das Kraftfahrtbundesamt, diverse Fahrzeuge verschiedener Hersteller Abgastests unterzogen. Das Ergebnis war eindeutig: Viele Hersteller legen ihre Abgasreinigung so aus, dass sie unter Prüfstandsbedingungen den Schadstoffausstoß so stark reduzieren, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Schon bei leicht veränderten Prüfbedingungen aber werden einige vermeintlich saubere Autos zu Dreckschleudern. Im realen Fahrbetrieb fielen noch mehr Autos grob negativ auf. Die entdeckten Abschaltautomatiken als illegal zu bezeichnen, dazu mochte sich die Kommission Royal-Kommission nicht durchringen. Royal-Kommission: Wichtige Details zum Renault Captur verschwiegen?Quelle: Ministère de l'Environnement, de l'Énergie et de la Mer Laut der "Financial Times" hat der Untersuchungsbericht der Kommission aber auch wichtige Details unterschlagen. Nicht erwähnt worden sei, dass beim Modell Renault Captur eine Abgasreinigung für Stickoxide ihre Leistung hochgefahren habe, als das Auto für Schadstofftests vorbereitet wurde, schreibt das Blatt unter Berufung auf drei Mitglieder der Kommission. Demnach habe der NOx-Speicherkat des Renault Captur am Ende der Vorkonditionierung für den Prüfstandstest fünfmal kurz hintereinander die Reinigung hochgefahren. Das lege nahe, dass die Software den anstehenden Test erkannt habe. Eine derartige Software wäre mit der von Volkswagen zu vergleichen und in der Tat illegal. "Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass Renaults Software den Test erkannt hat, es sieht aber so aus, als hätte Renault den NOx-Filter auf diese speziellen Bedingungen konditioniert", zitiert die "FT" ein Kommissionsmitlgied, das anonym bleiben wollte. Renault bestritt gegenüber der Zeitung, Software zur Manipulation von Emissionstests benutzt zu haben. Der französische Staat hält 20 Prozent am Autobauer Renault. Die von Umweltministerin Ségolène Royal beauftragte Untersuchungskommission war formal unabhängig und hatte nach offizieller Darstellung keine Beweise für Softwaretricksereien von Renault bei Abgastests gefunden. Tatsächlich ist der Abschlussbericht überaus vorsichtig formuliert. Eine unzulässige Abschalteinrichtung unterstellt er keinem der Hersteller. Er beschränkt sich auf die Feststellung, ob die Autos die zulässigen Grenzwerte einhalten oder nicht. Demnach stoßen einige Modelle schon bei minimalen Änderungen des offiziellen NEFZ-Prüfverfahrens mehr Schadstoffe aus als erlaubt. Krasse Abweichungen beim NOx-Ausstoß dokumentiertNeben den Modellen Fiat 500X, Nissan Qashqai, Alfa Romeo Giulietta und Ford Kuga zeigten auch Renault Captur und Renault Talisman starke Abweichungen. Obwohl unter Umständen nur die Position der Motorhaube verändert wurde oder die Vorkonditionierung anders durchgeführt wurde als üblich. Um aus diesen Testergebnissen auf Abschalteinrichtungen zu schließen, hätte man sich also nicht weit aus dem Fenster lehnen müssen. Die Kommission kam nur zu dem Ergebnis, dass der Eindruck bestehe, die Systeme seien in einigen Fällen übervorsichtig kalibriert. "Der Bericht wurde letztlich vom Staat verfasst und sie haben entschieden, was vertraulich bleibt", sagte Kommissionsmitglied Charlotte Lepitre von der Dachvereinigung französischer Umweltschutzorganisationen, der "Financial Times" dazu. Ein Vertreter des Umweltministeriums bestritt laut der Zeitung, dass Fakten verschleiert werden sollten. Die Sicht einzelner Kommissionsmitglieder sei in den Bericht eingeflossen. Abschlussbericht der Royal-Kommission mit allen Einzelresultaten (frz.)
Quelle: Mit Material von dpa |