Eigentlich war das Pfingstwochenende längst verplant. Eigentlich. Ein einziger Blick in mein Postfach ließ mich das ursprüngliche Reiseziel aber vergessen: Nissan lud zum 24-Stunden Rennen nach Le Mans. Reise und Unterkunft inklusive, ein umfangreiches Rahmenprogramm und natürlich Motorsport live – ein No-Brainer. Auf nach Le Mans Schon der Weg nach Le Mans war ein Erlebnis für sich. Vom Flugzeug aus konnte ich Paris von oben bewundern, ein toller Anblick. In so einem Moment ist es schwer vorstellbar, dass man mit dem Auto mehr als zwei Stunden braucht, um aus der Stadt rauszukommen – das mit dem Stau haben die Franzosen echt drauf! Zu fünft waren wir mit zwei Mietwagen unterwegs, von denen es einer auch rechtzeitig zum Abendessen nach Le Mans schaffte. Rund um die Rennstrecke versammelten sich eine Menge Petrol-Heads, die jedes vorbeifahrende Fahrzeug mehr oder weniger bestimmt zum Burn-Out aufforderten. Kleiner Tipp: Immer mit geschlossenen Fenstern fahren, die Herrschaften machen gerne von ihren Wasserpistolen Gebrauch. Immerhin wurden wir nur von Zitronenlimonade getroffen, das hätte deutlich schlimmer ausgehen können – Anfängerfehler. Nach insgesamt vier Stunden Fahrzeit kamen wir dann im Techno-Park, unserer Wochenendresidenz in Le Mans an. Campen kann jeder, wir durften „glampen“ – die glamouröse Variante: In einer großen Halle standen viele kleine Zelte, jedes einzelne mit Luftmatratze und Kopfkissen ausgestattet und einem kleinen Goodiebag verziert. Nicht weit entfernt gab es ausreichend dimensionierte sanitäre Einrichtungen und sehr bemühte Mitarbeiter, die bei allen Fragen und Wünschen weiterhalfen. Ein Shuttle brachte uns dann ins Le Mans Legends Café, wo wir bei einem üppigen Mahl und ein paar Bieren den Plan für den nächsten Tag besprechen konnten. Le Mans Live: V8 Sound zum Frühstück Standesgemäß wurden wir am ersten Renntag von Motorengeräuschen aus der Ferne geweckt. Höchste Zeit für ein Frühstück, mit Chauffeur ging’s zur Nissan Hospitality Area. Besser kann man nicht speisen: Direkt in der Dunlop Kurve gelegen gab es eine wunderbare akustische Untermalung von verschiedensten Motorklängen, vom bollerndem Ami-V8 bis hin zum Hochdrehzahl-Kreischen. Das macht Lust auf mehr! Frisch gesättigt betraten wir die Terrasse und hatten einen fantastischen Blick auf die erste Schikane der Strecke, die genau in diesem Moment von klassischen Rennwagen befahren wurde. Ein El Dorado für jeden Autoliebhaber. Bis zum eigentlichen Rennstart um 15:00 Uhr war noch etwas Zeit, Le Mans unsicher zu machen. Zusammen mit rund 300.000 Fans konnten wir diverse Exponate begutachten. Von Chevy Camaro über BMW M3 und Mazda RX7 bis hin zum emissionsfreien Elektro-Sportwagen Nissan Esflow gab es einiges zu sehen, natürlich auch viele aktuelle und ältere Le Mans Renner. Außerdem durften wir noch an der Vorstellung der Fahrer des Signatech Nissan Teams teilnehmen. Der Spanier Lucas Ordoñez kam auf eine ganz besondere Art zu seinem Platz hinter dem Volant: In der GT Academy konnte er sich auf der Playstation(!) gegen seine Kontrahenten durchsetzen. Es folgten die Rennlizenz und eine Teilnahme bei den 24 Stunden von Dubai und nun stand er neben uns und wartete auf den Start eines der berühmtesten Rennen der Welt – Was für eine Karriere! Der Tellerwäscher hat scheinbar ausgedient, die digitale Generation kommt auf anderem Weg zu Ruhm und Ehre. Gentlemen: Start your Engines Dann war es endlich so weit: Acht Kampfjets zeichneten die Trois Couleures der französischen Flagge ans Firmament und kündigten so den fliegenden Start des Rennens an - Die 24 Stunden von Le Mans hatten begonnen. Mit brüllendem Sound marschierte das gesamte Starterfeld an uns vorbei, viel zu schnell, um diesen Moment entsprechend zu würdigen. Glücklicherweise hatte ich ja noch genug Zeit, in den folgenden Runden jeden einzelnen zu begutachten. Besonders beeindruckend war hierbei die breitgefächerte Klangkulisse: Ferrari, Porsche und Corvette in der Le Mans Rennversion erkannte man von weitem, die charakteristische Akustik kann auch eine großzügig ausgelegte Sportauspuffanlage nicht verfälschen. Die Audi R18 hingegen schienen keinen Mucks von sich zu geben. Während der Vorgänger noch mit einem V10 Aggregat ausgestattet war, setzte Audi nun auf einen 3,7 Liter V6 Turbodiesel, der vergleichsweise flüsterleise seine Runden zog. Nur beim Bremsen konnte man ein leises Pfeifen der Turbine erahnen, jedenfalls solange kein anderes Auto in der Nähe war. Das genaue Gegenteil demonstrierte der einzige Ford GT-R im Feld. Mit ohrenbetäubendem Lärm sorgte er immer wieder aufs Neue für Gänsehaut, selbst die Corvettes konnten da nicht mithalten. Le Mans von oben Um das ganze endgültig zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen, warteten noch zwei Überraschungen auf uns. Zum ersten ein Besuch der Boxengasse: Mitten im Geschehen wurden wir Zeuge von der Kommunikation zwischen Fahrzeug und Crew, sahen nervöse Fahrer und ein komplettes Ersatzfahrzeug in Einzelteilen. Leider durfte ich mir nichts aussuchen, die Bremsanlage hätte ich gerne mitgenommen. Interessant war es natürlich trotzdem. Das Sahnehäubchen war dann aber der Helikopterflug. Am Streckenrand hat man bekanntlich nur einen sehr beschränkten Einblick in das Geschehen, von oben sieht man da deutlich mehr. Vor allem die Zweikämpfe in den Kurven waren gut zu erkennen, außerdem die wahre Größe der Rennstrecke von Le Mans. Ein unglaublicher Anblick! Leider wurde das Rennen von zwei schweren Unfällen überschattet. In beiden Fällen berührte ein Ferrari den jeweils überholenden Audi, was zu mehrfachen Überschlägen mit umherfliegenden Wrackteilen führte. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt, kaum zu glauben bei dem Anblick. Trotz alldem zeigten sich die meisten Fahrer sehr aggressiv. Ständig gab es spannende Zweikämpfe zu sehen, was bei einem so langen Rennen nicht unbedingt zu erwarten war. Doch die Fahrer hatten sich nichts zu schenken. Bei so vielen Fahrzeugklassen und Teilnehmern verliert man da schnell den Überblick. Ce sont les 24 heures du Mans Letztendlich schaffte es der einzig verbliebene Audi vor drei Peugeots als erster ins Ziel. In der Klasse LMP2 erreichte Nissan einen Doppelsieg, im Gesamtklassement hieß das Platz 8 für Greaves Motorsport und Platz neun für das Signatech Team. Insgesamt hat mir das Wochenende unglaublich viel Spaß gemacht. Mein Dank gilt dem ganzen Nissan Team, besonders Michael für die Organisation, dem Probefahrer Alex, vor allem für das geliehene Objektiv, Mathias für die ergänzenden Fotos und natürlich auch Tina und Xaver für die nette Zeit. (Von Constantin Bergander)
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 16.06.2011
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