Audi, Verwalter des NSU-Motorenwerke-Erbes, gab die Wankel-Reichweitenverlängerung auf. Mazda springt in die Bresche und lässt den elektrifizierten Mazda2 rotieren. Erste Fahrt im Prototypen.
Yokohama – Elektroautos: Wer sie kennt, fährt sie gern. Kaufen will sie trotzdem keiner. Das liegt hauptsächlich an den Reichweiten von 150-200 Kilometern. Ausreichend für die meisten Alltagsfahrten, aber: Die Reserven sind klein, wenn das Auto nicht jeden Abend im heimeligen Carport Strom tankt. Und in den Urlaub geht es, mangels Schnellladepunkten, mit so einem Auto schon gar nicht. 70 Prozent unzufriedene KundenDas musste auch Mazda lernen. Derzeit testen 100 japanische Autofahrer einen elektrischen Mazda2 mit 102 PS und 200 Kilometern Reichweite. Quelle: Mazda Satte 70 Prozent der Testkunden sind mit der Reichweite des Stadtflitzers unzufrieden, wie Mazda bei Befragungen herausfand. Wie viel Bier würde in Deutschland verkauft, würde es 70 Prozent der Deutschen nicht schmecken? Eben. Also muss der kleine Mazda weiter fahren. Die einfachste Lösung, sagt der Mazda-Motorenentwickler Takashi Suzuki, wäre ein Range Extender (Reichweitenverlängerung). Ein Verbrennungsmotor lädt eine Batterie, die den Elektromotor antreibt. Die Technik ist verfügbar und Tankstellen gibt es genug. Solche seriellen Hybridlösungen sind nicht neu, aber unter Technikern umstritten. Denn jede Energieumwandlung (hier: von Benzin in Bewegung in Strom in Bewegung) bedeutet Wandlungsverluste. Und: Ein zweiter Antrieb und ein Tank bedeuten zwangsläufig mehr Gewicht, höhere Preise und mehr Reparaturen. Wankel statt AmperaTrotz dieser Nachteile brachte General Motors 2011 den Opel Ampera mit Range Extender heraus. Die Verkaufszahlen blieben weit hinter den Erwartungen. Takashi Suzuki ist zu höflich, um den Ampera zu erwähnen, wenn er sagt: Der Range Extender der Zukunft muss kleiner, leichter, sparsamer, leiser und wartungsärmer sein. Wir ergänzen: im Vergleich zum 1,4-Liter-Vierzylinder im Ampera. Quelle: Mazda Mazda sah sich deshalb im Motorenregal um und stieß auf den fast vergessenen Wankelmotor. Er gilt als verbrauchsintensiv und anfällig für Ölverluste, hat aber handfeste Vorteile: Wankelmotoren lassen sich extrem kompakt aufbauen und sie laufen sehr leise und verschleißarm. Mazda verfügt über viel Erfahrung mit der Technik, erwarb bereits 1961 die Lizenz am Wankel. Takashi Suzuki (trotz des Namens ein Mazda-Mann) und sein Team konstruierten einen horizontal rotierenden Antrieb mit einem 300 ccm großen Einzelrotor. Der Motor leistet knapp 30 PS bei 4.500 U/min und treibt einen Generator an, der konstant 20 kW produziert. Die Leistung entspricht dem durchschnittlichen Energieverbrauch des Elektromotors – theoretisch wäre die Batterie also nie alle. Solange noch Treibstoff im neun Liter großen Tank ist. Mit einem ähnlichen Konzept hat Audi bereits experimentiert, bekanntlich Rechtsnachfolger von NSU Motorenwerke. In den 60er-Jahren waren diese Anbieter des legendären Wankel Ro 80. Der Audi-Wankel im A1 E-Tron gab 15 kW an die Batterie ab, der Tank war etwas größer (12 l). Audi stellte das Projekt ein, dabei hatte es den gleichen Charme, der die Mazda-Crew begeistert: Die ganze Einheit aus Motor, Tank und Generator passt unter den Kofferraumboden eines Mazda2. Fahrt im PrototypenUnter strenger Aufsicht des Chefingenieurs fahre ich im ersten und einzigen fahrbereiten Prototypen. Ein elektrischer Mazda2, in Japan nach wie vor als „Demio“ unterwegs. Zu Demonstrationszwecken schaltet sich der Range Extender bei 10 km/h zu. Später soll er erst mitmischen, wenn die Stromvorräte der Batterie unter 10 Prozent fallen. Ich trete das Gaspedal des Rechtslenkers und höre – nichts, außer dem Rollgeräusch der Reifen. Werde schneller, spüre keine Vibrationen. Läuft da überhaupt ein Benzinmotor? Ja, sagt Herr Suzuki und will es mir beweisen: Wir halten an, beschleunigen langsam elektrisch bis 10 km/h und hören dann aus dem Heckbereich ein leises Surren. Nicht lauter als ein überdimensionierter Klimakompressor. Das, sagt der Mazda-Ingenieur, ist gewollt: Der Range Extender soll akustisch im Fahrgeräusch des E-Autos verschwinden. Und besonders laut sind Elektroautos bekanntlich nicht. Ziel: effizient wie der BMWSo weit, so überzeugend. Wie aber steht es mit den wankel-typischen Problemen? Den Ölverlust hat Mazda nach eigenem Bekunden im Griff. Und den Benzindurst auch, sagt Herr Suzuki. Sein Motor ist sehr klein und läuft konstant an besonders effizienten Betriebspunkten. Quelle: Mazda BMWs Range-Extender im i3, ein 600-Kubik-Zweizylinder, soll 13 Gramm CO2/km emittieren. Das entspricht einem Verbrauch von 0,6 l/100 km. Suzuki will diesen Wert ebenfalls erreichen, und wer japanische Ingenieure kennt, weiß: Das würde er nie versprechen, wenn er es nicht halten könnte. Wann das System marktreif ist und was es kosten könnte, verrät Mazda nicht. „Wir haben einen funktionierenden Prototypen, aber er ist nicht perfekt“, sagt der Mazda-Techniker. Einen Prototypen hatte Audi auch. Was Audi dagegen nicht hat, ist Mazdas Ruf, eigenwillige Motorenkonzepte in den Markt zu bringen.
Lesen wir mal zwischen den Zeilen: Geht es nach dem Mann, der Suzuki heißt und bei Mazda Motoren baut, dann kommt das System in den nächsten drei Jahren. Zum Beispiel im nächsten Mazda2, der Anfang 2015 an den Start geht. |