Cadillac verspricht viel, hält längst nicht alles und liefert trotzdem eine schicke Limousine ab: Der CT6 startet im Herbst 2016 in Deutschland. Wir sind ihn gefahren.
Berlin – Es klang wie ein direkter Angriff auf den bayerischen Auto-Adel. So lang wie ein BMW 7er sollte die neue Oberklasse-Limousine von Cadillac werden – und leichter als ein 5er. Starke Worte zum Auftakt der New York Auto Show im vergangenen Jahr. Seitdem ist viel passiert. Mittlerweile wiegt der 7er selbst kaum mehr als ein 5er (ab 1.800 kg). Und Cadillac hat noch einmal nachgerechnet. Das Versprechen ist von der Presseseite verschwunden. Denn die Serienversion des Cadillac CT6 wiegt in Deutschland mindestens 1.954 Kilogramm. Mit großem Ausstattungspaket sind es mehr als zwei Tonnen. Trotz einer „Aluminium-intensiven Karosserie in Materialmisch-Bauweise“. Cadillac CT6: Starker Ami mit schlanker Taille Vergleichen lassen sich 7er und CT6 aber nur schwer. Fahrerisch orientiert sich der CT6 an der oberen Mittelklasse. Vorbild war der 35 Zentimeter kürzere Cadillac CTS. Eine Luftfederung hat Cadillac, anders als die Konkurrenz im Oberhaus, nicht im Programm, dafür aber eine Hinterachslenkung (Ausstattung „Platinum“). Mit ihr verkleinert sich der Wendekreis auf 11,3 Meter – üblich in der Mittelklasse, sehr gut für die Oberklasse. Hinzu kommt ein guter Sechszylinder, der in der Praxis kaum mehr verbraucht, als Cadillac angibt. Cadillac setzt viel daran, dem alten Image zu widersprechen. Fahrwerke mit leichtem Seegang soll es nicht mehr geben. Dafür Stahlfedern und (optional) adaptive Dämpfer, die in jeder Einstellung straff arbeiten. Nach Sänfte fühlt sich der CT6 nie an. Ein flottes Fahrverhalten war den Ingenieuren wichtiger. Eine Oberklasse-Limousine muss mehr können Das gilt auch für den Krawall und die Rustikalität, die Cadillac dem CT6 mit auf den Weg gibt. Sein Sechszylinder bollert und brüllt unter Last, die Automatik arbeitet nervös. Automatikhebel und Tasten am Lenkrad fühlen sich lieblos umgesetzt an. Drehzahlmesser und Tankfüllstand lassen sich nur schwer ablesen. In der Oberklasse erwarten wir hier viel mehr. Andererseits setzt Cadillac im CT6 ein paar gute Ideen um. Das digitale Cockpit lässt sich konfigurieren: Drei Bereiche zeigen Informationen zu Navigation, Statistiken oder unterschiedlichen Motordaten, darunter Ladedruck und Systemspannung. Der Kollisionswarner lässt den Fahrersitz vibrieren. Zudem führt Cadillac einen digitalen Rückspiegel ein. Der kann spiegeln, oder das Bild der Rückfahrkamera wiedergeben. Gewöhnungsbedürftig, weil das Auge neu fokussieren muss. Aber in manchen Situationen hilfreich, denn der Sichtbereich wächst. Günstiger Einstiegspreis, aber ein Diesel fehlt Weltweit bietet Cadillac den CT6 mit drei Motoren an. Der 2,0-Liter-Vierzylinder ist vor allem in China relevant. Ihn gibt es ausschließlich mit Hinterradantrieb. In den USA gibt es zusätzlich einen 3,6-Liter-Sauger mit 340 PS. Nach Deutschland kommt nur der 3,0-Liter-Turbobenziner mit Allradantrieb. Langfristig soll es weitere Antriebsarten geben. In China startet ein Plug-in-Hybrid mit 50 Kilometern elektrischer Reichweite. Staatliche Subventionen kompensieren dort den Mehrpreis. Ein V8 mit zwei Turboladern ist ebenfalls im Gespräch. Und Cadillac denkt - mal wieder - laut über Dieselmotoren nach. Den bräuchte der Hersteller, um in Deutschland Erfolg zu haben. Bei BMW und Audi lag der Diesel-Anteil in der Oberklasse im vergangenen Jahr bei 72 bzw. 80 Prozent. Cadillac will bei uns mal wieder ganz neu starten. 2015 verkaufte die Marke hier nur 225 Fahrzeuge. In den kommenden Jahren sollen es deutlich mehr werden. Cadillacs Deutschland-Plan sieht bis 2020 acht neue Modelle vor. Cadillac CT6: Technische Daten
|
