Ans Steuer lässt Opel noch niemanden. Aber auf den Beifahrersitz: Wir konnten die erste Runde im neuen Ampera-e drehen. Hier lest Ihr, wie sich das anfühlt.
Von Peter Ruch Rüsselsheim - Es gibt bei Autoherstellern die seltsamsten Spielarten, ein neues Produkt vorzustellen. Eine der wunderlichsten ist die Sitzprobe. Eine solche ermöglichte Opel uns jetzt beim Ampera-e - mit Erweiterung: der Wagen fuhr. Der Reporter durfte hinten und später sogar noch auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Großartig - eine ganz neue Sichtweise. Für die mir die Begeisterung allerdings etwas abgeht. Also Klartext, von der Beifahrerseite: Es fehlt nicht an Raum im Ampera-e - aber so ein bisschen an Ellenbogenfreiheit. Der 4,17 Meter lange Chevrolet Bolt aka Opel Ampera-e ist nur 1,76 Meter breit. So hat man zwar reichlich Platz für die Knie, sitzt aber sonst eher eng beisammen; zu fünft reist man wohl besser nur zum Heimspiel seiner Mannschaft. Quelle: Opel Außer, es wird ein Passagier im Kofferraum verstaut. Der fasst für das Segment ganz anständige 381 Liter (bei abgeklappten Rücksitzen sind es gar 1.270 Liter). Aber diese Art der Beförderung soll auch unter guten Freunden als unfein gelten. Und die Reichweitenangst?Das Cockpit wirkt auch von der falschen Seite her gut aufgeräumt: übersichtlich, mit gut integriertem Touchscreen. Der Beifahrersitz bietet genügend Seitenhalt, ist erfreulich bequem und wohl auch auf längeren Strecken nicht unangenehm. Allerdings wollen gerade längere Strecken und E-Autos wie der Ampera-e ja bislang nicht so recht zusammen kommen. Auf unserer knapp 30 Kilometer langen Strecke lässt sich auch nur schwerlich beurteilen, ob der kleine Opel die große "Reichweitenangst" schlagen kann. Zwar weiß ich, dass der Wagen gemäß der realitätsfernen NEFZ-Norm mehr als 500 Kilometer weit fahren soll. Doch den Beweis kann ich passiv auf dem Sitz rechts nicht erbringen. Quelle: Opel Sicher ist: Die Batterie mit ihren 60 kWh Kapazität ist ein Vieh, wie es das außer bei Tesla bisher nicht gab. 460 Kilo schwer ist sie, wird quasi als zweiter Boden verbaut, sorgt damit für einen sehr tiefen Schwerpunkt - und, eben, eine gute Reichweite. Auch mit schwerem Fuß sollten sich 300 Kilometer erreichen lassen - und das ist durchaus ein Argument, das für den Ampera-e spricht. Ach ja, eine News: Es wird 8 Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie geben auf die Batterie. Die lässt sich über eine 50-kWh-Schnellladestation in einer halben Stunde wieder mit Strom für 150 Kilometer "auftanken"; eine komplette Ladung an der Haushaltsteckdose dauert neun Stunden. Der Kleine geht gut abAuch als Beifahrer kriegt man gut mit, wie der Opel abgeht. 204 PS leistet er, umgerechnet, und ein fettes Drehmoment von 360 Newtonmeter schon aus dem Stand. Von der Ampel haut es den Opel förmlich weg, irgendwie logisch, er wurde ja auch hauptsächlich in den USA konstruiert. Doch auch das Durchzugsvermögen ist ergreifend: von 80 auf 120 km/h, beim typischen Überholmanöver auf der Landstraße, marschiert er in 4,5 Sekunden. Das alles bei quasi vollkommener Ruhe - das ist unbedingt ein Punkt, der für alle E-Autos spricht (andererseits, bei emotionalerer Betrachtung: dagegen). Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei elektronisch begrenzten 150 km/h. Über den Standardsprint von 0 auf 100 km/h will Opel - wie über so vieles anderes wie etwa das Gewicht - immer noch nichts erzählen. Ein paar Fragen, Herr NeumannDer Opel-Ingenieur hat als Fahrer viel Freude an den vielen Gimmicks, die der Ampera-e zu bieten hat. Er plaudert über die Hotspots, die sich einrichten lassen, über Onstar, darüber wie sich die Smartphones einbinden lassen. Er demonstriert den "Low"-Modus, der so heftig rekuperiert, dass es sich als unvorbereiteter Beifahrer anfühlt wie eine Vollbremsung, wenn der Fahrer vom "Gas"-Pedal geht. Opel will uns das als "One Pedal Driving" verkaufen. Wobei sich mir der Sinn noch nicht erschlossen hat; vielleicht verstehe ich es, wenn ich selber ans Lenkrad darf. Dort gibt es außerdem eine Regenerierungswippe - aber was will man als Beifahrer dazu schon sagen? Später, im Gespräch mit Opel-Chef Karl-Thomas Neumann, tauchen selbstverständlich ein paar Fragen auf. Zum Beispiel: Wann? Im Frühling 2017 sollten die ersten Fahrzeuge auf den Markt kommen. Oder: Wieviel? Da schmunzelte Neumann nur. Wer mit ca. 35.000 Euro rechnet, der liegt sicher nicht falsch. Die Einführung wird nicht auf allen Märkten gleichzeitig stattfinden, doch Deutschland wird sicher hohe Priorität haben. Schließlich will Opel mit dem Ampera-e deutlich erfolgreicher sein als mit dem Vorgänger, von dem Neumann sagt: "Der war einfach zu früh." |