Málaga – Sechs Runden M6. Auf einer Teststrecke, so glatt und weich geschwungen wie der Popo meines Babys. Dazu Bruno Spengler, BMWs erfolgreichster DTM-Pilot. Dazu muss ich nichts mehr sagen. Nur schreiben. Vor mir steht der neueste, allergeilste BMW M6. Zwischen uns stehen 123.600 Euro. Hinter mir steht mein Gewissen. Es sagt immer wieder: „Das ist nur ein Auto.“ Aber das ist es nicht. Der M6 ist ein Luxuscoupé, das schwindelerregend schnell ist. Man muss BMW nicht mögen, um so ein Auto zu lieben. Man muss nur Autos lieben. So einfach ist das heute. Bi-Turbo, Heckantrieb, 560 PS, 680 Nm ab 1.500 Touren. Diese Werte klingen bei Petrol Heads wie Sex im Ohr. Und sie machen mich nervös. Irgendwie. WarmfahrenMir ist mulmig am Steuer und wem wäre nicht so zum Mute, wenn er in einem 149.260 Euro Testwagen sitzt, auf dem Weg zum Circuito Ascari. Dabei fährt sich dieses Technik-Gefährt so geschmeidig und gefühlvoll über die spanischen Serpentinen. Trotzdem: allein die optionalen, hier verbauten Karbon-Keramik-Bremsen für 8.700 Euro kosten mehr als mein Ford Taunus. Allerdings packen sie auch fester, stabiler zu als das allermeiste, was meinen Vortrieb bislang bremste. Sakhir Orange glänzt der Lack auf dem Blech, das Kunststoffdach über mir wurde mit Karbonfasern verstärkt. Über die Mittelkonsole spannt sich fein vernähtes Leder. Es ist so lauschig in diesem Wagen, während der Achtzylinder vorne leise brodelt. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 17,2 Litern (laut Werk sind es 9,9 Liter) rollen wir auf den Parklatz des Circuito. Mir scheint, als sei mein rechter Fuss vielleicht doch etwas schwer gewesen. VollgasWir wechseln Ort und Weg. Aber es fühlt sich an wie eine Veränderung des Raum- und Zeitkontinuums. Der M6 und ich, wir sind auf einem perfekten Gemisch aus Bitumen und körnigem Gestein unterwegs. Seit neun Jahren gibt es diese perfekte Asphaltbahn mit 13 Rechts- und 13 Linkskurven. Mit Vehemenz und Leichtigkeit stürmt dieser M6 über die Strecke und er tut das, obwohl ich am Lenkrad sitze. Und kein Rennfahrer. Darum sind alle Assistenzsysteme eingeschaltet, während das Auto und ich davongaloppieren. Die Reifen krallen sich in den schwarz glänzenden Untergrund und ich kralle mich am Lenkrad fest. Dieses Auto ist schnell wie kaum ein BMW zuvor. Aber mit wachen, elektronischen Wächtern gutmütig und treu wie ein Großpapa. Übermütig provoziere ich den Wagen immer wieder, trete am Scheitelpunkt der Kurve übertrieben aufs Gas. Das Heck rührt sich kein Stückchen. Anders verhält es sich, wenn ich den sportlicheren MDM-Modus wähle. Dann rutschen die Hinterräder quer zur Fahrtrichtung und das Gaspedal wird zum Steuerknüppel. Löse ich den Pedaldruck, regelt das Stabilitätsprogramm gegen und bringt mich zurück auf Kurs. Bleibt mein Fuß schwer wie Blei, erkennt das System meine Neigung zum Drift und hält sich raus. Drei von sieben GängenÜber Schaltwippen klicke ich mich durch die sieben Gänge des Doppelkupplungsgetriebes. Wobei richtiger wäre, dass ich nur zwei, drei Gänge brauche. Der erste dient zum Anfahren, die Gänge 5, 6 und 7 sind auf dem Kurvenkurs überflüssig. Auch, weil der hochdrehende 4,4-Liter-Achtzylinder so viel Kraft in allen Lagen bietet. Sein grandioses Ansprechverhalten zwischen 1.500 bis zu gnadenlosen 7.200 Touren ist phantastisch, auch wenn der ehemalige 10-Zylinder-Sauger nicht völlig vergessen werden kann. Aber die Turbos sind perfekt eingestellt und sparen im Alltag einfach besser. Zudem wiegt der neue Motor weniger schwer und lässt sich deutlich günstiger produzieren. Er basiert auf dem normalen Serien-V8. Der M6 bietet genaue Wahlmöglichkeiten, die einen Profi am Steuer viel Spaß bereiten können. Die Sensibilität von Lenkrad, Schaltung und Gas können individuell justiert werden. Dazu gibt es verschiedene Fahrstufen, von denen Sport Plus nur etwas für Profis oder Millionäre ist. Die einen können so ein Auto einfach perfekt im Grenzbereich bewegen, die anderen kaufen sich bei unperfektem Verhalten einfach ein Neues. Im Sport-Plus-Modus gibt es nur den puren M6, der dann näher an einem Rennwagen mit drei zusätzlichen Sitzen ist, als an einem sportlichen Alltagscoupé. Während ich wild am Lenkrad kurbele, um den 560-PS-BMW Runde um Runde schneller über den Kurs zu zirkeln, schwitze ich wie ein Ziegenhirte in der andalusischen Mittagssonne. Und das trotz intensivster Kühlung von der Klimaanlage. Der anspruchsvolle Kurs, die Kraft des M6, die Kurven, das Fahrwerk, sie alle verlangen mir alles ab. Nach zehn Runden endet mein Ritt auf den Reifen. Ob ich mich gut geschlagen habe, will ich von einem BMW-Aufpasser wissen, der jede meiner Aktionen überwacht hat. Der erfahrene Bayer nimmt die Reifen meines 6er in Augenschein und grummelt: „Gut eingefahren“... Lehrstunde mit ProfiWer jetzt glaubt, er wisse bereits alles über den M6, dem geben wir von Motor-Talk gern eine kurze Lehrstunde. Als Oberlehrer dient Bruno Spengler, 28, Kanadier, und aktuell bester BMW-Pilot in der DTM. Er und ich und mein gut eingefahrener M6 gehen noch einmal gemeinsam auf den Kurs. Was das bedeutet? Augen zu, Augen auf. Wir befinden uns in der ersten Kurve der Strecke und Bruno macht sich erst gar nicht die Mühe, eine ideale Linie zu suchen. Während die Seitenscheibe zur Fliegenklatsche mutiert, weil Bruno gerne driftet, hinterfrage ich mein kleines fahrerisches Können. War ich hier gerade nicht halb so schnell? Ich entschließe mich, nicht über Brems- und Einlenkpunkte zu diskutieren, während das Volant durch Brunos Hände gleitet wie einst das Glücksrad im Fernsehen. Millimetergenau flitzen wir an den Pylonen vorbei, die einige Streckenpunkte markieren. Aber wieso stehen die noch, nachdem wir da so eng vorbeigefegt sind. Nach der ersten Runde sammel ich Luft für ein Gespräch. So nebenbei, ganz locker, bei Tempo 210 (abgeregelt wird bei 250 km/h; optional bei 307 km/h). Bruno, ganz BMW-Mann, plaudert über den M6: „Die Beschleunigung ist unglaublich.“ Was er meint ist das unglaubliche Sprintvermögen des 4,90 Meter langen und 1.850 Kilo schweren Coupés. In 4,2 Sekunden rauscht die 100er-Markierung vorbei. Natürlich beschleunigt sein DTM-M3 schneller und natürlich fährt der höhere Kurvengeschwindigkeiten. „Aber guck mal, was Du damit machen kannst“ sagt Bruno und bewegt den M6 im vollen Quertrieb durch eine der engsten Kurven. Aha, so geht das. Ich, Philipp Monse, 26, Redakteur bei Motor-Talk, sitze da und freue mich wie ein Kind - über die Fliehkräfte, die an mir zerren, das Quietschen der Reifen und über die Art, wie Bruno all das kommentiert. Als Vater einer Kleinfamilie habe ich natürlich noch einen Wunsch an diesen Traumwagen. Vier Türen und mehr Platz auf der Rückbank. BMW erfüllt den 2013. Dann kommt das M6 Gran Coupé.
Modell: BMW M6 Motor: 4,4-Liter-Achtzylinder mit Bi-Turbo Leistung: 560 PS Verbrauch: 9,9 L Super/100km CO2: 239 g/km 0 – 100 km/h: 4,2 Sekunden Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h, optional 305 km/h Länge x Breite x Höhe: 4,90 m x 1,90 m x 1,37 m Preis: 123.600 Euro |
verfasst am 23.06.2012
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