Im November und Dezember hat die MOTOR-TALK Community Geld gesammelt, um einem Rollstuhlfahrer die Mobilität zurückzugeben. Motto: MOTOR-TALK Hilft! 3.000 Euro hat die MOTOR-TALK Werkstatt im Februar der Heinz und Mia Krone Stiftung übergeben, zusammen mit dem Auftrag: Findet einen Betroffenen, der die Unterstützung wirklich braucht und stellt ihm das Geld in vollem Umfang zur Verfügung, damit er wieder mobil sein kann. Jetzt ist das Geld ausgegeben. Und da wir natürlich neugierig waren, was genau damit passiert ist, (und natürlich allen Spendern einen solchen Abschlussbericht schuldig sind) haben wir uns mit dem Empfänger getroffen, uns mit ihm unterhalten und uns natürlich sein umgebautes Auto zeigen lassen. Benzin im Blut Herrn Müller aus Stralsund (Name nicht von der Redaktion geändert ;) ) kann man wohl ohne Übertreibung als echten Autofreak bezeichnen, als jemanden, der mit seinem fahrbaren Untersatz verwachsen ist. 20 Jahre war er als Fernfahrer in den entlegensten Winkeln unterwegs, die man mit dem LKW erreichen kann. Danach hatte er ein eigenes Taxiunternehmen in Stralsund und saß auch selbst regelmäßig hinterm Steuer. Auch privat schlägt sein Herz für das liebste Arbeitsgerät des Taxifahrers: Für Mercedes Fahrzeuge. „Heckantrieb, Diesel und Mercedes - von diesen Dingen bin ich Fan, schon immer gewesen“, sagt er. Gefahren hat er einige, nachdem er in den Westen „rüber machte“. Privat mehrere 123er, einen 124er und zuletzt einen W 210, und natürlich unzählige Taxis. Großen Wert legte Herr Müller darauf, seine Wagen schonend zu fahren („dann halten die ewig“), was an den Autos zu machen war, machte er selber. Vor etwa fünf Jahren wurde es aber zunehmend schwieriger mit dem Fahren und Selbermachen, denn Herr Müller war an Multipler Sklerose erkrankt. Seine Füße und Beine versagten zunehmend den Dienst, ebenso wie sein rechter Arm. Der erfahrene Berufskraftfahrer behalf sich z.B. damit, mit dem linken Fuß bremsen zu lernen. Irgendwann musste er aber einsehen: Er würde an den Rollstuhl gefesselt sein, eine Limousine war einfach nicht mehr tragbar. Es begann eine lange Suche: Mercedes, Heckantrieb, Diesel - ein Viano sollte es sein. Wurde es aber nicht. Stattdessen fand Herr Müller in Stuttgart einen bereits mit rollstuhltauglicher Rampe ausgerüsteten Sprinter. Etwas größer als ein Viano, aber das hat ja auch Vorteile. Der Stuttgarter Händler akzeptierte auch den W210 mit niedrig sechsstelligem Kilometerstand 1:1 im Tausch. In dem Wagen konnten nun beide Rollstühle locker untergebracht werden, aber das Fahren fiel dem Daimler-Fan und Berufskraftfahrer immer schwerer. Ein Umbau des Sprinters wurde ins Auge gefasst. Schnell war klar: Das würde Zeit, Nerven und vor allem Geld kosten. Schwierige Finanzierung Geld, das so erst mal nicht vorhanden war. Zwar existierte eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die einen sorglosen Ruhestand versprach. Die ließ sich jedoch erst lange Zeit und sagte am Ende ab: Krankheitsbedingte motorische Störungen seien kein Versicherungsfall. Obwohl Herrn Müllers Rücken durchaus bei einem Unfall zu Schaden gekommen war, sei nicht nachprüfbar, ob die Einschränkung nicht von der Multiplen Sklerose herrührten. Eine ähnliche Auskunft gab es auch von der Berufsgenossenschaft. Krankheit? Kein Geld. Krankenkasse und Sozialamt fühlten sich ebenfalls nicht zuständig, bzw. kamen nicht zu dem Ergebnis, dass Herr Müller unbedingt ein Auto benötige. Zwar sollte er nach dem Umbau wieder Selbstfahrer sein, aber eine wichtige Voraussetzung war nicht erfüllt, um ein Auto gefördert zu bekommen: Täglich auf das Auto angewiesen ist Herr Müller als Frührentner nicht. Zur Arbeit muss er schließlich nicht mehr. Was ihm blieb, war der Weg über die mildtätigen Stiftungen. Kein leichter Gang, sagt er, der immer selber für sich (und seine Autos) gesorgt hat - und auch erstmal kein sehr erfolgreicher. Denn dort ist man zwar genau auf solche Fälle wie ihn spezialisiert, aber das Geld war oftmals einfach nicht da, bzw. ein Anderer brauchte es noch nötiger. Genauso schwierig wie die Finanzierung war es, eine Werkstatt zu finden, die in der Lage war, die zum Teil komplizierte Technik im Sprinter zu verbauen. Eine Rollstuhlrampe war bereits vorhanden. Um allein ins Auto zu kommen, benötigte Herr Müller aber noch eine Türhydraulik für die Hecktüren. Das war am Ende der teuerste Posten auf der Umbau-Rechnung. Die übrigen Maßnahmen sind dagegen eher „gewöhnlich“: Ein Handbediengerät für Bremse und Gas wurde ebenso montiert wie eine Fernbedienung für Licht, Scheibenwischer, Hupe, Warnblinker, Blinker etc. Die Handbremse wurde von rechts nach links verlegt. Dazu mussten diverse Halte- und Stützvorrichtungen eingebaut werden. Die regulären Gas- und Bremspedale mussten natürlich stillgelegt werden. Wichtig war Herrn Müller aber, dass sich die Pedale jederzeit entsperren lassen: „Wenn ich mal mit einem Bekannten unterwegs bin, muss der auch fahren können“, sagt er. Vom Finanzbedarf, der im Fall einer schwerwiegenden Krankheit entsteht, macht man sich erst mal kaum einen Begriff: Alles in allem hat der Umbau des Mercedes Sprinter runde 11.000 Euro gekostet. Neben dem Geld der Krone-Stiftung, das im Wesentlichen von MOTOR-TALK stammte, war die Natalie Todenhöfer Stiftung größter Finanzier. Einen erklecklichen Teil konnte Herr Müller auch privat auftreiben - aber eben "nur" rund ein Viertel der benötigten Gesamtsumme. Träume vom Maybach, Realität mit der Dekra Jetzt steht das Auto umgebaut auf dem Hof, aber damit waren die Probleme noch nicht vorbei. Das kleinere Problem ist sicher die Anmeldung der Umbauten. Das größere Problem: Herr Müller soll noch einmal eine Führerscheinprüfung ablegen. Warum das? Für den langjährigen Berufskraftfahrer schwer zu verstehen. Gut, sagte er sich, mit meinem Auto kann ich das ja jetzt schnell erledigen. Aber weit gefehlt: Die Dekra besteht auf einem offiziellen Fahrschulfahrzeug mit Notbremsanlage. Aber da will Herr Müller nicht mitspielen: „Mein Auto ist speziell für mich angepasst, mit deren Dingern kann ich gleich stehenbleiben“, sagt er - nicht ganz zu Unrecht. Die Gelegenheit, uns seinen neuen Stolz auf einer kleinen Probefahrt zu demonstrieren, lässt sich Herr Müller nicht nehmen. Die jahrzehntelange Routine ist offensichtlich, ein kleines Auto ist das schließlich nicht gerade. Außer vielleicht für einen ehemaligen Fernfahrer ... Gibt es noch "den Autotraum“ für den rüstigen, aber schwerkranken Frührentner? Einmal Maybach fahren wäre so ein Ding, sagt er. Einen anderen Traum will er sich jetzt, wo er wieder selbst fahren kann, im kommenden Jahr erfüllen: Noch mal eine weite Reise mit dem eigenen Auto. Vermutlich soll es ins Baltikum gehen. Die Hilfe ist angekommen! Unterm Strich, die Hilfe der Community hat nach unseren Eindrücken genau den Richtigen getroffen - einen „Autonarr wie Dich und mich“, der durch eine schwere Erkrankung auf finanzielle Hilfe angewiesen war, um wieder mobil sein zu können. Genau das wurde erreicht - durch die Hilfe der MOTOR-TALK Community! Bitte an die fachkundigen MOTOR-TALKer Eine kleine Bitte an die fachkundigen MOTOR-TALKer hat Herr Müller uns noch mit auf den Weg gegeben: Bei seinem Sprinter musste an der Heckklappe das Schloss entfernt werden, damit die Hydraulik installiert werden konnte. Das fehlende Signal von diesem Schloss irritiert allerdings die Zentralverriegelung, so dass sie nicht mehr richtig funktioniert. Hat jemand einen konkreten Tipp, wie das Problem zu lösen ist? Wir geben es gerne weiter! (bmt)
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 23.08.2011
10
MOTOR-TALK (MOTOR-TALK)