Der BMW X3 ist ein gutes und zuverlässiges Auto, aber nicht eben ein besonders schönes und komfortables: Diese Schwachstellen will BMW bei der jetzt präsentierten zweiten Generation ausmerzen: Der X3 wird SUVeräner, weil größer und gelungener, stärker und sparsamer, technischer – und teurer. Wenn BMW ein neues Auto vorstellt, verschickt der Konzern gerne mal gegen Mitternacht achtzigseitige Pressemappen an die Journalisten. Was soll man da denken, wenn die ersten Infos zum neuen X3 zwar pünktlich mitten in der Nacht eintrudeln, aber gerade einmal zehn Seiten umfassen? Ihr PR-Kollegen habt uns doch nicht etwa erhört? Man weiß es nicht genauer, will aus verschiedenen Gründen bloß nicht nachfragen - und genießt still die Würze, die in der Kürze liegt. Fest steht: Mit dem Produkt als solchem hat es nichts zu tun, denn der erste Eindruck, den die Neuauflage des X3 hinterlässt, ist praktisch durchgehend positiv. Das SUV, das BMW nach wie vor eigenständig als SAV ("Sports Activity Vehicle") bezeichnet, ist erwachsen geworden. Acht Zentimeter sind es, die den alten und den neuen X3 voneinander trennen. Mit knapp 4,65 Meter ist der neue X3 damit fast so lang wie der erste X5 und hält wieder einen ordentlichen Respektabstand von 20 Zentimetern zum X1. Das wird nicht jedem gefallen, sorgt aber für einen stimmigeren, wesentlich, nun ja, erwachsener wirkenden Auftritt, und natürlich ermöglicht das Wachstum mehr Platz für Passagiere und Gepäck. Beispiel Kofferraum: 550 bis 1.600 Liter transportiert der neue BMW X3, 480 bis 1.560 sind es beim auslaufenden Modell. Dazu kommt, dass sich die Rückenlehne der Fondsitzbank nun im Verhältnis 40:20:40 teilen lässt, was die Flexibilität erhöht. Einen ebenen Laderaumboden haben die Ingenieure dagegen auch im neuen Modell nicht hinbekommen. Bessere Arbeit haben die Designer geleistet, die das beliebte SUV nach dem Grundsatz "Evolution statt Revolution" neu gezeichnet haben. Weil das Grundlayout und viele BMW-typische Details nur im Detail aufgefrischt wurden, ist der Neue sofort als BMW und auch als X3 identifizierbar. Auffällig sind die gerade geschnittenen Scheinwerfer mit sympathischerweise weiterhin außenliegenden Blinkern, die allerdings im Gegensatz zu den 3er-Modellen unsympathischerweise nicht über LED-Technik verfügen, ferner die markante "Charakterlinie" auf Höhe der Türgriffe, ein weniger stark ausgeprägter schwarzer Abschluss der Türen, und die im aktuellen Markenstil gehaltenen Rückleuchten. Der Heckwischer steht jetzt rechts, die dritte Bremsleuchte wird schmaler, und der nicht lackierte Bereich der Heckschürze ist in deren mittleren statt unteren Teil zu finden. Wesentlich liebevoller geformt zeigt sich die Fensterlinie, die bereits im Bereich des Dreiecksfensters in der hinteren Tür ansteigt und in einem merklich eleganter geschnittenen dritten Seitenfenster mündet. Gewöhnungsbedürftig ist diese Linie dagegen am vorderen Außenspiegel, wo sie ebenfalls leicht ansteigt. Auch der Innenraum erscheint wertiger als zuvor. Dazu tragen die nun wieder einzeln sitzenden Rundinstrumente für Tankinhalt und Wassertemperatur, größere und feiner darstellende Displays und der feststehende statt ausfahrende Monitor in der Mittelkonsole bei, der in der höchsten Ausbaustufe nicht weniger als 8,8 Zoll (21,5 cm) groß ist. Natürlich gibt es auch neue Lenkräder, die bessere Klimabedieneinheit, unauffälligere Innentürgriffe - auf der Fahrerseite allerdings wenig praktisch nur noch horizontal ausgeführt - und den ebenso futuristischen wie stylishen Wählhebel. Apropos Wählhebel: Er bedient nun auch im X3 die Achtgang-Automatik. Diese wiederum ist stets gekoppelt an ein Start-Stopp-System. Der Wandlerautomat ist im Topmodell X3 xDrive35i - die kryptischen Modellbezeichnungen hat BMW nicht entsorgt - serienmäßig und im vorläufigen Basismodell xDrive20d optional zu haben. Dieser Diesel leistet jetzt 184 statt bisher 177 PS, kann aber dennoch mit einem um 14 Prozent niedrigeren Verbrauch aufwarten: Unabhängig vom Getriebe nennt das Datenblatt 5,6 Liter im kombinierten Norm-Modus. Bisher waren es - bereits gute - 6,5 bis 6,7 Liter. Der Reihensechszylinder-Benziner leistet jetzt 306 PS und verbraucht dabei 8,8 Liter im Mittel. Zum Vergleich: Das bisherige Topmodell kam auf 272 PS bei 9,5/9,7 Liter. Weitere Motoren stehen zur Markteinführung am 20. November noch nicht bereit, werden im Laufe des Jahres 2011 aber zahlreich folgen. Ein Hybridmodell dagegen steht vorläufig nicht auf der Agenda. Ob sich BMW auch zu einem Modell ohne Allradantrieb wird hinreißen lassen, steht noch nicht fest. Das Streben nach neuen Verbrauchsrekorden und das Ködern zusätzlicher Kunden durch niedrigere Preise spricht dafür, Imagegründe dagegen. Vorläufig also ist der permanente Allradantrieb mit variabler Verteilung des Antriebsmoments zwischen Vorder- und Hinterachse serienmäßig. Mit der optionalen "Performance Control" lässt sich das Handling steigern. Gezieltes Abbremsen des kurveninneren Hinterrads bei gleichzeitiger Erhöhung der Antriebsleistung sorgt dafür, dass das Fahrzeug besonders spontan und präzise einlenkt. Das Fahrwerk als Kombination einer Doppelgelenk-Zugstrebenachse vorn mit einer Fünflenker-Hinterachse ist völlig neu entwickelt. Es soll den X3 nicht zuletzt in punkto Komfort auf eine neue Stufe heben. Neu bei einem X-Modell ist die elektromechanische Servolenkung. Optional steht die "Dynamische Dämpfer Control" zur Wahl. Die elektronisch geregelten Dämpfer passen sich adaptiv sowohl der Fahrbahnbeschaffenheit als auch dem Fahrstil an. Das Kennfeld der Dämpferregelung kann vom Fahrer über die "Fahrdynamik-Control" beeinflusst werden. Die erstmals für einen X-BMW verfügbare Funktion ermöglicht es, per Tastendruck zwischen den Modi "Normal", "Sport" und "Sport+" zu wählen. Neben dem Dämpfungsverhalten werden so auch die Gaspedalprogression, das Ansprechverhalten des Motors, die Kennlinie von Servolenkung und ESP und ggf. die Schaltdynamik der Automatik beeinflusst. Neu im Extra-Programm sind u.a. Rückfahrkamera, Geschwindigkeitsregelung mit Bremsfunktion, Head-up-Display, Fernlichtassistent, elektrisch betätigte Heckklappe und die elektrisch herausschwenkbare Anhängekupplung. So viel Fortschritt hat natürlich seinen Preis, wobei die Aufschläge unterschiedlich ausfallen: Während für den X3 xDrive20d mit manuellem Getriebe mit 39.100 Euro nur 500 Euro mehr als beim Vorgängermodell aufgerufen werden, liegt die Differenz zwischen dem neuen 35i und dem bisherigen 30i bei 6.650 Euro. Mit 51.850 Euro ist der schnelle X3 damit ebenfalls in X5-Regionen vorgestoßen. Dennoch: Vorausgesetzt, der künftig im US-amerikanischen BMW-Werk statt bei Magna in Österreich produzierte X3 behält seine gute Qualität, dürfte einer Fortschreibung der Erfolgsgeschichte - 600.000 Exemplare in sechs Jahren - nichts im Wege stehen. Trotz der dünnen Pressemappe.
Quelle: Autokiste |
verfasst am 19.07.2010
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