Ein historischer Tag: PSA übernimmt Opel/Vauxhall. PSA-Chef Tavares und Opel-Chef Neumann betonen die Chancen, die Gewerkschaften halten sich vorerst mit Kritik zurück.
Paris – 1929 war einiges los. Der Vatikan wurde ein eigener Staat, die Papierwerke Nürnberg meldeten für ein Taschentuch das Markenzeichen „Tempo“ an. Im Oktober wurde Bud Spencer geboren. Das alles ist lange her, und so lange gehörte der deutsche Autohersteller Opel zum US-Konzern General Motors (GM). Letzteres endet, voraussichtlich, 2017. Darauf haben sich GM und die französische PSA-Gruppe verständigt. "Heute ist ein historischer Tag für Opel und Vauxhall", sagt daher völlig zu Recht Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. Opel werde nach Abschluss der Transaktion "ein integraler Teil der PSA-Gruppe". Vermutlich mit Neumann an der Spitze, als Markenchef unter dem Portugiesen Carlos Tavares. "Aus der heutigen Ankündigung entsteht die Chance, einen wirklichen europäischen Champion zu schaffen", betonte Neumann am Montag in einer Botschaft an die Opel-Mitarbeiter. "Fast 17 Prozent gemeinsamer Marktanteil - das bedeutet Rang zwei in Europa. Gemeinsame Größe, der Zusammenschluss eines deutschen mit einem französischen Traditionshersteller: Darauf legt auch Carlos Tavares den Schwerpunkt seiner Statements. „Wir sind stolz darauf, mit Opel/Vauxhall zusammenzuarbeiten und sind zutiefst bestrebt, dieses großartige Unternehmen weiterzuentwickeln und seinen Turnaround zu beschleunigen“, lässt der PSA-Chef sich zitieren. „Wir schätzen die Leistungen der hochqualifizierten Mitarbeiter von Opel/Vauxhall, die starken Marken des Unternehmens und ihre lange Tradition. Wir haben vor, auf den Markenidentitäten von PSA und Opel/Vauxhall aufzubauen und die Unternehmen in diesem Sinne zu führen. Wir haben bereits gemeinsam ausgezeichnete Produkte für den europäischen Markt entwickelt. Daher wissen wir, dass Opel/Vauxhall der richtige Partner ist.“ Gewerkschaften fordern ZukunftsplanQuelle: OpelBis es zur endgültigen Vermählung kommt, ist allerdings noch einiges zu klären – auch mit Arbeitnehmervertretern und der Politik. Der Opel-Betriebsrat und die IG Metall knüpfen ihre Zustimmung zum Opel-Verkauf an die Forderung nach Planungssicherheit für die Beschäftigten. „Die abschließende Haltung und Zustimmung des IG-Metall-Bezirks, des Gesamtbetriebsrats sowie des Betriebsrats Bochum zum Verkauf an PSA und GM wird davon abhängen, welcher Zukunftsplan von Opel unter dem Dach von PSA entwickelt werden kann“, erklärten die Arbeitnehmervertreter in einer gemeinsamen Mitteilung am Montag. Die Wettbewerbshüter müssen der Übernahme der GM-Europasparte mit den Marken Opel und Vauxhall noch zustimmen. „Die bestehenden Tarifverträge sichern Standorte und Arbeitsplätze in dieser wichtigen Übergangsphase“, sagte Jörg Köhlinger, Bezirksleiter der IG Metall Mitte. Nun müsse es darum gehen, „tragfähige Grundlagen für eine gute Zukunft“ zu sichern: „Die Opel-Beschäftigten an den einzelnen Standorten erwarten langfristige Sicherheit für ihre Arbeitsplätze und die Standorte.“ Opel-Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug erklärte: „Um eine größtmögliche Eigenständigkeit der Marke und des Unternehmens sicherzustellen, haben wir durchgesetzt, dass alle von der Transaktion betroffenen Opel-Gesellschaften unter eine Gesellschaft zusammengeführt werden.“ Tavares: „Aktuelle Situation nicht tragfähig“Langfristige Sicherheit will Tavares der Opel-Belegschaft nicht garantieren: „Das einzige, was uns beschützt, ist Leistung", sagte Carlos Tavares bei der gemeinsamen Pressekonferenz von PSA und GM. „Zusammen können wir besser werden." Wenn man der Beste sei, sei man auch geschützt. In einer Telefonkonferenz für Analysten sagte Tavares, er sei sicher, dass es in den Fabriken von Opel und Vauxhall viel Effizienzpotenzial gebe. „In der Autoindustrie gibt es das Schließen von Werken. Aber es ist in gewisser Weise eine allzu einfache Art, auf die Dinge zu schauen.“ Er sei sicher, „"dass die deutschen und britischen Fabriken am Ende nicht weniger effizient sein wollen als die französischen Fabriken“. Tavares machte aber deutlich: Opel muss Dinge ändern. „Wir müssen vorgefasste Meinungen aufgeben. Wir kämpfen nicht mit den Gewerkschaften, das ist nicht unser Plan. Ein Unternehmen, das seit zehn Jahren in den roten Zahlen ist, (...) stellt natürlich ein Problem dar, das gelöst werden muss“, betonte er. „Und ich denke, dass Gewerkschaftsführer weise sind und verstehen, dass die aktuelle Situation nicht tragfähig ist.“ Opel soll nun im PSA-Konzern bis 2020 profitabel werden. Dafür soll es einen Drei-Jahres-Plan geben. "Wir streben eine strukturelle und dauerhafte Verbesserung an", sagte PSA-Finanzchef Jean-Baptiste de Chatillon am Montag am Rande einer Pressekonferenz seines Unternehmens in Paris. Da der Verkauf von Opel erst Ende des Jahres abgeschlossen werde, greife der Plan von 2018 an. Er müsse vom Opel-Management selbst kommen. De Chatillon unterstrich wie Tavares, dass ein Unternehmen profitabel sein müsse. Barra: „Gestalten unser Unternehmen neu“Bund und Länder pochen bei den weiteren Schritten auf Transparenz und Mitsprache der Arbeitnehmer-Vertreter. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sowie die Regierungschefs von Rheinland-Pfalz, Hessen und Thüringen - Malu Dreyer (SPD), Volker Bouffier (CDU) und Bodo Ramelow (Linke) - nannten die Einigung am Montag einen ersten Schritt, „um in Europa einen europäischen Global Player durch den Zusammenschluss von Opel/Vauxhall und PSA auf den Weg zu bringen“. Sie begrüßten die Zusage, die bestehenden Verträge über Standorte, Beschäftigung und Investitionen zu erhalten und Opel/Vauxhall als eigenständige Marke mit einem eigenständigen Management fortzuführen. Jetzt stünden aber weitere wichtige Schritte an. "Die Verträge müssen intensiv geprüft werden, insbesondere von den Vertretern der Arbeitnehmer", forderten Bund und Länder. "In dem nun folgenden Prozess muss Transparenz sichergestellt werden." Es müsse gewährleistet sein, dass das europäische Management von Opel/Vauxhall, der Gesamtbetriebsrat und der europäische Betriebsrat in vollem Umfang in die weiteren Gespräche einbezogen werden. Die bisherigen Opel-Eigner in Detroit scheint der Verlust des Europageschäfts nicht besonders zu schmerzen. „Für GM bedeutet dies einen weiteren wichtigen Schritt in unserer laufenden Arbeit, die unsere verbesserte Leistung vorantreibt, und unsere Dynamik verstärkt. Wir gestalten unser Unternehmen neu und liefern konsequent Rekordergebnisse für unsere Eigentümer“, ließ sich die GM-Chefin Mary Barra in einer Presseerklärung zitieren. Experten: Stellenabbau wahrscheinlichDass es bei Opel ohne Stellenabbau funktioniert, glauben die deutschen Auto-Experten Ferdinand Dudenhöffer und Stefan Bratzel nicht. Die Chance auf zusätzliche Märkte oder erhebliche Mehrverkäufe bestehe mit der Übernahme nicht, sagt Dudenhöffer. Tavares habe PSA in den vergangenen Jahren allein mit drastischen Sparmaßnahmen auf Gewinnkurs gebracht. Stefan Bratzel sieht einen Schrumpfprozess auch bei mehr als vier Millionen verkauften Autos im Jahr als nahezu unausweichlich. Doppelfunktionen etwa in Marketing, Einkauf und Vertrieb müssten beseitigt, die Produktionskapazitäten in den Werken verringert werden, sagt der Experte von der FH Bergisch-Gladbach. Das werde nicht ohne Stellenverluste abgehen. Weiterlesen: Der Opel-Deal zwischen GM und PSA |