Mit dem "Nein" zum Sanierungs-Tarifvertrag entscheidet sich die Bochumer Belegschaft für etwas, das sie gut kennt: eine unklare Zukunft. Als Reaktion kündigte Opel an, die "Kapazitätsanpassungen nun zügig umzusetzen".
Bochum - Nach dem Nein der Bochumer Opel-Beschäftigten zum zwischen Gewerkschaften, Gesamtbetriebsrat und der Adam Opel AG ausgehandelten Sanierungs-Tarifvertrag bleibt die Zukunft des Werks weiter unklar. Die IG Metall kündigte an, sich in den kommenden Wochen mit dem Betriebsrat und der Adam Opel AG über weitere Schritte abstimmen zu wollen. Die Geschäftsleitung teilte dagegen mit, dass es keine weiteren Verhandlungen über den Tarifvertrag geben wird. Beschäftigte lehnen Plan mit großer Mehrheit abDie Beschäftigten in Bochum sprachen sich gestern mit 76,1 Prozent gegen den Sanierungsplan für Opel aus. Sie folgten damit ihrem Betriebsrat, der den Sanierungsplan abgelehnt hatte. Die Wahlbeteiligung betrug 69,3 Prozent. Der Plan hätte ein Ende der Fahrzeugproduktion in Bochum Ende 2016 vorgesehen, und den Übergang in eine reine Komponentenfertigung mit etwa 1.200 Arbeitsplätzen. Update: Getriebefertigung nur noch bis JahresendeAls erste Reaktion auf das Belegschaftsvotum möchte Opel die Getriebefertigung in Bochum zum Jahresende 2013 auslaufen lassen. Betroffen wären etwa 300 Arbeitsplätze. Ein bisher ausgesetztes Einigungsverfahren werde wieder gestartet, teilte das Unternehmen mit. Außerdem will Opel nun den geplanten Entfall der dritten Schicht schnell umsetzen. Nach Einschätzung des Betriebsrates wären davon rund 700 Beschäftigte betroffen. Die im Sanierungsplan vorgesehene Ansiedlung eines Komponentenwerks in Bochum steht nun wieder massiv in Frage. Damit wird das von Steve Girsky angedrohte Aus des Werks 2014 wieder wahrscheinlicher. Dann läuft der geltende Kündigungsschutz aus. Die Zusagen des Unternehmens seien den meisten Mitarbeiter zu vage gewesen, sagte der Bezirkschef der IG Metall in NRW, Knut Giesler. Die Gewerkschaft werde den Tarifvertrag für den Standort Bochum daher nicht unterschreiben. Schließung von Bochum wäre eine Zäsur in DeutschlandEine Schließung von Bochum steht damit weiter im Raum, nachdem sie zunächst abgewendet schien. Sie wäre eine industriegeschichtliche Zäsur und ein möglicher Präzedenzfall: Die erste Schließung eines Autowerks in Deutschland, seit der Verstaatlichung der mitteldeutschen Autoindustrie nach dem zweiten Weltkrieg. Einenkel kritisiert "Pseudoverhandlungen"Der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel setzt auf weitere Gespräche mit dem neuen Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. Es gebe eine Gemeinsamkeit zwischen ihm und Neumann: Sie beide seien nicht an den Verhandlungen über den Sanierungs-Tarifvertrag beteiligt gewesen. Neumann habe man eine Baustelle überlassen. In einer ausführlichen Stellungnahme kritisierte der Bochumer Betriebsrat, dass der Tarifvertrag "in Geheim- und Pseudoverhandlungen hinter dem Rücken der Bochumer Verhandlungsführer" entstanden sei. Auch die Bochumer Werksleitung sei an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen. Es fehlten Perspektiven für 2.500 bis 3.000 Arbeitsplätze. 600 hochwertige Jobs seien zugesagt, verbindliche Zusagen würden im Tarifvertrag aber fehlen. Mokka sollte nach AntwerpenEinenkel kritisierte, GM und Opel hätten bereits wiederholt gegen bestehende Verträge verstoßen. So sei die Produktion des Mokka verbindlich für Antwerpen vereinbart gewesen, auch habe es eine Zusage gegeben, den Astra in Bochum zu bauen. Die Bochumer Belegschaft habe daher kein Vertrauen mehr zu den Zusagen des Managements. Keine Auswirkungen auf andere StandorteIn Bochum wird der Zafira Tourer und der Vorgänger als "Zafira Classic" gebaut, sowie der Astra G für den osteuropäischen Markt. Die IG-Metall-Mitglieder an den Opel-Standorten Rüsselsheim, Kaiserslautern und Dudenhofen hatten den Tarifvertrag mit großer Mehrheit angenommen. Das Nein in Bochum hat darauf keine Auswirkungen.
Quelle: dpa; Betriebsrat Werke Bochum |