Wenn man etwas zusammenbringt, was nicht zusammenpasst, nennt man es Crossover. Nein, Renaults neuer Captur ist kein SUV mehr. Passen die Zutaten trotzdem zusammen?
Biarritz - Bruno Hernandez verzieht die Mundwinkel, wie es nur ein Franzose kann: halb amüsiert, halb genervt. "Wir haben telefoniert", antwortet der Renault-Mann auf die Frage, warum mit Renault Captur und Peugeot 2008 fast zeitgleich zwei fast gleiche Autos debütieren. Diese Konkurrenz ist in Frankreich ein Riesenthema, klar. Quelle: Renault Der Marketing-Profi Bruno Hernandez spricht vom "rasant wachsenden Crossover-B-Segment" und meint damit: Kleinwagen im SUV-Look verkaufen sich längst besser als Minivans. Deshalb ist der Captur ein Kleinwagen im SUV-Gewand, und der inoffizielle Modus-Nachfolger. Die Ähnlichkeit des Captur zum Plattform-Spender Clio ist unübersehbar. Etwas breiter, sechs Zentimeter länger und 100 Kilogramm schwerer. Ein aufgepumpter Clio. Allrad? Nein dankeAnders als bei den Konkurrenten Opel Mokka und Nissan Juke spielen Geländefähigkeiten beim Captur nicht mal eine Nebenrolle. Allradantrieb kann schon technisch nicht in die Clio-Plattform integriert werden, sagt Hernandez. So wird das Auto für den Kunden preiswerter, und für Renault auch. Allradfans müssen also woanders kaufen. Die Modus-Klientel soll sich mit dem Captur dagegen anfreunden. Deshalb lässt sich die Rückbank um 16 Zentimeter verschieben, und obwohl man 10 Zentimeter höher sitzt als im Clio, braucht es schon eine extreme Frisur, um sie am Dachhimmel zu ruinieren. Der doppelbödige Kofferraum bietet mindestens 377 Liter. Für schmutzige Fracht wird einfach der Kofferraumboden gewendet, die gummierte Rückseite ist abwaschbar. Innenraum: Ein Feuerwerk der IdeenOpel hat es vorgemacht: Auch günstige Autos können individuell sein. Renault lackiert auf Wunsch viele Kunststoffteile nach Geschmack, innen wie außen. Das wirkt schick und edel. Weniger edel, aber gut verarbeitet zeigt sich das konsequent in Recycling-Kunststoff gehaltene Cockpit. Der Tacho in Digitalkuhr-Optik lenkt nur kurz ab, denn im Captur gibt es einiges zu entdecken. Eine elf Liter riesige Schublade an Stelle des Handschuhfachs. Zeitungshalter hinten aus buntem Zug-Gummi (leider nur in der Vollausstattung). Und abnehmbare Sitzbezüge. Warum ist da noch nie jemand drauf gekommen? Man kann sie in der Maschine waschen, man kann sie komplett erneuern - clever. Problemloser AlltagswagenDie Übersicht ist bei modischen Karosserien ein leidiges Thema. Beim Rangieren in engen Altstädten schlägt sich der Captur trotz des kleinen Heckfensters gut, beim Abbiegen behinderte die B-Säule leider oft die Sicht. Das Handling des lustig bunten Autos ist schnell zusammengefasst: Seriös und sicher. Das manuelle Getriebe schaltet weich, die Servolenkung arbeitet präzise. In schnelleren Kurven offenbart das Fahrwerk wenig sportliche Ambition. Nicht schlimm - die Motoren reissen dynamisch keine Bäume aus. Im 90-PS-Diesel brauchten wir laut Bordcomputer 4,9 Liter/100 km (Normverbrauch: 3,6 liter/100 km). Die Spitzenmotorisierung (120 PS) ist serienmäßig mit einem Doppelkupplungsgetriebe aus dem Hause Getrag ausgestattet. Eine angenehme Kombination, aber etwas durstiger: Unser Verbrauch lag Dank vieler Steigungen und verstopfter Straßen bei 8,5 Liter/100 km. Kleiner, einfacher, leichterDer Renault Captur zeigt der Mini-SUV-Konkurrenz den großen Mittel-Rhombus: Bei Opel Mokka, Skoda Yeti oder Mitsubishi ASX spielen Allrad und Bodenfreiheit zumindest eine Nebenrolle. Der Franzose spart sich das. Er ist kleiner, einfacher - und kann somit auch etwas weniger kosten. Eine echte Alternative also für alle, die sowieso keinen Allradantrieb brauchen - und das ist die absolute Mehrheit. Die Franzosen interessiert aber ohnehin nur der Vergleich mit dem Peugeot 2008. Auf den müssen sie noch einige Wochen warten, und das findet Bruno Hernandez auch ganz gut. Schnell bringt er das Thema wieder auf Fussball. Das interessiert ihn gerade mindestens genauso brennend wie sein neues Auto. Technische Daten: Renault Captur TCe 120 EDC
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