Die Karten sind auf dem Tisch: Heute hat das Bundesverkehrsministerium seinen Reformplan für die schon länger geplante Punktereform vorgelegt. Im Mittelpunkt steht dabei ein Tacho. So möchte Verkehrsminister Ramsauer die neue Regelung für jeden verständlich machen. Trotz einer vereinfachten Punkteskala von 1-8 müssen sich die deutschen Kraftfahrer auch neue Begriffe einprägen: Das bisherige "Verkehrszentralregister" (VZR) soll künftig "Fahreignungsregister" (FAER) heißen. Aus dem "Mehrfachtäter-Punktesystem" soll das "Fahreignungs-Bewertungssystem" werden. Das neue Punktesystem soll sich künftig auf verkehrssicherheitsrelevante Verstöße konzentrieren. Nicht sicherheitsrelevante Verstöße wie das Fahren in der Umweltzone ohne Plakette oder der Missbrauch von Kennzeichen werden künftig nicht mehr in Flensburg erfasst. Im Mittelpunkt der Reform steht Ramsauer zufolge nicht mehr das Bestrafen von „einmaligen Sündern“, sondern das Ermitteln von schwer belehrbaren Widerholungstätern. Wer mehrfach besonders auffällig wird, soll künftig schneller seine Pappe loswerden. So gibt es bei der Umrechnung durchaus Gewinner und Verlierer: Das Ministerium rechnet mit etwa einer Million Personen, die derzeit wegen leichter Verstöße registriert sind und die künftig nicht mehr erfasst wären. Schwere Jungs dagegen bekommen Probleme: Einen Entzug der Fahrerlaubnis könnte es nach Schätzungen des Verkehrsministeriums zukünftig jährlich bei 500 Personen mehr als bisher geben. Die neue Punkteregelung Das altgediente 7-Punktessystem soll einem übersichtlicheren 2-Punktesystem weichen. Damit soll zukünftig nur noch zwischen schweren und besonders schweren Verstößen unterschieden werden. Ordnungswidrigkeiten ohne Regelfahrverbot, bei denen früher zwischen einem und vier Punkten differenziert wurde, sollen bald einheitlich mit einem Punkt geahndet werden und als „schwerer Verstoß“ gelten. Bei den Ordnungswidrigkeiten mit Regelfahrverbot, auf die früher drei oder vier Punkte standen, soll es dann pauschal zwei Punkte geben. Ebenfalls mit zwei Punkten sollen die früher mit fünf bis sieben Punkten bewerteten Straftaten belegt werden. Alle mit zwei Punkten bedachten Delikte sollen dann in Zukunft „besonders schwerer Verstoß“ heißen. Im neuen „Fahreignungsregister“ soll der Punktestand eines Fahrers in drei Stufen unterteilt werden. Bei null bis drei Punkten sollen keinerlei Maßnahmen ergriffen werden. Erst mit vier oder fünf Punkten wäre die erste, gelbe Stufe erreicht, bei der man eine Ermahnung erhält. Das Erreichen der zweiten, roten Stufe mit sieben oder acht Punkten soll eine Verwarnung und die Anordnung zur Teilnahme an einem Fahreignungsseminar zu Folge haben. Sind acht Punkte erreicht soll der Fahrer schwarz sehen – die dritte Stufe ist erreicht, der „Lappen“ ist weg. Es gibt künftig also nur noch zwei Kategorien, aber drei Fristen: Schwere Verstöße, die Ordnungswidrigkeiten darstellen, sind nach zweieinhalb Jahren getilgt (bisher zwei Jahre). Besonders schwere Verstöße, die Ordnungswidrigkeiten darstellen, sind nach fünf Jahren getilgt (bisher zwei Jahre). Bei Straftaten gilt zukünftig ohne Ausnahme eine Tilgungsfrist von zehn Jahren (bisher waren auch kürzere Fristen zwischen fünf und zehn Jahren möglich). Punkteabbau entfällt Ein Abbau von Punkten durch eine freiwillige Teilnahme an Verkehrsseminaren ist nicht mehr vorgesehen. Trotzdem sollen solche Seminare auch künftig bei Erreichen der roten „Verwarnstufe“ angeordnet werden. Ziel: Einem Fahrverbot (ein- bis dreimonatige Fahrverbote nach Bußgeldkatalogverordnung können weiterhin ausgesprochen werden) oder gar Führerscheinentzug soll man nur noch durch eine angepasstere Fahrweise, nicht aber durch Kurse, entgehen können.
Auch der Wegfall von Punkten soll drastisch vereinfacht werden. Anders als bisher verfallen Punkte stets nach einem klar definierten Zeitraum. Sie verlängern sich also nicht durch einen neuen Verkehrsverstoß und können nach Tilgung auch nicht wieder aufleben. Allerdings gibt es nichts umsonst: Die Tilgungsfristen werden im Gegenzug teilweise deutlich verlängert. Die Fristen beginnen nach den Plänen nicht mehr am Tag des Verstoßes, sondern am Tag der Rechtskraft der Entscheidung. Was Tacho-Mann Ramsauer auf jeden Fall vermeiden möchte, ist der Eindruck, es gäbe eine Generalamnestie für aktuell reich bepunktete Verkehrsteilnehmer. Die bestehenden Punkte sollen möglichst fair in das neue System überführt werden, so dass niemand besser oder schlechter dastehe als bisher. Dafür wird für die aktuell bestehenden rund 47 Millionen Punkte ein Umrechnungssystem erstellt, das angesammelte Punkte ins neue System überführt. Ein bis drei Punkte entsprechen künftig einem Punkt. Vier bis fünf aktuelle Punkte werden zu zwei Punkten, sechs bis sieben Punkte zu drei Punkten. Hier befindet sich der Verkehrsteilnehmer noch in der Vormerkungsphase. Hat er dagegen bislang mindestens acht und höchstens 13 Punkte angesammelt, so erhält er dafür nun vier oder fünf „neue“ Punkte und tritt in die Ermahnungsphase ein. Wer aktuell 14 bis 17 Punkte sein Eigen nennt, kann sich ob des roten Verwarnungsstatus über die nur noch sechs bis sieben Punkte nicht wirklich freuen. Wer 18 oder mehr Punkte hat, hat nach der neuen Regelung nur noch acht Punkte, aber trotzdem wie bisher keinen Führerschein mehr. Und wie kriegt man seinen Führerschein im Falle des Falles zurück? Da soll sich nichts ändern: Durch einen Antrag auf Neuerteilung nach frühestens sechs Monaten. Wann die Reform in Kraft tritt, steht noch nicht fest, man will sich aber nun kurzfristig um die Verabschiedung der nötigen Gesetze bemühen. (bmt/pm)
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 28.02.2012
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