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Reichweiten bei Elektroautos: Testzyklus praxisfremd

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Die Reichweitenangaben bei Elektroautos sind im hohen Grad unrealistisch. Das ergab ein Vergleichstest, den der TÜV Süd in Kooperation mit der Zeitschrift auto, motor und sport durchführte. Grund dafür ist, dass der Normzyklus von unrealistischen Bedingungen ausgeht. Weichen die Bedingungen ab, kann sich die Reichweite massiv verkürzen.

Mitsubishi i-MiEV auf dem Prüfstand Mitsubishi i-MiEV auf dem Prüfstand Für Elektroautos ist eine praxistaugliche Reichweite ein überlebenswichtiges Argument am Markt: In einer Befragung hatten im Jahr 2009 36 Prozent der Teilnehmer angegeben, dass solche Fahrzeuge für sie nur in Frage kommen, wenn sie damit mindestens 300 km weit fahren können. 23 Prozent waren nicht bereit, überhaupt Abstriche gegenüber konventionellen Automobilen zu akzeptieren. Davon sind die meisten reinen Elektrofahrzeuge noch ein Stück weit entfernt: Die heute verfügbaren Elektroautos kommen mit einer Batterieladung im Schnitt 130 bis 160 km weit .

Normzyklus geht von unrealistischen Werten aus

Diese Reichweitenwerte sind wohlgemerkt mit dem derzeitigen Normzyklus gemessen worden, der nach Ansicht des TÜV in hohem Maße unrealistisch ist. Er geht für Elektroautos von einer konstanten Außentemperatur von 23°C aus, und von einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h. Bei solchen Bedingungen muss die Klimaanlage weder kühlen noch heizen. Ist das anders bzw. fährt man schneller, steigt der Stromverbrauch– eigentlich logisch, dass dann auch die Reichweite sinkt.

Eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h entspricht dichtem Stadtverkehr und ist schon in den Abendstunden nicht mehr realistisch, erst recht nicht, wenn auch Landstraße oder gar Autobahn gefahren wird. Deshalb testete der TÜV Süd mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h, was nach Ansicht der Experten einer realistischeren Abbildung der Fahrleistungen eines Stadt- und Kurzstreckenfahrzeugs entspricht.

Reichweite sinkt stark, wenn es kälter als 23 Grad ist

Besonders anfällig ist die Akkuleistung von Elektroautos im Winter, wenn mit der Heizung ein großer Verbraucher hinzukommt, und die Kapazität der Batterie temperaturbedingt sinkt. Im Vergleichstest ergaben sich bei sieben Grad minus Abweichungen von über 50 Prozent gegenüber den Normbedingungen von 23 Grad.

Beispielsweise kommt der Mitsubishi i-MIEV auf Basis des europäischen Normzyklus (23°C, keine zusätzlichen Stromverbraucher) auf eine Reichweite von 133 km. Mit laufender Heizung bei Minusgraden sind es auf einmal nur noch 64 km. Ein realistischer Test mit Simulation verschiedener Verkehrssituationen und Witterungsverhältnisse ergibt eine durchschnittliche Reichweite von 110 km.

Das hilft aber nicht wirklich weiter, da auch das eben nur bei ganz bestimmten Bedingungen zutrifft. Bei konventionellen Autos, sind die Verbrauchswerte im Normzyklus zwar auch nicht absolut realistisch, aber sie erlauben zumindest eine Vergleichbarkeit und haben nur wenig Einfluss auf die praktische Nutzbarkeit.

Die Aussagekraft der Reichweite von Elektroautos nach Normzyklus ist dagegen nach Ansicht des TÜV Süd sehr zweifelhaft. Angesichts der ohnehin nur geringen Reichweiten sei es besonders wichtig, dass Fahrer wissen, wie weit sie fahren können und ob sie ihre täglichen Fahrziele erreichen. Dabei nimmt der Alltag wenig Rücksicht auf genormte Wetterbedingungen.

Ökobilanz ebenfalls ausbaufähig

Auch die CO2-Bilanz der Stromer ist durchaus noch nicht so perfekt, wie es die Prospekte der Hersteller versprechen. Zwar entstehen lokal keine Emissionen, was gerade in Ballungsgebieten schon ein wichtiges Argument ist. Allerdings veröffentlichte die Agentur Brain & Company in der letzten Woche Zahlen: Im derzeitigen Energiemix der Bundesrepublik Deutschland entsteht bei der Erzeugung einer kWh Strom ein CO2-Ausstoß von 575 g. Ein elektrisch betriebener E-Smart verbraucht im Normzyklus 12 kWh auf 100 km, was einem CO2-Ausstoß von 70 g/km entspricht. Nach Angaben des ADAC läge dieser Wert ohne Atomstrom sogar bei 107 g CO2 je km. Ein Smart mit Dieselantrieb liegt derzeit nach Herstellerangaben dagegen bei 86 g/km.

Insgesamt zeigt sich, dass Elektroautos zwar heute serienreif sind, aber noch lange nicht reif für den Massenmarkt, für den der Kosten-Nutzen Faktor noch massiv zu unausgewogen ist. In ihrer Umweltbilanz sind sie dagegen von Entscheidungen abhängig, die die Hersteller nicht beeinflussen können. Hier gibt es, bei bereits sehr konkurrenzfähigen Emissionswerten, erheblich mehr Luft nach oben als bei Verbrennungsmotoren.

Die allerdings stehen in ihren modernsten Versionen derzeit auch noch nicht als hoffnungslose Umweltfossielien da: In einem Test von „auto, motor und sport“ ließ sich ein VW Golf TDI Blue Motion verbrauchsärmer fahren als der Stadt-Sprit-Sparweltmeister Toyota Auris Hybrid.

(bmt)

 

Quelle: MOTOR-TALK

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