Hände weg vom Lenkrad: Der neue Passat fährt teilautonom im Stau und steuert den Anhänger selbstständig in die Parklücke. Ein Einparkversuch und die erste Fahrt.
Olbia – Normalerweise fährt Hagen Ziehr mit VW Touareg millimetergenau durchs Gelände. Heute kümmert er sich um den neuen Passat, einen Anhänger (dahinter) und ein Schlauchboot (darauf): Der VW-Fahrtrainer erklärt, wie die Trailer-Parkhilfe des größten VW Kombi funktioniert. Durch das offene Fahrerfenster gibt er Tipps zu Lenkwinkel, Entfernung und Geschwindigkeit. Um den Rest kümmert sich die Elektronik. Beinahe zumindest, denn die Oberhand behält der Fahrer. Er steuert über Spiegelverstellknopf und Anzeige im Kombiinstrument, wohin der Anhänger rollen soll. Über die Rückfahrkamera im Heck des Passat errechnet das System den Radeinschlag und lenkt selbstständig. Bis zu einem Tempo von 3 km/h schiebt der Kombi den Einachser samt Ladung in die Lücke. VW Passat: Mit Trailer-Assist und QuerbaukastenQuelle: VolkswagenDie Fahrhilfe funktioniert unkompliziert und präzise. Sie hilft Menschen, die selten rangieren – mit Anhänger und ohne Übung gibt es schnell ein verknotetes Gespann. Wenn der Beifahrer aber aussteigt, dann bricht die Software den Vorgang ab. Aus Sicherheitsgründen, angeblich. Einen zweiten Versuch verhindert die Elektronik dann bis zum Neustart des Motors. Schade, denn die Übersicht verbessert sich durch die Lenkhilfe nicht – eine geöffnete Tür dürfte keine Hürde sein. Sei es drum, für das Grinsen nach dem Parken reicht es allemal. Das ist gut und wichtig, denn emotional tut sich in der VW-Mittelklasse sonst wenig. Optisch experimentiert VW nur mit Studien, technisch kennen wir das meiste vom Golf 7: Dank Querbaukasten wächst der Radstand, mittels hoch- sowie höchstfester Stähle und Laserschweißverfahren sinkt das Gewicht. 85 Kilogramm soll der 150 PS starke Turbodiesel-Passat abgespeckt haben. Im Durchschnitt seien es ungefähr 60 Kilogramm, schätzt VW-Technikchef Dr. Heinz-Jakob Neußer. Neun Vierzylinder mit 120 bis 280 PSQuelle: VolkswagenEin weiterer Grund für die schmale Taille: Sechszylinder wird es in der Wolfsburger Mittelklasse nicht mehr geben. „Theoretisch könnten wir wieder einen VR6 anbieten“, erklärt Dirk Nessenius, der technische Projektleiter des Passat. Aber der erfülle nicht die Abgasvorgaben und habe höchstens beim Sound Vorteile. Die Entwickler haben sich deshalb auf Vierzylinder-Turbomotoren konzentriert. Der Passat startet mit vier Selbstzündern und fünf Benzinern mit 1,4 bis 2,0 Litern Hubraum und 120 bis 280 PS. Der Plug-in-Hybrid GTE folgt im kommenden Jahr. Besonders stolz sind die Ingenieure auf den starken 2,0-Liter-Diesel: Mit zwei Turboladern, 2,5 bar Lade- und 2.500 bar Kraftstoffdruck produziert der 240 PS und 500 Newtonmeter Drehmoment. Mehr als jeder V6-Diesel aus alten Längsmotor-Zeiten. Ein dicker Bizeps macht aber keine schnellen Beine. Seine Kraft soll nicht die Nackenmuskeln anstrengen, sondern schwere Lasten ziehen. Bis zu 2,2 (gebremste) Tonnen schleppt der Power-Passat zwölfprozentige Steigungen hinauf. Obwohl er ohne Anhänger flinker beschleunigt als ein Golf GTI, fühlt sich der 1,7-Tonner gemütlich und komfortabel an. Unter Last knurrt der Selbstzünder unruhig, sonst hört man ihn nicht. Passat B8: Ruhe im InnenraumQuelle: VolkswagenÜberhaupt: Im Innenraum kommen fast keine Geräusche an. Wind an den Außenspiegeln, Gummi auf der Straße, sonst bleibt es leise. Ein Zwei-Massen-Schwungrad mit Ausgleichspendel fängt unangenehme Vibrationen auf und beruhigt den großen, kleinen Diesel. Den Rest dämmt eine neu konstruierte Spritzwand. Im „Comfort“-Modus wird die Lenkung indirekt, auf „Sport“ das Fahrwerk nervös. Mit selbst konfigurierten Parametern fährt der Passat dann so, wie er sollte: gutmütig, präzise und komfortabel. Fein geformte Sitze (ab Ausstattung „Comfortline“) bieten ausreichend Seitenhalt und angenehme, weiche Polster. Ohne Allradantrieb und mit leichteren Motoren nimmt der Passat die Kurven deutlich flotter: Der 2,0-Liter-Diesel-Passat mit 150 PS wiegt rund 200 Kilogramm weniger als das Top-Modell. Schade: Trotz hübscher Optik und unterschäumten Materialien passen Teile des Innenraums nicht in das Gesamtbild. Hartes Plastik an der Mittelkonsole gehört nicht in diese Fahrzeugklasse, genau wie lackierte Armaturenbrett-Zierleisten mit Klapper-Potenzial. Berührt man sie versehentlich, scheppert das lackierte Gebälk. Hier gelobt Nessenius Besserung: Es handele sich noch um Vorserienmodelle. Wenn die Produktion in einigen Wochen beginnt, dann sollen Passform und Verarbeitung stimmen. Etwas Aufpreis und viel AssistenzQuelle: VolkswagenIm Vergleich zum Vorgänger wird der Passat etwas teurer: Der Basisbenziner mit 125 PS kostet 25.875 Euro (bisher: 25.375 Euro, 122 PS). Dafür gibt es mehr Platz bei knapperen Maßen, größere Räder, kleinere Überhänge und viel elektronisches Zubehör. Neben dem Anhänger-Helfer bietet VW für den Passat ein LCD-Display als Tacho, teilautonomes Fahren im Stau und LED-Scheinwerfer an. Xenon-Brenner sind nicht mehr im Programm. Das Head-up-Display folgt mit dem Start des Passat Alltrack im kommenden Jahr. VW Passat B8: Technische Daten
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