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Urteil zu Ersatzteilidentifikation: Hersteller muss Daten bereitstellen - Schneller und günstiger zum passenden Ersatzteil?

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Freie Werkstätten haben viel Arbeit damit, das passende Ersatzteil zu finden. Das könnte sich ändern. Ein Verband hat erfolgreich gegen das Daten-Monopol von Kia geklagt.

Die Identifikation von Ersatzteilen ist für freie Werkstätten schwierig, weil die Autohersteller keine verwertbaren Informationen bereitstellen. Der GVA klagte deswegen vor dem Landgericht Frankfurt gegen Kia Die Identifikation von Ersatzteilen ist für freie Werkstätten schwierig, weil die Autohersteller keine verwertbaren Informationen bereitstellen. Der GVA klagte deswegen vor dem Landgericht Frankfurt gegen Kia Quelle: dpa/Picture Alliance

Frankfurt – Der Kunde kriegt es eigentlich kaum mit. Wenn er sein Auto aus der Werkstatt holt, funktioniert im besten Fall alles, was vorher kaputt war. In einer Vertragswerkstatt zahlt er dafür in der Regel mehr Geld als bei einer freien Werkstatt. Dabei hat die kleine Werkstatt von nebenan oft schon beim Heraussuchen des passenden Ersatzteils mehr Arbeit als die Kollegen in der großen Niederlassung.

Den Unterschied machen heutzutage – natürlich – die richtigen Daten. Welcher Achsschenkel passt bei Automodell X von Hersteller Y mit Motorisierung Z? Kam der Wechsel auf das verbesserte Teil im September 2008 oder doch erst im Oktober? Eine Vertragswerkstatt von Hersteller Y findet das mit der entsprechenden Datenbank und anhand der VIN (der Fahrzeugidentifikationsnummer) schnell heraus. Bei einer freien Werkstatt hilft oft nur das Trial-and-Error-Prinzip mit Bestellung mehrerer Teile. Das kostet den Kunden Zeit und Geld. Autos können mitunter nicht pünktlich repariert werden und Autofahrern bleibt keine Alternative zum teuren Original-Teil. Denn die Informationen aus den Hersteller-Datenbanken sind für freie Wettbewerber kaum nutzbar.

Welches Ersatzteil ist das richtige? Diese Frage ist oft nicht eindeutig zu beantworten - schon gar nicht ohne die entsprechende Hilfe vom Hersteller Welches Ersatzteil ist das richtige? Diese Frage ist oft nicht eindeutig zu beantworten - schon gar nicht ohne die entsprechende Hilfe vom Hersteller Quelle: dpa/Picture Alliance Der Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA) klagte deswegen vor dem Landgericht Frankfurt gegen Kia – und gewann. Das Gericht entschied am 21. Januar 2016, dass der Hersteller verpflichtet ist, die entsprechenden „Daten zur Fahrzeug- und Ersatzteilidentifikation in elektronischer Form zur unmittelbaren elektronischen Weiterverarbeitung“ zur Verfügung zu stellen.

EG-Verordnungen regeln nicht nur Abgas-Emissionen

Dabei sollte das eigentlich schon seit 2. Juli 2007 so laufen. Zu diesem Zeitpunkt trat die EG-Verordnung 715/2007 in Kraft. Was viele nicht wissen: Neben Emissionswerten (Euro 5/6) regelt sie auch den „Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge“.

Anders als beim Thema "Designschutz" geht es hier um die Bereitstellung von Informationen, nicht um Urheberrechte. Autohersteller müssen „unabhängigen Marktteilnehmern über das Internet mithilfe eines standardisierten Formats uneingeschränkten und standardisierten Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen“ gewähren, heißt es in der Verordnung. „Gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe“ dürfe dabei „keine Diskriminierung stattfinden“. Die Realität sieht nach Meinung vieler Werkstätten und Teilehändler aber anders aus.

Alexander Vorbau, Sprecher des Gesamtverband Autoteile-Handel e. V. (GVA), erklärt die Situation so: „Fahrzeughersteller ermöglichen zwar den Servicebetrieben einen Zugang, um ihnen Teile zu verkaufen, gleichzeitig verweigern sie ihren Wettbewerbern im Ersatzteilgeschäft, der Kfz-Teileindustrie und dem freien Kfz-Teilehandel die technischen Informationen in der von ihnen benötigten Form zur unmittelbaren elektronischen Weiterverarbeitung. Das ist aber eine Voraussetzung dafür, dass der freie Teilehandel, den Werkstätten markenübergreifende Kataloge auf Basis einer eindeutigen, VIN-basierten Ersatzteilidentifikation anbieten kann.“

Das VW-Logistikzentrum für Ersatzteile in Ludwigsfelde: Ist Ersatzteilversorgung Herstellersache? Das VW-Logistikzentrum für Ersatzteile in Ludwigsfelde: Ist Ersatzteilversorgung Herstellersache? Quelle: dpa/Picture Alliance

Führungszeugnisse und Flatrates

Im Klartext bedeutet das: Mit den Systemen der Hersteller können zwar deren teure Teile ausfindig gemacht und bestellt werden. Ersatzteil-Hersteller, -Händler und freie Werkstätten können die bereitgestellten Informationen aber nicht nutzen, um einen eigenen (Online-)Katalog für günstigere Ersatzteile zu erstellen. Den Kunden bleiben damit preiswerte Alternativen verwehrt.

Nach Meinung des GVA entstehen deswegen aus den „Datenmonopolen der Fahrzeughersteller Nachteile für den Wettbewerb im Kfz-Teile und Servicemarkt“. Der Verband hat 133 Mitglieder wie etwa Stahlgruber oder Wessels+Müller und deckt damit rund 80 Prozent des Umsatzes des freien Kfz-Ersatzteilmarktes in Deutschland ab.

Arnulf Thiemel, Technik-Experte des ADAC, sieht das ähnlich. „Freien Werkstätten wird durch die derzeitige Praxis das Leben schwer gemacht. Das passende Ersatzteil ist mitunter so schwer auszumachen, dass Teile mehrfach bestellt und zurückgeschickt werden müssen. Im schlimmsten Fall könnten beim Einbau eines falschen Teils Schäden entstehen. Die Mehrkosten für die komplizierte Teilebestellung müssen am Ende alle bezahlen. Das behindert den freien Wettbewerb.“

Den Kunden entgeht durch die bisherige Praxis die Möglichkeit, ein günstigeres Ersatzteil zu bekommen Den Kunden entgeht durch die bisherige Praxis die Möglichkeit, ein günstigeres Ersatzteil zu bekommen Quelle: dpa/Picture Alliance

GVA erringt Teil-Erfolg gegen Kia

Die EU-Verordnung sah eigentlich vor, dass freie Wettbewerber „auf leichte und unverzüglich zugängliche Weise“ an die entsprechenden Daten kommen. In Wirklichkeit müssen Werkstattbetreiber mitunter Führungszeugnisse vorlegen, um die Hersteller-Systeme zu nutzen oder Flatrate-Tarife buchen, wenn sie nur kurz nach einem Ersatzteil suchen. Teilweise laufen die Systeme verschiedener Hersteller nicht mal auf dem gleichen Rechner, die Werkstätten müssen mehrere anschaffen.

Der Sieg vor dem Frankfurter Landgericht hat laut GVA „weitreichende Konsequenzen und Signalwirkung für den gesamten europäischen Kfz-Ersatzteilmarkt“. Wie genau es jetzt weitergeht und ob Ersatzteile bald tatsächlich günstiger werden, ist nach dem erstinstanzlichen Urteil aber noch völlig unklar. Kia hat die Möglichkeit, Berufung einzulegen; weitere gerichtliche Instanzen könnten folgen. Eine offizielle Stellungnahme wollte der Hersteller auf Anfrage von MOTOR-TALK nicht abgeben.

Avatar von granada2.6
Mercedes
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