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Motorkultur

Schöner Blitzen: Robot Visual Systems Traffitower

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Schon wieder geblitzt und das Mistding einfach nicht gesehen, obwohl die Augen des dynamischen Fahr-Routiniers die Straßenränder, wie K.I.T.T.'s Diodenleiste, permanent nach dem vertauten, optischen Gefahrenmuster des manilagrünen Starenkastens am Stil gescannt haben. Dann stammt dieser 2001 Obelisk auch nicht aus Kubricks Requisitenkiste. Nein, der Feind hat jetzt ein neues Gesicht...

Gemeinsam mit dem renommierten Designer und Braun Prize Gewinner Ralf Jakubowski entwickelte die Jenoptik-Tochter Robot Visual Systems GmbH unter dem hilflosen Namen Traffitower ein neues Konzept zur stationären Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachung, das sich laut Hausmitteilung "harmonisch in die Architektur moderner Verkehrsräume einfügen" und das vertraute Traffipax System im 70er Altmetallkleid nach 35 Dienstjahren in der Produktpalette ergänzen soll. Erste Aufträge für die Ende 2005 vorgestellte Anlage kamen bereits aus Qatar und auch aus Niedersachen. "Jetzt wird die Radarfalle schick" titelt die Onlineausgabe der Westdeutschen Zeitung und ergänzt: "In Ostfriesland und in der Wüste ist man begeistert." Und so kam der Fortschritt in die Provinz, wo seit Anfang letzten Jahres ein einsamer Späher aus Jakubowskis Überwachungszyklopen-Phalanx den Hannoveraner Pendlerverkehr auf der B3 unermüdlich und argwöhnisch durch seine verspiegelte Cyberoptik beäugt - und natürlich maßgeblich behindert. Wo meine Kollegen und ich uns bei jeder Näherung an den häßlichen Monolithen immer weiter an die Toleranzschwelle herantasten, die Jungs von der Rückbank zwischen die Sitze turnen und alle wilde Grimassen schneiden, um mal für schlappe 5 Euro pro Person ein lustiges Gruppenfoto zu ergattern, latscht der Durchschnitts-Omniphobiker lieber schon 1 km vorher schwer in die Eisen und tuckert mit knapp 40 auf die Gefahrenstelle zu, um bei Sichtkontakt durch eine erneute Schreckbremsung das Tempo auf finale 30 zu reduzieren. Was geht in diesen hirngewaschenen Zombies bloß vor? Glauben die, dass sie für massives Unterschreiten der zulässigen Geschwindigkeit Flenspunkte abschreiben können? Meiner Meinung nach hat Jakubowskis Netzhautpeitsche an der B3 neben dem volkswirtschaftlichen Schaden, den sie durch die Verzögerung des Verkehrsflusses anrichtet und dem ökologischen, durch mehr Feinstaub und Co2 Ausstoß beim Abbremsen und Beschleunigen, eigentlich nur einen Sinn: Hysterische, verblödete Vorgartenkrieger für ihre nächsten Kampagne freizustellen und die Kasse einer misswirtschaftenden, verkalkten Kommune zu füllen.

Letztes Jahr, einen Tag vor Heiligabend, an gleicher Stelle waren ein paar Jungs vom Lande vermutlich noch auf der Suche nach einem Last Minute Präsent für Mutti. Die schrittfahrende Autokolonne Richtung Hannover nahm ihnen wohl den Biss, sich auf die Odyssee Richtung urbaner Einkaufs-Erlebniswelt zu begeben. So gab man sich ganz cool als Wartungstrupp, öffnete o.a. Starenkasten fachgerecht, umging den Alarm und demontierte die feine Zeiss-Jena Technik komplett. Das alles in Seelenruhe und am helllichten Tag. Die Rennleitung hat nix gerallt und bat mal wieder um die Mithilfe der Zuschauer. Sie bezeichnet den entwendeten Jakubowski als weitestgehend unverkäuflich. Mensch Loide, nee! War doch auch gar nich' zum Weiterverchecken, sondern als Weihnachtsgeschenk! Schön mit Schleife drum. Meine Mutti hätte sich gefreut.

 

Quelle: Motoraver Magazin

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