Toyota mal wieder: Mit dem Mirai bringen die Japaner eines der ersten Wasserstoffautos auf den Markt, mit aufregender Optik, neuer Technik und einem bekannten Fahrgefühl. Erste Fahrt.
Berlin – Es ist verdammt mühsam, über das Adjektiv schön zu diskutieren. Das Wort schrullig bietet dafür wenig Raum – und beschreibt ganz wunderbar den neuen Toyota Mirai. Ein Auto, wie es nur Japaner entwerfen können, verspielt, unstrukturiert, abgefahren und auffällig. Vor allem Letzteres ist ganz wichtig. Denn der Mirai ist Vorreiter einer Technologie, über die schon viele Hersteller gesprochen haben, in die viele investiert haben, aber die außer Hyundai und Toyota noch keiner in Serie auf den Markt gebracht hat: der Brennstoffzellen-Antrieb. 181 km/h auf der AutobahnUnser Puffer zwischen Reichweite und Fahrstrecke ist auf 19 Kilometer geschrumpft. So viel zu 550 Kilometer. Das macht die Fahrt etwas unentspannter und etwas langsamer. Ich entscheide ich mich für konstante 130-Tempomat-km/h. Nach etwa 20 Minuten wächst das Polster auf 24, auf 28, auf 31 Kilometer. Ich schöpfe Mut und versuche, die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 178 km/h zu erreichen. Unter heulendem Protest des Elektromotors schafft der Mirai 181 km/h, für wenige Sekunden. Danach lockere ich mein rechtes Bein und lasse den Kompressor unter der Motorhaube wieder etwas entspannter die Umgebungsluft Richtung Brennstoffzelle schicken. Unser Polster verliert sofort acht Kilometer. Doch wir sind zufrieden – und kehren zu gleichmäßigen 130 km/h zurück. 361 Liter KofferraumvolumenDer Mirai sieht spektakulär aus, fährt aber wie die meisten Elektroautos: antrittsstark, geräuscharm und emotionslos. Auch die Platzprobleme ähneln sich. Statt eines großen Akkus mussten die Ingenieure zwei Wasserstofftanks (60 und 62,4 Liter), eine 244-Volt-Batterie und die Brennstoffzelle unterbringen. Elektromotor, Steuerung und Kompressor sitzen unter der Haube, die Brennstoffzelle unter dem Fahrer. Ein Tank liegt vor, ein anderer hinter der Hinterachse, darüber ruht der Akku. Das kostet Platz. Die Fondpassagiere sitzen erhöht. Das Kofferraumvolumen beträgt lediglich 361 Liter bei einer Fahrzeuglänge von fast fünf Metern. Zum Vergleich. Ein fast gleich langer Audi A6 (4,93 Meter) fasst 530 Liter. Zudem können die Rückbanklehnen des Mirai nicht umgeklappt werden. Wir rollen mit einer Restreichweite von 23 Kilometern an die Berliner Shell-Tankstelle am Sachsendamm. An Deutschlands größter Wasserstoffanlage könnten theoretisch 100 bis 150 Kilogramm Wasserstoff pro Stunde getankt werden. In der Realität sind es 70 Kilogramm pro Woche. Die große Differenz liegt unter anderem an einem missglückten Projekt der Stadt Berlin, die 10 Wasserstoff-Busse angekündigt hatte. Sechs davon gingen zurück an den Hersteller. 3,71 Kilogramm WasserstoffUnter Aufsicht eines Mitarbeiters dürfen wir unseren Mirai betanken. Obwohl die Tankanzeige uns die gesamte Strecke über zur Mäßigung zwang und nun beinahe auf null steht, passten laut Kassenbon 3,71 Kilogramm Wasserstoff in die Tanks. Dafür verlangt Shell 35,32 Euro. Zum Vergleich: Mit einem 150-PS-Diesel, der 6,5 Liter je 100 Kilometer braucht, hätten wir bei den aktuellen Benzinpreisen in Berlin (1,05 Euro/Liter) nur knapp 20 Euro für die Strecke bezahlt. Nicht ganz dicht ist der „Auspuff“ des Wasserstoffautos. Zwar strömen während der Fahrt keinerlei Abgase heraus. Doch der Mirai verliert rund acht Liter Wasser pro verbrauchtem Kilo Wasserstoff. Da sich in dem fast waagrecht verlaufenden „Abfluss-Rohr“ Wassertropfen sammeln, gibt es zusätzlich noch eine H2-Taste links neben dem Lenkrad. Wer da drauf drückt, schickt einen Luftstrom hindurch und verhindert damit vor der Einfahrt in die Garage, dass sich über Nacht Wasser unter dem Auto sammelt. Nach unserer Testfahrt plätschern geschätzt 0,5 Liter auf den Asphalt. In Deutschland kann man den Mirai für 1.219 Euro im Monat leasen, für vier Jahre. Danach geht das Fahrzeug zurück an Toyota, für ausführliche Checks. Bis Ende 2015 wird Toyota die ersten 26 Fahrzeuge ausgeliefert haben. 14 weitere sind bestellt. Mit einem schnellen Durchbruch rechnet Toyota aber ohnehin nicht. "Wir haben einen langen Atem, das haben wir schon mit dem Hybridantrieb gezeigt", sagt Unternehmenssprecher Dirk Breuer. Technische Daten Toyota Mirai
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