Im September debütiert Skodas großes SUV - mit ganz viel Platz auf der Rückbank und im Kofferraum. Wir durften jetzt eine erste Fahrt im Vorserien-Kodiaq unternehmen.
VON MOTOR-TALK-Reporter Michael Specht Storfjord/Norwegen - Nicht einen Quadratzentimeter lackiertes Blech lässt Skoda an seinem Kodiaq durchschimmern. Die Folie im kristallinen Design ist die perfekte Tarnung. Schließlich soll niemand erkennen, wie das 4,70 Meter lange SUV in Wirklichkeit aussieht. Geduld ist bis zum 1. September gefragt, dem Tag der Weltpremiere in Berlin. Bär zu Bär. Passt ja. Ab dann kann auch bestellt werden. Beim Händler steht der Wagen Anfang 2017. Preise nennt Skoda noch nicht. Es heißt nur, der Einstieg „beginne auf Superb-Niveau“, was rund 25.000 Euro bedeuten würde. Und wer vorab wissen will, wie der Kodiaq aussieht, muss sich nur die vor wenigen Monaten in Genf gezeigte Studie „Vision S“ ansehen. Das Serienmodell gleicht dem Showcar wie aus dem Blech geschnitten. Hexagonal-Grill, Vieraugen-Gesicht, die Power-Dome-Haube, die seitliche Fenstergrafik, alles am Kodiaq sieht aus wie beim Vision S. Woher wir das wissen? Skoda hatte in Norwegen neben den verklebten Exemplaren ein enttarntes Modell dabei. Von dem durften leider keine Fotos gemacht werden. Skoda Kodiaq: Modernes und vielseitiges SUVVeröffentlichungstabu gilt natürlich auch für das Cockpit. Das meiste ist schwarz verklebt. Das Highlight ist der 8-Zoll-Touchscreen mit seinen Bedientasten unter Glas, ein Novum für Skoda. Genauso wie WLAN-Hotspot, verschiedene Onlinedienste des Infotainment-Systems, die induktive Ladeschale fürs Handy sowie die Darstellung von Google Earth und Google Street View. Moderner ist derzeit kein Skoda. Und vielseitiger einsetzbar wohl auch nicht. Der Kodiaq ist Skodas erstes SUV in dieser Klasse. Es ist der erste Siebensitzer der Marke und zugleich der einzige Siebensitzer in diesem SUV-Segment (Skoda nennt es A+). Zur Not können ganz hinten sogar Erwachsene halbwegs bequem sitzen, vorausgesetzt, die beiden vorderen Reihen werden etwas nach vorn geschoben. In Normalstellung (Fünfsitzer-Konfiguration) reisen Passagiere der mittleren Reihe – fast schon typisch für Skoda – geradezu fürstlich. Der Klassenrekord fürs Gepäck dürfte ebenfalls nach Tschechien gehen. Im Fünfsitzer lassen sich 720 Liter im Heck verstauen. Liegen die Rücksitzlehnen flach, wird der Kodiaq zum Oberklasse-Kombi: 2.065 Liter schafft nicht mal das aktuelle T-Modell der Mercedes E-Klasse. Beim Siebensitzer ist wegen der hinteren Klappbestuhlung etwas weniger Raum, mit 680 bis 2.005 Liter aber immer noch reichlich. Guter Fahreindruck schon im Vorserien-KodiaqBoot- und Pferdebesitzern sei noch gesagt, der Kodiaq darf 2,5 Tonnen ziehen. Optional gibt es eine ausklappbare Anhänger-Kupplung sowie eine elektronische Rangierhilfe. Die Bodenfreiheit beträgt 194 Millimeter und der Allradantrieb hat erstmals ein Programm für Schnee. Wer sich noch für die restlichen Geländewerte interessiert: Böschungswinkel vorn 22 Grad, hinten 23,1 Grad, Rampenwinkel 19,7 Grad. Technisch baut der Kodiaq auf der MQB-Plattform des Tiguan auf. Skoda hat nur den Radstand verlängert. Gegen Aufpreis kann der Kunde ein DCC (Dynamic Chassis Control) bestellen und kinderleicht wie auf einem iPhone per Fingertipp auf dem Bord-Display die Settings Normal, Sport und Comfort anwählen. Zu spüren sind die unterschiedlichen Modi deutlich. „Wir haben darauf großen Wert gelegt“, sagt Entwicklungschef Christian Strube, „ansonsten müssen wir ein solches Fahrwerk dem Kunden nicht anbieten.“ Auf den kurvenreichen Küstenstraßen in der Umgebung von Storfjord im westlichen Norwegen hinterließen die Vorserienmodelle bereits einen reifen und soliden Eindruck. Der Kodiaq rollt leise ab, den Wind hört man kaum, er federt komfortabel, lenkt sich direkt und handlich. Außerdem sitzt man gut auf dem Fahrersitz. Der Topbenziner mit 180 PS wurde von Audi entwickeltDie Motoren holt Skoda sich wie üblich aus dem Wolfsburger Konzernregal, angefangen beim 1.4 TSI mit 125 PS. Ihn gibt es ausschließlich mit Frontantrieb und manuellem Sechsganggetriebe, die 150-PS-Version auch mit Allrad und Doppelkupplungsgetriebe. Top-Motor bei den Benzinern ist der 2.0 TSI mit 180 PS, Allrad und 7-Gang-DSG. Der Vierzylinder-Turbo wurde von Audi entwickelt und läuft im sogenannten Miller-Zyklus. Im A4 soll er laut NEFZ nur 5,9 Liter verbrauchen. Für den Kodiaq gibt Skoda noch keine Werte an. Entwicklungschef Christian Strube, der bei der Testfahrt mit im Auto saß, nickt bei unserer Schätzung „Realverbrauch acht bis neun Liter“. Der Bordcomputer zeigte unterdessen etwas mehr als zehn Liter an. In Deutschland wird der Zweiliter-TDI die Hauptrolle im Kodiaq spielen. Skoda-Vorstandschef Bernhard Maier sieht den 150-PS-Diesel in der Käufergunst vorn. Damit geht der über 1,6 Tonnen schwere, tschechische Bär in der Tat ganz ordentlich, läuft recht ruhig und zieht bereits von unten heraus munter los. Für den Alltag die sinnvollste Entscheidung. Ihn gibt es mit Front- oder Allradantrieb, manuell oder mit DSG. Bis zu 22 Assistenzsysteme im KodiaqEtwas sportlicher und souveräner zeigt sich der TDI mit 190 PS. Kein Wunder bei 400 Newtonmetern Drehmoment. Er wird jedoch nicht auf Dauer die Spitzenmotorisierung bleiben. In Mlada Boleslav diskutiert man über einen Kodiaq-RS, denn gute Erfahrungen (20 Prozent Kaufanteil) hat Skoda mit dem 230 PS starken Turbo-Benziner bereits im Octavia gemacht. Gut möglich also, dass ein RS-SUV im Folgejahr nachgereicht wird. Insgesamt "22" Assistenzsysteme baut Skoda auf Wunsch ins Auto, wie Projektleiter Gesamtfahrzeug, Jiri Dytrych sagt. Darunter so Dinge wie eine 360-Grad-Kamera, eine City-Notbremsfunktion, ein Aufpasser für Querverkehr, für den Toten Winkel, für den Abstand zum Vordermann und eine Fußgänger-Erkennung. Besonders stolz ist Dytrych auf ein kleines Stück Plastik: den Türkantenschutz. Sobald eine Tür geöffnet wird, klappt blitzschnell ein Kunststoffprofil heraus und legt sich passgenau um den senkrechten Falz im Bereich des Schlosses. Die Beule am Nachbarauto bleibt damit aus. Eine höfliche Konstruktion. Ford hat sowas zwar auch schon entwickelt, Skoda meint jedoch, man hätte es cleverer gemacht. Irgendwie muss ja auch der Bär dem Skoda-Slogan „Simply clever“ gerecht werden. |