Opel, Ford, VW aufgepasst: Der Hyundai i30 bietet viel Platz, viel Sicherheit und moderne Technik. Doch ausgerechnet der neue Turbomotor nervte im Alltagstest.
Berlin – Die Geschichte von Hyundai geht so: vom Billiganbieter zum Herausforderer. Ödes Design, überholte Technik und bestenfalls mittelmäßige Qualität waren gestern. Heute: flotte Optik, solide Qualität und günstige Preise. Solche Geschichten mögen wir. Aber irgendwann muss es gut sein mit dem Außenseiterbonus. Im Jahr 2016 wurden mehr als 107.000 Hyundai neu zugelassen. Keine japanische und keine italienische Marke schaffte mehr. Von den Importeuren liegen nur Skoda (186.000) und Renault (125.300) davor. Hyundai hat sich längst etabliert. Inzwischen entsprechen die Motoren dem aktuellen (Turbo-)Stand. 1,0-Liter-Dreizylinder sind im Programm, kürzlich kam der 1,4-Liter-Vierzylinder 1.4 T-GDI dazu. So soll der i30 in der frisch gestarteten dritten Generation da mitmischen können, wo in der Kompaktklasse am meisten läuft: bei den mittelgroßen Turbobenzinern. Und "europäischer" gestaltet war bisher noch kein Hyundai. Wir haben den Kompakten im Alltag ausprobiert, um herauszufinden, ob Ford, Opel und VW jetzt wirklich Angst haben müssen. Karosserie/Platzangebot: Praktisch und großIn der Kompaktklasse sind die 4,34 Meter Länge des i30 Standard. Opel macht den Astra drei Zentimeter länger, VW den Golf acht Zentimeter kürzer. Fahrer und Beifahrer sitzen gut im i30, die Mittelkonsole drängt sich nicht zu sehr auf. Die Übersicht passt auch. Wer hinten sitzen muss, hat keinen Grund zu meckern. Es gibt reichlich Beinfreiheit und seitlich genügend Platz, damit zwei Personen sich auch auf langen Strecken wohl fühlen. Allenfalls die Sitzflächen könnten etwas länger sein. Im Kofferraum bringen i30-Fahrer mehr unter als üblich. 395 bis 1.301 Liter passen laut Norm ins Heck. Das schaffen weder der Golf (380-1.270 l) noch der Astra (370-1.210 l). Auch in der der Praxis bringt der i30 ordentlich was zwischen die Radkästen. Hinter denen gibt es noch zwei Extra-Mulden und eine unter dem Kofferraumboden. Außerdem kann man die Ladung an soliden Ösen verzurren, Einkaufstaschen hängen an gut nutzbaren Gepäckhaken. Eine 12-Volt-Steckdose hinten ist immer serienmäßig. Die Rücksitze lassen sich leider nur von den Seiten umlegen, nicht aus dem Kofferraum. Geklappt bilden sie eine stufenlose, aber leicht ansteigende Ladefläche. Interieur: Viele praktische AblagenModern sieht es aus im Innenraum des i30. Jedenfalls deutlich moderner als beim Vorgänger. Allenfalls der Instrumententräger wirkt noch ein bisschen gestrig. Der Hartplastikanteil bleibt insgesamt erfreulich gering. Das Armaturenbrett ist großflächig weich unterschäumt, erst wo das geräumige Handschuhfach anfängt, wird es hart. Die Verarbeitung ist solide, die Oberflächen sehen hier und da billiger aus als sie sich anfühlen. Viele große Fächer und Ablagen bieten reichlich Platz für Krempel. Weniger erfreulich: Die Klappe zum Fach in der Mittelkonsole wirkt wie ein Fremdkörper. Das stört das Auge. Wie die Klappe nach einem Fingerdruck sanft aufgleitet, das wirkt wiederum hochwertig. Den Bildschirm des Infotainmentsystems hat Hyundai nicht perfekt platziert. Man möchte ihn drehen, um ihn besser im Blick zu haben. Um an die Bedienknöpfe auf der rechten Seite zu kommen, muss man sich ein wenig zu sehr strecken. Sonst gibt es an der Ergonomie nichts auszusetzen. Oder an den bequemen Sitzen. Bei uns waren allerdings die Leder-Komfortsitze mit Sitzheizung und -kühlung für 1.450 Euro verbaut. Infotainment: Modern und gut gelöstHyundai hat durch alle Modellreihen aufgerüstet. Das aktuelle Infotainment beherrscht Apple Carplay und Android Auto – wenn man 750 Euro investiert. So viel kostet das Navigationspaket für die Ausstattungen Style und Premium, bei Trend sind es 1.300 Euro. Dann gibt es den 8-Zoll-Touchscreen, Digital-Radio, Live-Traffic-Infos, Rückfahrkamera und Verkehrszeichenerkennung dazu. Blöd nur, dass man vieles davon gar nicht mehr bräuchte, weil das Smartphone es kann. Die Bedienung gestaltet sich problemlos. Die Integration von Apple- und Android-Handys ist clever gelöst. Einmal angeschlossen aktiviert sich das entsprechende Symbol im Startbildschirm, Carplay und Android Auto sind direkt anwählbar. Per Sprachtaste am Lenkrad lassen sich Siri oder das Androidpendant direkt ansprechen. Assistenzsysteme/Sicherheit: Alles da und nicht zu teuerHyundai gibt sich keine Blößen. Schon ein mager ausgestatteter i30 hilft aktiv, die Spur zu halten, bremst im Notfall aus bis zu 75 km/h, warnt den Fahrer bei Übermüdung oder hält die Geschwindigkeit. Unser Testwagen rollte in der Premiumausstattung auf den MOTOR-TALK-Parkplatz. Das „Sicherheits-Paket“ ist dann inklusive und der i30 bremst aus bis zu 180 km/h autonom, warnt vor Frontal-Zusammenstößen und erkennt Fußgänger. Einen Knieairbag bekommt der Beifahrer oben drauf. Bei Select und Trend verlangt Hyundai 620 Euro Aufpreis fürs Paket, bei Style 590 Euro. Mit 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe wird das Paket teurer (1.150 Euro für Trend, 890 Euro für Style), hält aber auch den Abstand zum Vordermann und bremst bis zum Stillstand. Antrieb/Getriebe: Modern mit SchwächenAuf die modernen Turbobenziner haben wir lange warten müssen bei Hyundai, jetzt gibt es sie endlich. Unser 1.4 T-GDI leistet 140 PS und kommt auf 242 Newtonmeter Drehmoment. Der Testwagen will per Hand geschaltet werden. Ein Doppelkupplungsgetriebe (DCT) mit sieben Gängen kostet rund 2.000 Euro Aufpreis. Das hätten wir uns zuweilen gewünscht. Und zwar ausgerechnet beim Anfahren, sonst nicht die Stärke eines DCTs. Doch unser Hyundai i30 fiel direkt nach dem Anfahren regelmäßig in ein tiefes Loch, und wollte beinahe darin absaufen. Nur mit quasi digitaler Fußarbeit (Kupplung schnalzen lassen, Vollgas geben) ließ sich das halbwegs vermeiden. Das Problem hatte unser i20 im Dauertest auch, trotz eines anderen Antriebsstrangs. Wer auch immer die Abstimmung bei Hyundai macht, trägt vermutlich Clogs. Einmal in Fahrt benahm der 1,4-Liter-Turbo sich besser. 140 PS und gut 240 Newtonmeter nimmt man ihm gerade so ab, richtig kräftig fühlt er sich nicht an, besonders drehfreudig auch nicht. Angenehm leise und laufruhig ist der 1,4er aber. Die Schaltarbeit bleibt in den unteren drei Gängen ein wenig unharmonisch, da sollte Hyundai noch an der Abstimmung zwischen Kupplung, Getriebe und Motor arbeiten. Eine Spur sparsamer könnte der i30 gerne sein. In der Stadt lassen sich bei guten Bedingungen etwas mehr als 7 Liter erreichen, am Ende unseres Testzeitraums hatte der i30 sich im Schnitt 8,5 Liter genehmigt. Klingt viel, aber er musste öfter zügig über die Autobahn. Wer sich da zügelt und in der Stadt vorausschauend fährt, kommt mit etwa 7,5 Liter im gemischten Alltag aus. Fahrwerk/Lenkung: Verbindlich und solideReinsetzen und losfahren. Hyundai bietet im Handschalter nicht die Wahl, ob man es sportlich, ökologisch oder komfortabel will. Haben wir auch nicht vermisst. Lenkung und Fahrwerk arbeiten nämlich sehr angenehm, nachvollziehbar und ausgewogen. DCT-Modelle bekommen einen Sport-Modus für Getriebe und Lenkung. Das Fahrwerk bietet ausreichend Komfort und ein bisschen Sportlichkeit. Der i30 rollt sanft über Gullideckel und Tramschienen, federt nicht zu weich und nicht zu straff. Auch mit komplizierteren Situationen kommt das Fahrwerk klar und gibt ausreichend Rückmeldung. Die Lenkung ist direkt genug, nicht nervös und gut gewichtet. Mehr braucht ein Kompakter in dieser Kategorie nicht zu bieten. Ausstattung/Preis: Günstig aber nicht billigBei 17.450 Euro startet der i30 in der aktuellen Generation. Allerdings fährt er da noch mit einem 1,4-Liter-Sauger mit 100 PS. Neue Turbos gibt es ab 19.700 Euro (1.0 T-GDI) und erst ab der zweiten Ausstattung Select. Unser 1.4 T-GDI kostet ab 22.350 Euro und bringt mindestens die mittlere Ausstattung Trend mit. Dafür gibt es schon einiges. Zum Beispiel eine ordentliche Sicherheitsausstattung mit aktivem Spurhalter, Müdigkeitswarner und City-Notbremse. Außerdem einen Tempomaten, Parkpiepser für hinten, Fernlicht-Assistenten, statisches Abbiegelicht, Radio mit Bluetooth, elektrische Fensterheber vorne und hinten sowie Klimaanlage. Bei VW zahlt man für einen 150-PS-Golf mit ähnlicher Serienausstattung und fünf Türen fast 3.000 Euro mehr. Der Opel Astra kostet rund 1.000 Euro mehr, der Ford Focus ist gut 1.000 Euro teurer. Bei Focus und Astra bleibt der Preisunterschied erhalten, wenn man sich in der Optionsliste bedient. Der Golf wird tendenziell teurer, je mehr Extras man einbauen lässt. Insgesamt bleibt der i30 günstig. Als Schnäppchen geht er aber nicht mehr durch. Fazit: Nur der Antrieb trübt das BildMan kann ihm nicht viel vorwerfen, diesem Hyundai der neuesten Generation. Wäre da nicht der unharmonische Antrieb, es gäbe kaum etwas zu kritisieren. Wer über die Anfahrschwäche hinwegfahren kann, findet im i30 ein solides Angebot. Raumangebot, Verarbeitung und Ausstattung sind auf der Höhe der Zeit, der Preis bleibt noch niedrig. Das klingt alles etwas langweilig und das ist es auch. Doch der VW Golf feiert mit Langeweile schon seit Jahrzehnten Zulassungserfolge. Hersteller und Käufer machen in der wichtigen Kompaktklasse nun mal ungern Experimente. Das macht sich bei Hyundai bemerkbar. Seit Ende Januar ist der neue i30 auf dem Markt, in den ersten drei Monaten des Jahres hat er sich mit einem Anteil von fast 22,8 Prozent wieder am SUV Tucson und am kleinen i10 vorbeigeschoben. Wir erwarten, das der Anteil künftig noch wächst. Technische Daten Hyundai i30 1.4 T-GDI
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