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Autohersteller tricksen bei Verbrauchsangaben - Spritverbrauch: Die Kluft zwischen Norm und Praxis

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Mit Tricks und Toleranzen verbessern Autohersteller zunehmend den Normverbrauch ihrer Autos. Das Ergebnis: Die Diskrepanz zu den tatsächlichen Werten ist so hoch wie nie.

Beim Spritverbrauch gehen die offiziellen Angaben und die tatsächlichen Werte weit auseinander. Das liegt nicht nur am Fuß des Fahrers Beim Spritverbrauch gehen die offiziellen Angaben und die tatsächlichen Werte weit auseinander. Das liegt nicht nur am Fuß des Fahrers Quelle: picture alliance / dpa

Berlin – Beim Spritverbrauch ist es wie beim Online-Dating: Jeder weiß, dass die Angaben frisiert sind. Doch wo hört Polieren auf und wo fängt Betrug an? Eine neue Studie des Forschungsinstituts ICCT (International Council on Clean Transportation) zeigt, dass die Kluft zwischen dem offiziellen und dem realen Verbrauch seit Jahren steigt und steigt: Von 2001 bis 2013 kletterte sie von 8 auf 38 Prozent. Dieser Wert kostet einen durchschnittlichen Autofahrer 450 Euro im Jahr.

Drei Gründe für den drastischen Anstieg

Am Messverfahren, dem "Neuen Europäischen Fahrzeugtest" (NEFZ), hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Das Gleiche dürfte für das Fahrverhalten der Kunden gelten. Woran liegt es also, dass die Differenz seit Jahren steigt?

Laut dem ICCT sind die Autohersteller schuld, da sie ihre Autos zunehmend für den NEFZ-Zyklus optimieren. Das heißt: Sie bauen kraftstoffsparende Technologien in die Autos, die unter Laborbedingungen Die Grafik des ICCT zeigt, dass vor allem seit 2007 die Verbrauchsangaben und der reale Spritverbrauch stark auseinander gehen Die Grafik des ICCT zeigt, dass vor allem seit 2007 die Verbrauchsangaben und der reale Spritverbrauch stark auseinander gehen Quelle: ICCT viel mehr Sprit sparen als auf der Straße (z. B. eine Start-Stopp-Automatik). Außerdem werden unzureichend definierte Aspekte und Toleranzen ausgenutzt.

Teilweise gehen die Hersteller noch weiter. Laut eines Berichts von „Spiegel Online“ gibt es Autos, deren Bordcomputer den Prüfvorgang erkennt und in einen besonders sparsamen Modus schaltet. Manche Hersteller kleben Türen zu oder bauen Teile aus, um die Aerodynamik zu verbessern und das Gewicht zu reduzieren.

Große Abweichungen bei Audi und Mercedes

Ein weiterer Grund für die wachsende Diskrepanz könnte nach Ansicht des ICCT die zunehmende Verbreitung von Klimaanlagen sein. Sie treiben im alltäglichen Einsatz den Verbrauch nach oben. Im Testzyklus bleiben sie jedoch abgeschaltet.

Die Hersteller wissen, dass die Angaben auf dem Papier nichts mit dem Verbrauch auf der Straße zu tun haben. Dennoch streben sie nach besonders niedrigen Angaben, um eine gute Umwelteinstufung zu bekommen und auf dem Papier mit ihren Wettbewerbern mithalten zu können. Auf Dauer könnte das jedoch die Glaubwürdigkeit der Hersteller schädigen.

Für die Untersuchung hat der ICCT nach eigenen Angaben die Daten von mehr als einer halben Million Fahrzeugen untersucht. Laut "Spiegel Online" sollen die Abweichungen bei Audi und Mercedes besonders hoch sein, gefolgt von BMW.

Neuer Zyklus ab 2017

Die Tricksereien der Hersteller könnten bald ein Ende haben. Im Jahr 2017 soll ein neues Messverfahren eingeführt werden, der WLTP-Zyklus. "Die neue Testprozedur wird eine Reihe der Probleme des heutigen Verfahrens beheben", so Studienautor Peter Mock. Alle Schlupflöcher können aber nicht geschlossen werden. Der WLTP kann Schwachstellen haben, von denen wir heute noch nichts ahnen. Deshalb fordern die Autoren der Studie, dass der Zyklus durch zusätzliche Maßnahmen ergänzt wird, zum Beispiel durch einen Test auf der Straße.

 

Quelle: Mit Material von dpa

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