VON CONSTANTIN BERGANDER Schon 1935 war er ein Vermögen wert: 15.000 Reichsmark kostete je einer der 29 gebauten Mercedes 500 K. Noch heute ist das Auto wertvoll, es sorgt sogar für einen Skandal. Wer so ein Auto sieht, der geht mit den Augen spazieren. Seine geschwungenen Kotflügel verschönern jede Landpartie, die Motorhaube scheint kein Ende zu finden und die Weißwandreifen auf filigranen Speichenfelgen zeugen von zeitloser Eleganz. Es verwundert also niemanden, dass dieser Mercedes im Februar 1935 der Stern der Automobil- und Motorrad-Ausstellung war. Denen, die mehr auf Benzin als auf Blechformen stehen, sei gesagt: 100 PS leistete 5,0-Liter-V8. Mit der zuschaltbaren Kompressoraufladung sogar 160 Pferdestärken. Der stolberger Unternehmer Hans Friedrich Prym konnte sich dem Charme des 500 K nicht entziehen. Er kaufte für 15.000 Reichsmark (umgerechnet 100.000 Euro) das metallic-grüne Ausstellungsexemplar. Doch lang währte die Freude über das fahrende Schmuckstück nicht. Das Chaos des Zweiten Weltkrieges zwang Prym dazu, seinen Pracht-Roadster zu verstecken. Spannend wird es jetzt: Denn nach dem Krieg war der grün-glänzende 500 K nicht mehr da, wo Prym ihn versteckt hatte. Er war weg, fort. Aber wohin? Auktion in Pebble Beach Wir wechseln Zeit und Ort. Pebble Beach, Kalifornien. Treffpunkt der schönen Reichen. Und denen, die es gerne wären. Im Jahr 2011 wird hier ein Mercedes 500 K auf einer Oldtimer-Auktion versteigert. Neben dem Zustand ist bei einem Oldtimer die Geschichte von hoher Bedeutung. Und die lautet wie folgt: Dieser Mercedes wurde 1945 von einem deutschen Unternehmer namens Prym verkauft, dann verschwand er. Erst in den 1970er Jahren tauchte er in der Sammlung von Generalmajor William Lyon auf, erstaunlicherweise in einem bemerkenswert guten Zustand. Sogar der originale Lack war noch erhalten. Trotzdem wurde er umlackiert. Heute unterstreicht ein kräftiger Rot-Ton die eleganten Linien des Roadsters. Der holländische Sammler Frans van Haaren bot so viel, dass er den Zuschlag erhielt: Für knapp 3,8 Millionen Dollar wechselte der 500 K (rund 2,8 Millionen Euro) erneut den Besitzer. Soweit die Geschichte, die Pryms Enkel Michael im Gespräch mit MOTOR-TALK korrigiert: Die US-Armee nutzte das Privathaus seines Großvaters Hans Prym als Hauptquartier. Der Wagen parkte mehrere Kilometer entfernt in einer Garage nahe dem Firmengelände. Prym fürchtete wie viele Industrielle die Enteignung. In den Wirren rund um das Kriegsende, also in den frühen Monaten des Jahres 1945, verschwand der Roadster plötzlich. Recherchen, das Schmuckstück wieder aufzufinden, verliefen ergebnislos. „Mein Großvater hat den Mercedes 500 K nicht verkauft. Im Gegenteil, er trauerte ihm mit viel Emotion nach“, erinnert sich Michael Prym. Pryms Ehefrau, Andrea Prym-Bruck, ist verantwortlich für das Firmenarchiv. Über das Internet wurde sie auf die Auktion in Pebble Beach aufmerksam. Unerwartet tauchte der Mercedes dann auf der diesjährigen „Techno Classica“ zwischen dem 21. und 25. März in Essen auf. Anhand von Fahrgestell- und Motornummern konnte dieser zweifelsfrei als jener identifiziert werden, den Hans Prym 1935 erwarb. Michael Prym ließ ihn für die Erbengeneration am 24. März beschlagnahmen. Aus seiner Sicht handele es sich um "Beutekunst auf Rädern". Urteil Ein Hamburger Gericht folgte dieser Theorie und sprach den Mercedes jetzt den Prym-Erben zu – zunächst in erster Instanz. Der Sammler Van Haaren wird das wahrscheinlich nicht so hinnehmen und in Berufung gehen. Schließlich hat er das Fahrzeug rechtmäßig und teuer erworben. Die Rechtslage ist kompliziert, der mutmaßliche Diebstahl liegt 67 Jahre zurück. Wie es weitergeht? Wir halten Euch auf dem Laufenden.
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 19.06.2012
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