Was kommt dabei heraus, wenn Deutsche sich an Englands Ikonen vergreifen? Im Fall Bentley ein SUV aus VWs Anabolika-Bude, wie geschaffen für Fußballprofis und Ölscheichs.
Ein Kommentar von Björn Tolksdorf Zugegeben, wenn man zu viele Marketingtexte liest, dann rauscht einem schon mal etwas durch. Im Hirn bleiben all die Werbefloskeln ebenso wenig hängen wie das Nudelwasser im Nudelsieb. Die Nudeln sind es die wir wollen. Harte Fakten, die Essenz des jeweiligen Dings. Wenn dieses Ding der neue Bentley Bentayga ist – ein Superlativ-SUV, das ziemlich schnell fährt, wenn man nur genug Benzin hineinkippt – dann streikt das Hirn und will selbst daran vorbeirutschen. Es mag nicht zur Essenz dieses Etwas vordringen, denn schön ist es dort nicht. Der Bentayga ist ungefähr so sympathisch wie Atomkraft, Walfang oder Colin Powells UN-Rede vom 5. Februar 2003. Nämlich gar nicht. Das wird man wohl noch sagen dürfen: Wer ein SUV von 5,14 Meter Länge, 2,24 Meter Breite und einem Gewicht von 2,5 Tonnen (plus Freundin) als Ressourcenverschwendung bezeichnet, der hat Recht. Ein Normverbrauch von 13,1 l/100 km ist das eine, das viele Blech ist das andere. Wie viele Lada Taiga hätte Avtovaz daraus wohl gestanzt. Der Bentley für die junge ZielgruppeWo wir gerade bei Blech sind: Bentley-Chef Wolfgang Dürheimer plant nach dem Vorbild des Designunfalls Mercedes GLE Coupé eine Coupé-Version seines Villenviertel-Godzilla. „Bentayga sport coupe is being developed to attract younger buyers“, heißt es in einem angesehenen amerikanischen Fachblatt. Quelle: CONCAVO WHEELS via flickr.com; changes made: golden paint (CC BY 2.0) „Junge Käufer“ sollen künftig also einen Bentayga kaufen. Wegen Spaß und Lifestyle und so, sicher nicht wegen des Kofferraumvolumens von 431 Litern. Gefallen könnte das Leuten wie dem zehnt-unbeliebtesten Fußballprofi der britischen Premier League aller Zeiten, El Hadji Diouf. Mit 35 Jahren klar ein „younger buyer“ und absolut Zielgruppe: In seiner Zeit bei den Blackburn Rovers besaß er einen goldlackierten Cadillac Escalade. Stil geht anders, aber so geht es auch – und rund 200.000 Euro + X hätte Diouf sicher auch übrig. Aber mal ehrlich: So ein Bentley hat ohnehin schon ein Problem. Da kaufte sich Volkswagen die Traditionsmarke Rolls-Royce samt Stammwerk in Crewe. Musste aber den Markennamen samt Emily, das wertvollste an dem Deal neben Stempelsatz und Siegelring von Henry Royce, BMW überlassen. Sehen so Sieger aus? Man sieht an Synchronisierungen von Mr. Bean und Monty Python, was herauskommt, wenn sich Deutsche einen britischen Klassiker vornehmen. Übler Klamauk. Was bei Bentley passierte, war noch viel schlimmer. VW machte aus dem Stolz Britanniens eine Anabolika-Bude. Bentley, die Marke der Königin, baut absurde Leistungsmonster, die Geradeausfahr-Rekorde auf Salzseen aufstellen. Hauptsache schnell, hauptsache teuer. 2018 wird es nachhaltigWenig überraschend, gab Bentley 2012 den Rest seiner Würde auf und den Wünschen der Scheichs und Fußballstars nach. Die wollten ein richtig dickes SUV, einen Cadillac Escalade in teuer, sozusagen. VW lieferte. Bloß nicht fragen, was drunter steckt: Eine Audi-Plattform, schnöder modularer Längsbaukasten, bald auch in Cayenne und Touareg zu haben. Und ein VW-Motor, nicht einmal der Größte, den sie haben. Sowie Bremsen, die der Power von 2,5 Tonnen und 608 PS schlicht nicht gewachsen sind. Muss man halt nicht so schnell fahren, außer auf dem Salzsee. Und: Kann man mit einer Uhr kaschieren, die 150.000 Euro kostet. „2017 kommt zum ersten Mal bei Bentley ein Diesel“, verspricht Bentley außerdem. Und ein Hybridantrieb. Das wird nachhaltig. Übrigens: Unter dem Markennamen Lamborghini will VW noch ein zweites SUV für diejenigen bauen, denen ein Touareg zu billig ist. Seit man nicht mehr „Das Auto“ baut, ist man eben für die Menschen da. Zumal die ersten 4.500 Bentayga ausverkauft sind. Und was soll die andere Hälfte der oberen Zehntausend schließlich sonst fahren. |