Noch vor VW bringt Ford Mitte 2013 ein Elektroauto nach Europa. Auf verregneten Brandenburger Landstraßen machte der Focus Electric Spaß; Aber überzeugt das Gesamtpaket?
Vor der Fahrt mit dem elektrischen Focus stellte ich dem Ford-Experten eine einfache Frage: „Wie verkauft er sich denn so in den USA?“ Ford-Mann Roland Krüger lächelt nur. Seine undankbare Aufgabe: Den Ford Focus Electric promoten. Die Botschaft ist klar: Ford kann Elektroautos bauen. Aber sie erfolgreich verkaufen? Da machen sich die Kölner keine Illusionen: Mit dem Focus Electric werden sie das nicht schaffen. Der Focus Electric ist zuerst ein FocusQuelle: Ford Europa Zum Angeben (und um elektrische Avantgarde zu demonstrieren) eignet sich der Ford gar nicht: Jeder Prius fällt mehr auf. Von außen erkennt man den Ford Focus Electric nur am großen Chromgrill. Der lehnt sich optisch an den neuen Mondeo und Fiesta an. Unser Testwagen stammt nicht aus Saarlouis, sondern aus Wayne, Michigan. Abgesehen vom Meilentacho ein vertrauter Focus. Einzige Ausnahmen: Eine zusätzliche Stufe namens „L“ in der Automatik-Schaltkulisse und Stromer-spezifische Anzeigen. Das Batteriepack ruiniert und minimiert den Kofferraum: Einige Sechserpacks könnten mitfahren, Wasserkisten nicht. Schmetterlinge im DisplayDer Focus erwacht lautlos und mit viel Lichtspiel zum Leben. Schön ist die Verbrauchs- und Reichweitenanzeige: Sinnvolle Informationen, übersichtlich dargestellt. Steht ein Minus neben dem Ladestand, verbrauche ich mehr Strom, als ich müsste. Bin ich im Plus, flattert rechts zur Belohnung ein digitaler Schmetterling vorbei. Elektropioniere sind eben Naturfreunde. Das Beste: Er fährt sich auch wie ein FocusDas Schönste am Focus Electric ist, dass er sich genau wie ein Focus fährt. Das erforderte Feintuning am Fahrwerk, immerhin wiegt der Stromer etwa 300 kg mehr. Mit Erfolg: Er liegt ähnlich sicher auf der Straße, zirkelt mit der gut abgestimmten elektrischen Servolenkung ähnlich präzise um die Ecken wie seine Fließbandbrüder. Nur der Motor bleibt mucksmäuschenstill. Quelle: Ford Europa Den kräftigen Schub vieler anderer Elektrofahrzeuge findet man im Focus nicht: Die Gasannahme überrascht mit Zurückhaltung, wirkt eher wie bei einem mittelkräftigen Diesel. Das fährt sich komfortabel, und immer noch zügig. Und was kann die Fahrstufe „L“? Im Leerlauf schaltet sie die Motorbremse zu, so dass mehr Energie zurück gewonnen wird. Prius-Fahrer kennen das und wissen es auf Gefällestrecken zu schätzen. Wo ist das Argument für den Focus Electric?Der Ford Focus Electric fährt exzellent und könnte mit dieser Qualität den kleinen Elektroauto-Markt aufmischen. Er könnte – aber er wird es schwer haben. Ford ist froh, dass der deutsche Focus Electric vom selben Band in Saarlouis rollen kann wie sein konventioneller Bruder. Lohnen würde sich eine eigene Produktionsstraße wohl nicht. Quelle: Ford USA Wo ist der Fortschritt, wo ist das Argument für dieses Auto? Der Ford fährt nicht schneller und nicht weiter als die Konkurrenz. Er kostet in den USA 39.200 $ (30.217 €), etwa 4.000 $ mehr als der größere Nissan Leaf - der auch einen Wochenendeinkauf einladen kann. Einen deutschen Preis gibt es noch nicht, dafür bietet Ford zum Focus bald eigenen Ökostrom an. Auf dem Dach des zentralen Ersatzteillagers in Köln-Merkenich steht seit Neuestem eine 22.000 Quadratmeter große Solarstromanlage. Genug Strom für rund 460 Elektro-Focus; es wird wohl eine Weile reichen. Technische Daten Ford Focus Electric
Hinweis: Die gezeigten Bilder sind nicht beim Fahrtermin entstanden und zeigen ein anderes Fahrzeug. Quelle: MOTOR-TALK |