England 2012, das ist Olympia: riesig, das Queen-Jubiläum: gewaltig, James Bond: bombastisch. Und der neue Range: federleicht. Wir pflügten damit die Wüsten Marokkos.
Marrakesch - Zu Beginn ein offenes Wort: Ich bin 163 Zentimeter klein und vor mir steht ein Typ zum Aufschauen. 1,84 Meter hoch, herrschaftlich, feudal. Wenn der kleinere Evoque eine Blechburg ist, dann bin ich ein Burgfräulein, und der Range ist ein Schloss. Für Wüsten, Berge, Straßen und Flussbetten. Einsteigen. Hoch hineinEin Schloss zu betreten ist leicht, es grazil zu tun nicht. Zwar war Land Rover so nett, die Schwelle um zwei Zentimeter zu verringern. Aber Damen meiner Größe müssen den Fahrersitz trotzdem erklimmen. Im Inneren riecht es so gut wie es aussieht. Dunkles Holz trifft helles Leder und beides trifft meinen Geschmack. Nun lässt sich über eben diesen vortrefflich streiten, allerdings nicht mit mir und erst Recht nicht mit Land Rover. Denn wie es in dieser Luxusklasse angemessen erscheint, kann der Range in sehr, sehr vielen Farb-Leder-Holz-Kombinationen geordert werden. Die Auswahl ist riesig, die Wahrscheinlichkeit winzig, dass ein Range zweimal identisch gebaut wird. Und wie schön es hier aussieht. 50 Prozent weniger Schalter bedeuten mehr Ordnung und noch viel mehr Fläche, um Leder und Holz einsetzen zu können. Ja, fein fühlt sich dieser Range an. Viel feiner als manche Luxuslimousine aus dem südlichen Deutschland. Viele Funktionen werden im neuen Range über einen 8-Zoll-Touchscreen bedient. Das schafft nicht nur Ordnung, sondern Räume. Allein das Getränkefach in der Mittelkonsole fasst und kühlt vier 0,5-Liter-Flaschen. Weniger spektakulär, aber um so wichtiger: Der Laderaum schluckt 909 Liter und kann ohne Mitfahrer auf der Rückbank auf 2.030 Liter erweitert werden. Klar, dass die Anhängerkupplung elektrisch ein- und ausfährt und unverändert 3,5 Tonnen zieht. In die Wüste geschicktDer Range und ich pflügen zu Beginn durch den feinen Sand der Wüste am Rande von Essaouira. Zwölf Meter hohe Dünen türmen sich vor uns auf. Mein Blechschloss lässt das unberührt. Das Fahrprogramm auf „Sand“ gestellt, rutscht, rollt und fährt der Riese nahezu selbstständig über die weichen, wegfließenden Sandkuppen. Wüstendünenfahren bedeutet auch Vertrauen zwischen Mensch und Maschine schaffen. Die Düne hoch gebe ich Vollgas, die Düne runter, 60 Grad steil abfallend, übernimmt der Range. Für mich heißt das: Loslassen, Fuß vom Gas, Fuß von der Bremse. Der Range bremst dosiert allein. Ein wunderbares Gefühl. Der Range kann noch viel mehr, denn er hat eigene Abstimmungen für Gras/Schotter/Schnee, Schlamm und Felsen. Die Elektronik richtet alle wichtigen Komponenten auf die jeweilige Aufgabe aus. Motor, Getriebe, Mitteldifferenzial, Assistenz- und Fahrwerkssysteme. Wer in all diesem Überfluss noch zu bequem ist, den Schalter zu bedienen, der kann sich den Wagen gleich im Auto-Modus liefern lassen. Dann analysiert und erkennt der Range selbst, auf welchem Belag er gerade genutzt wird und passt die Technik dem Untergrund an. Das kann auch nachts im Dschungel hilfreich sein. Die Liste der weiteren Systeme strengt schon beim Lesen an: An- und Abfahrhilfe, Bremskraft-Entriegelungssteuerung, Stabilitätskontrolle, Traktionskontrolle und Wankneigungssteuerung. Sie erleichtern dem Fahrer das Leben aber ungemein. Und tun das mit bester britischer Zurückhaltung, diskret im Hintergrund. Stark angetrieben, stark abgenommenWer Extremsport betreibt, braucht Kraft. Die liefert im Range Rover ein 5,0-Liter-V8-Kompressor mit 510 PS, ein 3,0-Liter-Sechszylinderdiesel mit 258 PS oder ein 4,4-Liter-Achtzylinderdiesel mit 339 PS. Übertragen wird die Kraft von einer ZF-Achtstufen-Automatik. Noch bis Ende 2013 ergänzt eine Hybridversion das Portfolio. Eine Weltneuheit in dieser Klasse beschert dem Range sein Weltklasse-Gewicht. Eine Monocoque-Karosserie aus Aluminium hilft, einen Großteil der 420 Kilogramm loszuwerden, die der neue Range gegenüber dem alten eingespart hat. Diese neue Leichtigkeit führt zu einem Verbrauch, der diesmal nur die Konkurrenz schlucken lässt. 7,5 Liter sind es pro 100 Kilometer (CO2: 196 g/km). Ältere Range-Fahrer werden sich die Tränen aus den Augen reiben und die 1 suchen, die früher vor diesem Wert stand. Der GipfelSzenenwechsel: Leicht und beschwingt steuere ich den Range gen Gipfel. Das Atlasgebirge kennen die meisten aus dem Erdkundeunterricht. Der Range aus der Erprobung. Mit der Einstellung auf „Felsen“ klettern wir zusammen über eben diese. Was aufregend klingt, wird für mich zur Mutprobe. Wir rollen über bescheidene Schotterstraßen, steinige Serpentinen und geröllverwüstete Gebirgsgrate. Rechts und links von meinem aufsteigenden Blechschloss fällt das Gelände steil hundert Meter in die Tiefe. Meter für Meter arbeitet sich mein Extremkraxler nach oben, bis auf knapp 3.000 Meter. Mit seiner verbesserten Luftfederung kann die Grundbodenfreiheit von 22 Zentimetern um 40 oder 75 Millimeter erhöht werden. Im Offroadmodus kommt man so auf eine Bodenfreiheit von knapp 30 Zentimetern. Bisher konnten nur 55 Millimeter dazu gegeben werden. Das neue Fahrwerk erlaubt längere Federwege. Vorne stehen 260 Millimeter zur Verfügung, hinten 310. Leichter hat noch kein Range schwere Strecken bewältigt. Der fürs ExtremeMan muss Range Rover nicht mögen. Aber wenn man mit einem gefahren ist, fällt es verdammt schwer, es nicht zu tun. Er ist ein Auto für Abenteurer. Für Menschen, die einen kraftvollen, komfortablen, luxuriösen und zuverlässigen Begleiter suchen. Für die Abenteuer des Lebens. Für die Fahrt zum Reitstall. Zur Oper. In den Bayerischen Wald oder die Wüste Gobi. Oder einfach nur zum Bäcker. Klitzekleiner Stolperstein: Um mir dieses Schloss von einem Auto vor meine Hütte zu stellen, müsste ich (und die meisten, die ich kenne) auf recht abenteuerliche Weise Geld besorgen. Er kostet mindestens 89.100 Euro. Die ersten Modelle rollen Anfang 2013 nach Deutschland. Der neue Range Rover - Technische DatenDer Sparsamste: Range Rover 3.0 TDV6 Turbodiesel
Der Stärkste: Range Rover 5.0 V8 Supercharged Benziner
Quelle: MOTOR-TALK |