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VW Abgas-Skandal: Auch CO2 und Verbrauch manipuliert - Viele "BlueMotion"-Modelle betroffen

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Der VW-Abgas-Skandal eskaliert. Hunderttausende VW könnten mehr CO2 ausgestoßen und damit mehr Sprit verbraucht haben als vom Hersteller angegeben.

Unfassbar, was in Wolfsburg bei der Aufklärung der Abgasaffäre schief läuft. Jetzt kommt heraus, dass der Konzern an sehr viel mehr Autos manipuliert haben soll als erwartet Unfassbar, was in Wolfsburg bei der Aufklärung der Abgasaffäre schief läuft. Jetzt kommt heraus, dass der Konzern an sehr viel mehr Autos manipuliert haben soll als erwartet Quelle: DPA/ Picture Alliance

Wolfsburg - VW musste am Dienstagabend nach Manipulationen bei Stickoxid-Werten auch Unregelmäßigkeiten bei CO2-Werten einräumen. Es gehe hauptsächlich um Dieselfahrzeuge, aber auch um eine geringe Anzahl von Benzinern. Damit erreicht der Abgas-Skandal eine neue Dimension.

Update: Volkswagen hat inzwischen betont, dass die Unregelmäßigkeiten bei CO2- und Verbrauchsangaben nicht durch technische Hilfsmittel verursacht wurden. "Es geht um Werte, die einfach zu niedrig angegeben wurden", sagte ein Konzernsprecher am Mittwochabend in Wolfsburg. Dieser Darstellung widersprach ein VW-Sprecher am Freitag in einer aktualisierten Stellungnahme.

Unter den betroffenen Autos seien viele Modelle mit dem Label "BlueMotion", mit Volkswagen Fahrzeuge als besonders schadstoffarm vermarktet. VW hatte am Dienstag eingeräumt, dass es auch bei Verbrauchs- und CO2-Werten Unregelmäßigkeiten gibt, davon sind nach derzeitigem Stand rund 800.000 Autos ab Baujahr 2012 betroffen.

Update 18:00 Uhr: VW stoppt Verkauf von 3,0-Liter-Diesel in USA

Nach Porsche haben auch VW und Audi den Verkauf von 3,0-Liter-Dieselmotoren in den USA gestoppt. Die US-Umweltbehörde EPA hatte den Konzern beschuldigt, auch in diesen Motoren eine Software einzusetzen, die Emissions-Messwerte manipuliere. VW bestreitet die Vorwürfe bisher.

Update 17:00 Uhr: 98.000 Benziner betroffen

Unter den 800.000 Fahrzeugen mit falschen CO2-Werten bei Volkswagen sind nach Angaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt auch 98.000 Benziner. Das habe der Konzern mitgeteilt, sagte der CSU-Politiker.

Damit Autobesitzer von drohenden höheren Steuerzahlungen verschont bleiben, bereitet die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung vor. VW habe auf eine Aufforderung hin zugesagt, umgehend ein Kundenzentrum als Anlaufstelle einzurichten.

Unterdessen warnte der Verband der Automobilindustrie (VDA) davor, die Branche pauschal zu verdächtigen: "Es besteht kein Anlass, die ganze Branche unter Generalverdacht zu stellen", sagte Verbandspräsident Matthias Wissmann am Mittwoch in einer Stellungnahme. Aus Sicht des VDA deute die Affäre bei VW nicht auf ein generelles Diesel- oder Benzinproblem.

Muss VW Schadensersatz leisten?

"Wenn VW mit niedrigen Abgas- und Verbrauchswerten geworben hat und Kunden sich deshalb für ein bestimmtes Auto entschieden haben, dann könnte Betrug als Tatbestand vorliegen", erklärt der Jurist Thomas Rüfner von der Universität Trier. Kunden könnten dann mit Schadenersatzklagen Erfolg haben, wenn das Auto wegen dieses Betrugs weniger wert sei. "Um Mehrkosten wegen eines höheren Spritverbrauchs geltend zu machen, könnten Kunden wegen einer sogenannten vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung klagen", erläutert Rüfner.

Als wäre das alles nicht genug, muss Volkswagen in den USA etwa 91.800 Wagen wegen Problemen mit den Bremsen zurückrufen. Betroffen seien Beetle, Golf, Jetta und Passat der Modelljahre 2015 und 2016 mit 1,8- und 2,0-Liter-Benzinmotoren, teilte der Autohersteller mit. Bei einigen Fahrzeugen bestehe die Gefahr, dass es wegen mechanischer Mängel zu Druckverlust für die Versorgung der Bremsen komme, wodurch das Unfallrisiko steige.

Update 15:12 Uhr: VW drohen Strafen der EU

Volkswagen drohen wegen CO2-Falschangaben EU-Strafen. Bevor die EU-Kommission über mögliche Geldbußen entscheide, müssten aber die Fakten geklärt werden, erklärte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde am Mittwoch: "Wir müssen unverzüglich klären, welche Art von CO2-Unregelmäßigkeiten gefunden wurde, was sie ausgelöst hat, welche Autos betroffen sind, wo sie zugelassen wurden und welche Maßnahmen die Gruppe ergreifen wird“, sagte die Sprecherin.

Seit 2012 gibt es für die Autohersteller CO2-Grenzwerte, die sie im Durchschnitt ihrer gesamten Flotte einhalten müssen. Andernfalls drohen Strafzahlungen. Zur aktuellen Entwicklung bei VW erhoffte die EU-Kommission sich mehr Informationen von einem Treffen mit Vertretern nationaler Genehmigungsbehörden am Donnerstagnachmittag.

Update: Dobrindt: Keine Steuernachzahlungen für Kunden

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt glaubt nicht, dass VW-Kunden wegen zu niedriger Verbrauchsangaben Kfz-Steuern nachzahlen müssen. "Ich gehe davon aus, dass man eine Lösung findet, die den VW-Kunden nicht belastet", sagte Dobrindt in Berlin. Er sehe VW in der Pflicht, "dafür zu sorgen, dass bei diesen Fragen weder Mehrkosten noch Arbeitsaufwand auf die Kunden zukommen". Dennoch ist für den Minister klar: "Das wird ein Steuerthema werden".

VW müsse nun unter Aufsicht des Kraftfahrtbundesamts neue Prüfwerte erstellen. Zudem seien Untersuchungen der laufenden Serien aller aktuellen VW-Autos angeordnet worden. Erst dann könnten mögliche Auswirkungen auf das Erreichen von Klimazielen eingeschätzt werden.

Update 14:15: KBA prüft Hintergründe

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) will die Hintergründe zu VWs Mitteilung über Schummelei beim CO2-Ausstoß prüfen. "So etwas darf natürlich nicht sein", sagte ein Sprecher der Behörde: "Geltendes Recht ist anzuwenden und es gilt für alle in gleicher Weise." Wie lange die Prüfung dauern wird, könnte er nicht sagen. Nun fänden Gespräche dazu mit VW statt. Die Behörde befände sich „in einer Phase des Erkenntnisgewinns."

Die Messung des CO2-Ausstoßes führen externe technische Dienste durch. Dazu gehören unter anderem TÜV, Dekra und ADAC. Von welchem Dienstleister die Gutachten zu den betroffenen Modellen erstellt wurden, konnte der Sprecher nicht sagen.

Update 13:15: CO2-Abweichung kann teurer als NOx-Schummel werden

Die neuen Hiobsbotschaften schickten die Vorzugsaktie der Wolfsburger am Mittwoch abermals auf eine Talfahrt. Das Papier sackte nach dem Handelsbeginn in Frankfurt zeitweise um mehr als 10 Prozent ab. Die Unregelmäßigkeiten auch bei den Kohlendioxidwerten könnten den Autobauer noch teurer zu stehen kommen als die Abweichungen bei den Stickstoffwerten, schrieb Analyst Alexander Haissl in einer Studie vom Mittwoch.

Die Ungewissheit sei im Aktienkurs keineswegs eingepreist. Bisher vernichtete der VW-Skandal einen Börsenwert von rund fast 24 Milliarden Euro, undgefähr ein Drittel des Unternehmenswertes. VW schätzt die Kosten aus den neuerlichen Enthüllungen auf zunächst zwei Millarden Euro. Beobachter rechnen eher mit der doppelten Summe.

Update 11:00

Die CO2-Problematik betrifft hauptsächlich Europa. Dennoch wollte sich VW nicht darauf festlegen, dass das neue Thema für die USA irrelevant sein könnte. Betroffen seien überwiegend Fahrzeuge mit Dieselmotoren von 1,4-, 1,6- und 2,0- Liter Hubraum. Es gehe um Autos der Typen Polo, Golf und Passat, sagte ein VW-Sprecher auf Anfrage. Bei der VW-Tochter Audi seien A1- und A3-Modelle betroffen.

"Spiegel Online" zitiert einen VW-Sprecher: Die Fahrzeuge hätten im Test nicht die Grenzwerte erreicht, die für die Typgenehmigung erforderlich seien.

Bei Skoda gehe es um den Octavia und bei Seat um den Leon und den Ibiza. Außerdem geht es um VWs 1,4-Liter-Benziner mit Zylinderabschaltung im Polo. Nach Angaben von Automotive News beträgt die Abweichung in einigen Fällen 10 bis 15 Prozent. Ein Rückruf sei nicht erforderlich, da es sich um kein technisches Problem handele. Alle Aggregate stammen einem Sprecher zufolge aus dem Wolfsburger Stammhaus von VW.

800.000 zusätzliche Autos betroffen

In dem neuen Fall geht es um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) - und damit um den Spritverbrauch. "Nach derzeitigem Erkenntnisstand können davon rund 800.000 Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns betroffen sein", heißt es in einer VW-Mitteilung vom Dienstagabend in Wolfsburg. Der Autokonzern bezifferte die wirtschaftlichen Risiken in einer ersten Schätzung auf rund zwei Milliarden Euro.

VW will sich nun schnellstmöglich mit den zuständigen Zulassungsbehörden über die Konsequenzen abstimmen.

VW-Chef Matthias Müller versprach erneut eine "schonungslose" Aufklärung. "Dabei machen wir vor nichts und niemandem Halt. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber er ist für uns ohne Alternative." Der Aufsichtsrat reagierte in einer Mitteilung "mit Betroffenheit und Sorge" auf die neue Dimension. Nach dpa-Informationen wird sich die Aufsichtsratsspitze spätestens an diesem Sonntag treffen, der komplette Aufsichtsrat dann am Montag.

Ob Müller überhaupt als Vorstandsvorsitzender zu halten sein wird, bezweifeln Experten wie der Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer. Denn der vormalige Vorstandsvorsitzende der Porsche AG müsste in dieser Funktion von einigen Schummeleien gewusst haben. Hat er das, dann wäre er so wenig tragbar wie der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn.

Weitere 2 Milliarden Euro Rückstellungen

Bisher ging es in dem Abgas-Skandal um Stickoxid (NOX). Im September hatte das Unternehmen eingestanden, bei Abgastests auf dem Prüfstand mit Softwarehilfe die Ergebnisse für Dieselmotoren manipuliert zu haben. Die Software schaltet in Testsituation in einen Sparmodus. In diesem Zusammenhang musste VW bereits 6,5 Milliarden Euro zurückstellen.

Im Rahmen der derzeit laufenden Überprüfungen aller Prozesse und Abläufe bei Dieselmotoren ist laut VW aufgefallen, dass bei der CO2-Zertifizierung einiger Fahrzeugmodelle zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden.

Kohlendioxid (CO2) ist zwar unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Treibhausgas und wesentlich für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Die CO2-Grenzwerte sind in der EU in den vergangenen Jahren verschärft worden. Fraglich ist nun, ob VW bei der Flotte die CO2-Grenzwerte überschritten hat.

Was passiert mit der Kfz-Steuer?

Die neue Dimension des Abgas-Debakels könnte für Volkswagen und seine Kunden mögliche Folgeprobleme haben. So hängt hierzulande die Höhe der Kfz-Steuer für jüngere Pkw mit Erstzulassungsdatum ab 1. Juli 2009 auch am Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Autos mit niedrigerer CO2-Emission sind steuerlich günstiger als Autos mit einer höheren. Damit steht das Risiko im Raum, dass durch die Abgas-Manipulationen Kfz-Steuern für Autos aus dem VW-Konzern zu niedrig festgesetzt worden sind.

Die Grünen sehen nun auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Zug. "Angesichts der Dimension des Skandals und dem damit verbundenen Schaden für die gesamte deutsche Automobilbranche reicht es nicht mehr aus, Aufklärung als Show zu simulieren", sagte der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur. Dobrindt müsse klare politische Regeln und Kontrollen durchsetzen, um die Autobranche vor sich selbst zu schützen. "Wir brauchen endlich umfassende Transparenz und Tests auf der Straße durch eine unabhängige europäische Behörde."

Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, erklärte: "Offenbar hat VW bei der Ermittlung des Spritverbrauches illegale Techniken angewendet, um ihn nach unten zu korrigieren." Die ganze Wahrheit müsse jetzt auf den Tisch. Nötig seien zudem endlich schlagkräftige staatliche Stellen, die auch die Angaben der Hersteller nachprüfen dürfen und können. Bisher sei das nicht der Fall.

Lest hier mehr zum VW-Abgas-Skandal.

Quelle: DPA

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