Der Ölpreis befindet sich im freien Fall, und damit ist Sprit billig wie lange nicht. Das ist gut für die Autofahrer, aber: Bleibt das so? Und woran liegt das überhaupt?
Berlin – Vor zweieinhalb Jahren stöhnten die Autofahrer noch unter „italienischen Verhältnissen“. Spritpreise auf Rekordhoch, hieß es damals. Längst vergessen. Heute sind die Preise für Benzin und Diesel nachgiebig wie deutsche Markenbutter in der Julisonne. Mancher fragt: Woran liegt das eigentlich? Und alle wollen wissen: Bleibt das so? Nein, bleibt es nicht. Das sagt der US-Präsident Barack Obama. Sein Land ist derzeit der größte Ölförderer der Welt. „Für die Konsumenten ist es toll, wenn der Ölpreis sinkt“, sagte Obama im im Interview mit der Zeitung „Detroit News“. Der Ölbedarf aufstrebender Staaten wie China und Indien werde mittelfristig schneller wachsen als die Versorgung. Daher, so Obama, bleibt Benzin nicht so billig. Steuern sinken nicht mitQuelle: dpa/Picture Alliance Seit dem Sommer 2014 sank der Ölpreis um mehr als 50 Prozent, ein Barrel Öl kostet keine 50 Dollar mehr. An den Tankstellen fiel der Preis nicht so stark, denn weniger als 40 Prozent des Abgabepreises an Tankstellen basiert auf den Produktkosten – dem Anteil des Rohölpreises am Endpreis. Die Mineralölsteuern sinken nicht mit. „Die Kombination aus zu großen Fördermengen und einer sinkenden Nachfrage ist der Grund für den enormen Preisverfall“ sagt Klaus Mapara, Herausgeber der Benzinpreis-App EnerQuick. Für seine Branche bedeutet der billige Sprit wenig Freude, denn wo eine Tankfüllung rund 10 Euro billiger ist als vor einem halben Jahr, wird deutlich weniger verglichen. Fracking ist schuldWarum aber wird derzeit so viel Öl gefördert? „Schuld“ sind die USA, die im großen Stil in das ökologisch hoch umstrittene Fracking eingestiegen sind. Das Land konnte damit seine Produktion in den letzten Jahren fast verdoppeln. Dies brachte die Preise ins Rutschen. In solchen Situationen haben die in der OPEC organisierten arabischen Ölländer in der Vergangenheit ihre Förderung gedrosselt, um die Preise zu stabilisieren. Diesmal nicht: Im November 2014 beschloss die OPEC, die aktuelle Förderquote beizubehalten, und weiter sinkende Preise in Kauf zu nehmen. Damit setzt die OPEC die Fracking-Firmen unter Druck. „Die (Saudi-Arabien) verteidigen ihre Marktanteile“, zitiert das ARD-Magazin „plusminus“ den Experten Tom Watters von Standard & Poors. Die Fracking-Gesellschaften haben einen klaren Nachteil gegenüber den Golfstaaten: Ihre Fördermethode ist teuer und rechnet sich nur bei einem hohen Ölpreis. Wie hoch der genau sein muss, sagen die US-Ölfirmen nicht – Experten rechnen mit etwa 70 bis 80 Dollar pro Barrel. Fracking-Firmen überschuldetQuelle: dpa/Picture Alliance Die Fracking-Firmen verbrennen bei den aktuellen Ölpreisen also mit jedem verkauften Schluck Öl Geld. Ihre Liquidität sinkt, ihre Schulden steigen. Denn Fracking erfordert permanenten Kapitalzufluss für neue Bohrungen. Nach Angaben der amerikanischen Energiebehörde ist die Branche bereits mit 430 Milliarden US-Dollar verschuldet. Schulden, die sie ohne Gewinne nicht mehr bedienen kann. "Die Saudis spielen die Sache exzellent. Sie haben abgewartet, bis sich unsere Fracking-Firmen überschuldet haben - und jetzt wird der Markt bereinigt“, sagt Watters gegenüber „plusminus“. Mit anderen Worten: Die Ölblase wird nach Ansicht der Experten eher früher als später platzen. Die Opfer des Preiskriegs der Ölförderländer werden amerikanische Fracking-Unternehmen sein. Denn saudisches Öl ist erstens viel billiger in der Förderung, und zweitens verfügen die Golfstaaten über fast unbegrenzte finanzielle Reserven. Genießen und sparenBis die Blase platzt, können sich die Privatverbraucher wie Wirtschaftsbetriebe über die niedrigen Energiekosten freuen. „Die Leute sollten das genießen und sparen – oder, noch besser, für lange aufgeschobene Anschaffungen ausgeben“, empfiehlt Barrack Obama seinen Bürgern im Interview mit den „Detroit News“. Insgesamt könne die Weltwirtschaft durch das billige Öl um 0,8 Prozent wachsen, sagt Dr. Leon Leschus vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut gegenüber „plusminus“. Das bedeutet mehr Jobs, höhere Gehälter – aber mittelfristig auch einen höheren Ölbedarf, und damit wieder steigende Preise. Der nächste Spritpreis-Rekord kommt bestimmt, aber hoffentlich nicht so bald. |