In den USA müssen Autohersteller regelmäßig die Verbrauchsangaben ihrer Autos korrigieren. In Deutschland könne das nicht passieren, sagt die Autoindustrie.
Berlin – Zwischen schöner Theorie und grauer Realität liegt beim Spritverbrauch meist mehr als ein Weizenglas. Die Angaben sind mehr Richtwert als Tatsache, ganz nach dem Motto: Wer sich wirklich anstrengt, kann es schaffen. Mit echten Fahrgewohnheiten hat der NEFZ-Zyklus wenig zu tun, denn er kennt weder Berg noch Tal und schon gar keine Klimaanlage. In den USA laufen die Rollenprüfstände nach anderen Regeln. Der dortige Zyklus ist deutlich realitätsnäher, die Verbrauchsangaben im Vergleich zu Deutschland höher. Und noch etwas ist anders: Die offiziellen Angaben der Automobilhersteller werden regelmäßig kontrolliert. Mini muss nachbessernVergangene Woche hat es die BMW-Tochter Mini getroffen. Der Kleinwagenhersteller muss nun beim dreitürigen Mini und beim dreitürigen Mini Cooper (mit Handschalter und Automatik) die Werte korrigieren, jeweils um ein mpg (Miles per Gallon). Zuvor hatte die Umweltorganisation Environmental Protection Agency (EPA) die Minis auf ihren Prüfstand gestellt und deutliche Abweichungen festgestellt. „So etwas kann immer passieren“, sagte ein Mini-Sprecher zu MOTOR-TALK. Zum Beispiel durch einen falschen Reifen oder durch einen falschen Wert bei der Aerodynamik“. Mini korrigierte die Werte. Eine Entschädigung für die betroffenen Kunden gebe es jedoch nicht, sagte der Sprecher. Dafür sei die Abweichung zu gering. Sie betrage lediglich 0,2 bis 0,3 Liter auf 100 Kilometer. 605 Millionen Euro EntschädigungVor zwei Jahren mussten auch Hyundai und Kia ihre Verbrauchswerte richtigstellen. Bei rund 900.000 Autos wuchs der Spritverbrauch auf dem Papier um bis zu 1,5 Liter. Die Koreaner entschuldigten sich bei ihren Kunden und zahlten nach Angaben von "Focus Online" eine Entschädigung von insgesamt 605 Millionen Euro. Quelle: Ford Im Jahr 2014 mussten auch Ford und Mercedes ihre Werte ändern. Ford bezahlte rund 200.000 Kunden eine Wiedergutmachung zwischen 125 bis 1.000 Dollar. Mercedes änderte erst vor wenigen Wochen die Verbrauchsangaben zweier C-Klasse-Modelle, mit der Begründung: Man habe den Luft- und Rollwiderstand falsch eingeschätzt. Keine Nachkontrolle in EuropaBei uns sind Nachkontrollen wie die der EPA nicht üblich. Und wenn sie durchgeführt werden, dann erfährt die Öffentlichkeit nichts davon, sagte der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zu "Spiegel Online". Nach Ansicht des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) ist dies aber auch nicht nötig. In Deutschland sei kein Fall bekannt, bei dem es bei einer Nachkontrolle Abweichungen gegeben hätte, sagte ein Sprecher zu MOTOR-TALK. Nur ein einziges Mal hätte es aufgrund eines Produktionsfehlers einen falschen Wert gegeben, bei einem französischen Hersteller. "Der NEFZ lässt keinen Ermessensspielraum", sagte der VDA. Sollte ein Automobilhersteller tricksen, wie erst kürzlich von dem Forschungsinstitut ICCT unterstellt wurde, würde das Verfahren nicht anerkannt. Schließlich fände es unter Aufsicht in einem zertifizierten Labor statt. Auch Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen glaubt nicht daran, dass es bei Nachmessungen zu Abweichungen kommen würde. Dafür sei der Zyklus viel zu sehr idealisiert. Das bestätigte auch der ADAC. Abweichungen außerhalb der zulässigen Toleranzen seien dabei in der Regel nicht zu erwarten. Das bedeutet, wir müssen uns um die schöne Theorie in Deutschland keine Sorgen machen. Um die graue Praxis schon, zumindest solange bis der neue WLTP-Zyklus kommt. |