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Ferrari 458 Spider: Fahrbericht - Wie ich einmal schnell war

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Im Ferrari zu rasen ist wie Whisky zu saufen. Berauschend, ein bisschen Vergeudung und mit feinem Abgang. MT-Redakteur Philipp durfte zumindest eines von beidem.

MOTOR-TALK-Redakteur Philipp Monse drehte anlässlich der Ferrari Racing Days eine Runde im 458 Spider MOTOR-TALK-Redakteur Philipp Monse drehte anlässlich der Ferrari Racing Days eine Runde im 458 Spider

Hockenheim – „Wär gut, wenn du um zwölf wieder hier bist“, sagt der Mann von Ferrari und drückt mir den roten Plastikschlüssel in die Hand. Wir stehen, pardon, sitzen neben der Zapfsäule einer Agip-Tankstelle. In einem Ferrari 458 Spider. Einem offenen Mittelmotor-Auto mit 570 PS.

Sitzposition, Lenkung, Beschleunigung - alles am 458 erinnert an einen Rennwagen Sitzposition, Lenkung, Beschleunigung - alles am 458 erinnert an einen Rennwagen Das ist nichts Ungewöhnliches dort, wo ich gerade bin. 100, vielleicht 150 Meter hinter uns parken einige Hundert Ferrari anlässlich der diesjährigen Ferrari Racing Days. Die Besitzer schlürfen hier und da Veuve Clicquot am Campingtisch, jeder hat Geld, aber nicht alle Geschmack. In dieser Masse fühle ich mich wie der Hochstapler Felix Krull. Sich unter die stinkreichen Leute schmuggeln, ohne selbst Kohle zu besitzen, geschweige denn einen Ferrari.

120 Minuten hat man mir den Ferrari versprochen. Das genügt für den Anfang. Nur blöd, dass ich die ersten 30 davon auf dem Beifahrersitz verbringe. Was darf ich anfassen, wo geht das Licht an, wie schaltet sich das Ding. Das ist ein feiner Luxus, sich so ein Auto in Ruhe erklären zu lassen. Nur fein fühle ich mich gar nicht. Sondern neugierig, wild entschlossen. Während der freundliche, sympathische Typ hinter dem Volant mit Bedacht spricht, verrinnen meine Sekunden. 1.800 sind es schon.

Dann endlich rüber, auf die andere Seite, die Seite der Macht. Mein rechter Zeigefinger drückt auf rotes Plastik, als Antwort hebt der 4,5-Liter-V8 kurz an, räuspert sich und brummt sonor. Noch einmal meldet sich der Ferrari-Mann, diesmal von rechts. Er schaut mich an und sagt mit weitaus weniger Bedacht: „Äh, fahr vorsichtig.“

Sitzen wie im Rennwagen

Ich gebe zu, ich habe Respekt vor dem Auto, es ist ja mein erstes Mal im Ferrari. Andächtig rolle ich zum Ortsausgang Hockenheim, ab auf die Landstraße, Richtung Autobahn.

Es rappelt und rumpelt im Ferrari, denn so ein Meisterwerk, das ist vor allem für Asphaltdecken wie in Maranello gedacht. Glatt wie ein Babypopo, aber mit dem Reibwert von Pattex extrastark.

Während ich so fahre, denke ich: Wie unmöglich so ein Auto in meinem Kiez in Berlin-Friedrichshain zu fahren wäre. Glatten Asphalt kennen wir da gar nicht. Und ob sich so viele Protzbrocken so einen Wagen kaufen, um Bodenhaftung zu bekommen? Ich sitze nämlich sehr tief in diesem nur 1,21 Meter hohen Auto und bin dem Boden näher als je zuvor.

Das kleine Lenkrad vor mir ist übersät mit Knöpfen, es steht gerade vor meinem Körper. Mein Blick fällt im flachen Winkel auf die Straße.

Die Beschleunigung des 458 ist im wahrsten Sinne atemberaubend Die Beschleunigung des 458 ist im wahrsten Sinne atemberaubend Komfort hat bei Ferrari nichts mit Bandscheiben zu tun. Komfort heißt auf ferraristisch: Blinker, Scheibenwischer, Hupe und das Manettino (zur Einstellung der Fahrmodi) erreiche ich mit den Fingerspitzen, ohne die Hände vom Lenkrad zu nehmen. Übrigens braucht man nur zwei Lenkrad-Umdrehungen von Anschlag bis Anschlag, ein Formel-1-Wagen braucht nur eine halbe Umdrehung weniger. Und der muss nie in eine Tiefgarage. All das vermittelt viel Rennwagengefühl, ist aber auch etwas absurd. Denn hellbraunes Leder und Klimaanlage passen zum Supersportler wie Bergarbeiterstiefel zum 100-Meter-Sprinter.

Kompromisslos und direkt

Nach wenigen Kilometern freunden wir uns besser an, der Mittelmotor-Sportler und ich. Auch wenn die Lenkung bei zunehmenden Tempo Aufmerksamkeit zieht. Das runde Ding reagiert auf kleinste Bewegungen die den Fahrer gern schnell an den Rand des Wahnsinns (oder hier: Straßengraben) bringen. Wird das Heck nervös, genügt ein sanftes Streicheln des Lenkrads.

Dieser Ferrari ist klar als Heckschwenker ausgelegt. Nur 42 Prozent des Gewichts liegen vorn, der Rest auf der Hinterachse. Abseits vom Rennstreckentempo merkt man das kaum. Hart liegt der Spider auf der Straße, um Kurven fährt er so präzise, wie andere Autos auf Geraden. Einer von den vielen Knöpfen am Volant lässt die Dämpfer sanfter auf bucklige Straßen reagieren. Dann nickt der Ferrari sogar ein bisschen beim straffen Bremsen.

Der Verbrauch des Rennwagens für die Straße liegt bei akzeptablen 11,8 Litern pro 100 km. Sofern der Gasfuß nicht zu schwer wird Der Verbrauch des Rennwagens für die Straße liegt bei akzeptablen 11,8 Litern pro 100 km. Sofern der Gasfuß nicht zu schwer wird

Auf öffentlichen Straßen unterfordert

Das ist lustig, aber es zeigt vor allem: Auf öffentlichen Straßen ist dieser 458 Spider restlos unterfordert. Auch wenn das Cabrio 50 Kilogramm mehr auf den Blechhüften hat als der geschlossene Italia, muss jede Pferdestärke nur 2,52 Kilo bewegen. So sprintet der Spider in weniger als 3,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h, in gut 10 Sekunden auf 200 km/h.

Wie sich das anfühlt? Ich trete bei Tempo 30 voll auf den Pin und verankere den Fuss dort bis 120. Dann muss ich wieder Luft holen. Vorher war sie kurz weg. Das Doppelkupplungsgetriebe knallt bei voller Beschleunigung die Gänge mit einem merklichen Ruck rein. Der rote Bereich des Drehzahlmessers beginnt bei 9.000 Umdrehungen. Durch die Beschleunigung im Cabrio kann man taub werden, ohne Zweifel. Denn der Achtzylinder brüllt direkt in die Ohren.

Auf der Autobahn ist das eine ganz eigene Show. All die Typen, die einen sonst in ihren kreischenden roten Flundern überholen, ich kann sie seit heute verstehen. Denn dieser Rausch der Beschleunigung, der stoppt in diesem Wagen ja nie. Der hält locker bis 250 km/h nach und erst jenseits der 300 km/h erinnert der Vortrieb an meinen Opel Omega im ersten Gang. Ab 315 km/h lasse ich den Roten ausrollen.

MT-Redakteur Philipp war allein unter echten Ferrari-Besitzern, in einem geliehenen 458 Spider MT-Redakteur Philipp war allein unter echten Ferrari-Besitzern, in einem geliehenen 458 Spider

Geschwindigkeit ist nicht alles

Schöner, genießerischer fährt sich der 458 auf der Landstraße. Bei geschlossenem Dach flimmert die Luft über dem V8. Das Öffnen des Autos dauert 14 Sekunden. Dann zeigt der Ferrari seine Klangvielfalt abseits von Fahrleistungen und Präzision. Aus drei Endrohren ertönt bis 3.500 Touren ein V8-Sound, der gestandenen Amerikanern die Freudentränen in die Augen treiben würde.

Während ich über die Landstraßen gleite und fliege, rennt und rinnt die Zeit davon. Ein gelber 550 Maranello rauscht vorbei, der Fahrer grüßt. Die Ferraristi und ich, der Hochstapler, sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Aber meine Zeit ist vorbei. Es ist kurz vor eins. In der kleinen Unterführung, die ins Innere des Hockenheimrings führt, feuere ich einen letzten Gasstoß ab und genieße den Nachhall. Wie das klingt. Schön.

Dann rolle ich auf einen der Parkplätze. Nur wenigen fällt das italienische Kennzeichen des Wagens auf. Sie schauen kurz genauer hin. Jemand Wichtiges? Eher nicht.

Ferrari 458 Spider: Technische Daten

  • Motor: 4,5-Liter V8
  • Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Leistung: 570 PS
  • Drehmoment: 540 Nm
  • Vmax: 320 km/h
  • 0 - 100 km/h: weniger als 3,4 s
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,53 x 1,94 x 1,21
  • Verbrauch: 11,8 l pro 100 km
  • CO2: 275 g/km
  • Kofferraumvolumen: 230 l
  • Gewicht: 1.535 kg
  • Grundpreis: 221.800 Euro
Avatar von granada2.6
Mercedes
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