Nach wie vor ist Opel ein Politikum: 2009 stand die Marke mit Hauptsitz in Rüsselsheim kurz vor dem Aus, in den Wirren des Bankenskandals hatte die Mutter GM ernsthaft die Abwicklung erwogen. Mit Unterstützung der Bundesregierung wurde der Verkauf vorbereitet, in letzter Sekunde entschied sich GM, Opel doch zu behalten. Jetzt melden der Spiegel und die Auto Bild, dass GM nun erneut einen Verkauf der deutschen Traditionsmarke erwägt. Grund sei, dass GM in Europa mit den Marken Opel und Vauxhall nach wie vor Verluste einfährt. "Lange wird GM-Chef Akerson sich das nicht ansehen“, hat der US-Chefsanierer Steve Rattner, der u.a. für die Regierung die Rettung von GM und Chrysler leitete, gesagt. Zudem habe GM mit GM Korea, bis vor Kurzem auch unter dem Namen Daewoo bekannt, eine weitere Kompetenz in Sachen kleine Motoren und Fahrzeuge aufgebaut. Beide Zeitungen spekulieren mit einer möglichen Übernahme von Opel durch chinesische Autobauer. Die Überlegung der Auto-Bild: In China gibt es finanzstarke Unternehmen, die aber mit ihrem gelinde gesagt nicht vorhandenen Namen auf dem Weltmarkt keine Chance haben. Der Opel-Blitz könnte da Wunder wirken. Genau das fürchtet aber die Politik: Die Bundesregierung soll demzufolge entsprechende Planspiele mit aufgestelltem Nackenhaar verfolgen. Anschluss an Volkswagen? Und daran wird, ohne auch nur die Andeutung eines Belegs, der Gedanke einer Übernahme von Opel durch VW durchgespielt. VW hat das Kapital, eine Übernahme zu stemmen. VW hat die Systematik, um eine weitere Marke in das konzernweite Baukastensystem zu integrieren. Und: VW hat kein Interesse daran, dass sich die Chinesen in Deutschland einkaufen. VW hat allerdings neben der Stamm-Marke auch schon Skoda und Seat, die das gleiche Segment abdecken wie derzeit Opel. Aus Rüsselsheim und Wolfsburg wird heute landauf, landab alles dementiert. In der Tat wäre ein Verkauf von Opel für GM auf den zweiten Blick weit mehr als ein Abnabeln von Verlusten. Es wäre auch ein Abnabeln von deutschem Know-How und daraus entstandener Technologie, das GM mit seinen amerikanischen und asiatischen Standorten nur schwer überbrücken könnte. Beispiel Chevrolet Volt: GMs neuer Imageträger trägt zu einem großen Teil Rüsselsheimer DNA. GM investiert in Europa - und steigt dann aus? Es wäre auch das zumindest teilweise Abschreiben großer Investitionen, die GM nach der Entscheidung, Opel zu halten, getätigt hat. Die aus diesen Investitionen entwickelten neuen Modelle sind noch nicht einmal alle auf dem Markt, die Personalabbaupläne der Opel-Standorte mitten in der Umsetzung. In dieser Phase den Einfluss aufzugeben, wäre reichlich sinnlos, zumal sich die neuen Autos am Markt durchaus bewähren.
Und zuletzt würde GM damit den europäischen Markt faktisch herschenken. Denn genauso wie die Restrukturierung bei Opel, ist auch der Aufbau von Chevrolet als Welt-Marke mit auch in Europa konkurrenzfähigen Autos noch lange nicht abgeschlossen. Die Marktanteile von Opel und Vauxhall würden nicht warten, bis Chevrolet so weit ist, in die Lücke zu stoßen. Andererseits: In Asien und Amerika ist Opel praktisch nicht existent. Auch dort wird Geld verdient. Opel vermeldet steiles Wachstum Vor diesem Hintergrund erscheinen die Gerüchte um einen Verkauf von Opel wenn eher mittelfristig sinnhaft - dann, wenn GM die Wirkungen der Investitionen der letzten zwei Jahre feststellen kann und wenn Chevrolet seinerseits seine Modelloffensive umgesetzt hat. Und während diese Zeilen trocknen, vermeldet Opel kürzere Werksferien sowie Sonder- und Nachtschichten in Rüsselsheim und an anderen Standorten. Und meldet diese Zahlen: Europaweiter Marktanteil im Mai 2011: 6,3 Prozent gegenüber 5,8 Prozent im Mai 2010. Der Mai war der siebte Monat in Folge, in dem Opels Marktanteil stieg. In absoluten Absatzzahlen wurde der Absatz 2011 gegenüber 2010 bisher um über 10 Prozent auf 534.000 gesteigert. (sb)
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 09.06.2011
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