Der 40. Berlin-Marathon bot zwei Sensationen. Die eine lief Weltrekord, die andere fuhr abgasfrei hinterher. MOTOR-TALK begleitete den Weltrekordlauf an Bord des BMW i3.
AKTUALISIERTE VERSION Von MOTOR-TALK-Reporterin Daniela Dabbars
Gesund ist das nicht. 41.000 Menschen drängeln sich auf einem schmalen Streifen, am Sonntag, deutlich vor 9:00 Uhr und deutlich unter 7° Celsius. Gleich startet der 40. Berlin-Marathon und diese 41.000 wollen alle jubeln. Dazu müssen sie nur schnell ins Ziel laufen. Den Stress spare ich mir. Ich fahre mit, in einem BMW i3. Vor dem Hauptfeld, aber hinter der Spitzengruppe. Sehr komfortabel. Die CO2-Bilanz des Autos ist besser als die der LäuferUnd außergewöhnlich. Noch nie in der vier Dekaden zählenden Geschichte des Berlin-Marathons hatte das führende Fahrzeug gefühlt eine bessere CO2-Bilanz auf der Strecke als der Führende. Oder der Zweite. Oder überhaupt einer der 41.000. Denn mein i3 fährt vollelektrisch. Lustig: Während sich die Athleten draußen aufwärmen, ruht das Auto. Es könnte sich aufwärmen, für mich beispielsweise. Das geht heute per Fernbedienung, auch die Sitzpolster werden so mollig warm. All das könnte ich über eine Smartphone-App regeln. Der Schnellste läuft 21 km/h, wir schaffen 150Genug gesagt, der Startschuss fällt, Wilson Kipsang läuft los. Umgeben von ein paar Tempomachern, Konkurrenten und kurz dahinter mir, mit der offiziellen Marathonzeit auf dem Dach. Wer so wie ich Muße hat, 42,195 Kilometer hinter einem der schnellsten Ausdauerläufer der Welt hinterherzuschauen, der wird ehrfürchtig und neidisch. Wilson läuft nur 21 km/h, aber das im Durchschnitt und federleicht. 21 km/h erreiche ich im Sprint. Wenn ich mich sehr anstrenge. Mein 170 PS starker i3 fährt natürlich schneller, er wird ja auch von Strom angetrieben. Von 0 auf 100 in 7,2 Sekunden, maximal sind 150 km/h möglich. Die Reichweite soll bei 160 Kilometern liegen, vieles davon haben wir bei MOTOR-TALK bereits beschrieben . Anderes nicht. So soll es entlang der Strecke von München (Hauptsitz von BMW) nach Leipzig (i3-Fabrik) bald alle 150 Kilometer Stromladestellen geben. Spannende Idee, im wahrsten Sinne. Das Navi weiß, wo es Strom gibtAuch spannend: So ein i3-Navi, das weiß dann nicht nur, wo geladen werden kann. Es zeigt auch, ob die Steckdose frei ist und reserviert sie bei Bedarf. Während Wilson also läuft, beschäftigt mich und den mitfahrenden BMW-i-Techniker die Ladesache. Die Läufer füllen ihre Energiespeicher mit Bananen oder Energiesnacks, beim i3 geht fast alles über das Navi. Oder die eigene Ladestation zu Hause. Das kann die Haussteckdose sein, oder eine Schnell-Ladedose, Wallbox getauft. An der Steckdose braucht der i3 für eine Vollladung 8 bis 10 Stunden. Die Wallbox bringt die Akkus in 30 Minuten auf 80 Prozent. Nachteil der Box: sie kostet 1.500 Euro. Vorteil: Über Apps wie ChargeNow oder ParkatmyHouse lassen sich andere Stromsuchende finden. Eine Kontaktbörse für E-Auto-Fans. Autoladen am LaternenmastWem das zu privat erscheint, der wartet auf Strom aus Laternenmasten. Auch eine Idee der künftigen E-Mobilität. Dass jemand das Ladekabel aus der Laterne zieht, darum muss sich kein i3-Besitzer sorgen. Jedes Kabel ist elektromechanisch gesichert. Die Entriegelung klappt nur mit dem Fahrzeugschlüssel. Beim i3 besteht der übrigens aus Rizinusöl. Falls jemand Stammtischwissen braucht. Das gehört zum grünen Konzept des Wagens. Der E-BMW soll nicht erst beim Fahren ökologisch sein, sondern in der Fertigung. Deshalb besteht die Innenraumverkleidung aus Malve, das Dach aus den Resten der Karosserie-Plastikteile. Diese Plastikteile kleben über der Carbon-Fahrgastzelle und können nach kleineren Unfällen ausgebeult werden. Sowas schont den Versicherungsetat und vermeidet Müll. Die Energie für die Produktion des i3 wird mit Wind- und Wasser gewonnen. Der i3 saugt sich Wärme aus der LuftApropos Wind. Die geräuschlose Fahrt durch Berlin wird plötzlich hektisch. Der BMW fährt zu dicht vor einem Läufer. Sofort wechselt unser Fahrer die Spur. Denn Sportler, die zu lange in unserem Windschatten laufen, können disqualifiziert werden.Zurück zu Wind, Schatten und dem BMW. Der nutzt heute die Berliner Sonne. Mit einer bisher einmaligen Wärmepumpe saugt er genüsslich die Wärme aus der Berliner Luft und nutzt sie für die Bordheizung. So wird die Batterie entlastet. Wer mehr in kalten Nächten fährt sollte lieber den i3 mit Range Extender wählen. Sein Zweizylinder liefert zusätzlich Strom, der hybride i3 kostet aber 39.450 Euro, 4.500 Euro mehr als unser. Auf die Batterie eines jeden i3 gewährt BMW 8 Jahre oder 100.000 Kilometer Garantie. Plötzlich piept die BatterieTrotzdem fängt es plötzlich zu piepen an, im Kofferraum. Eine Batterie hat Probleme, zum Glück nicht die unseres Autos. Der Zeitanzeige auf dem Dach geht der Saft aus. In Actionheld-Manier klettert ein Mann vom Marathon-Veranstalter SCC aus dem Fenster. Die Uhr läuft noch, aber blinkt. Jetzt schlägt die große Minute des BMW-i-Technikers. Nach einigen Telefonaten und Hantieren unter der Hutablage ist bei Kilometer 22 klar: Ein Wackelkontakt sorgt für das Piepen. Und der Techniker kann ihn beheben. Zum Glück für den Weltrekordläufer.Unsportlichkeit vorm Weltrekord10:35 Uhr: Seit 1:50 Stunden laufen die Renner. Da versucht der Kenianer Eliud Kipchoge seinen Landsmann Kipsang zu überholen. Ich blicke neben mir in zwei angriffslustige Augen, sehe Kraft und Wut. Doch Kipchoge schafft es nicht, seine Energie reicht nicht aus. Dagegen ist Kipsang in Weltklasseform. Genau in dieser rennt er einen neuen Weltrekord in den Asphalt: 2 Stunden, 3 Minuten und 23 Sekunden.Blöde, dumme, überflüssige Unsportlichkeit am Ende. Ein Flitzer stolpert die letzten Meter vor dem Kenianer Kipsang durch das Zielband, raubt so dem Gewinner diesen Augenblick. Wahrscheinlich fährt der Typ einen alten, saufenden Vierzylinder, mit Vier-Gang-Automatik. Der Spacken.
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