Achtung Wild

Was tun bei einem
Wildunfall?

Auto und Wild auf Landstraße

Richtiges Verhalten bei Wildwechsel

Auto und Wild auf Landstraße

Verliebte Rehe, die auf die Straße springen, eine Wildschweinrotte, die stur ihrem Weg folgt – auch wenn der über ein Asphaltband führt. Autofahrer, die oft durch ländliche Gebiete mit viel Wald fahren, kennen das.

Wildunfälle sind eine der häufigsten Unfallarten. Nicht nur im Frühling, Herbst und nach der Zeitumstellung. Auch im Hochsommer kommt es häufig zu Zusammenstößen mit Tieren. Wann Ihr besonders vorsichtig fahren solltet und was zu tun ist, wenn es doch zu einer Kollision mit Wildtieren kommt, hat MOTOR-TALK auf dieser Seite zusammengetragen.

Wenn sich Wild und Mensch begegnen

  • Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) starben 2015 rund 213.000 Rehe, Wildschweine und Hirsche auf deutschen Straßen.
  • Rehwild verursachte dabei mit 86 Prozent die meisten Unfälle, das größere Dam- und Rotwild die wenigsten.
  • Die Zahl an Wildunfällen mit kleineren Tieren wie Füchsen, Dachsen oder Feldhasen liegt nach Schätzungen des DJV etwa viermal so hoch.
  • Rund 3.000 Menschen werden jährlich bei Unfällen mit Wildtieren verletzt. Meist handelt es sich nur um leichte Verletzungen, manchmal endet der Zusammenstoß für Fahrzeuginsassen aber auch tödlich.

Kritische Monate mit vermehrtem Wildwechsel

Verkehrsschild Wildwechsel

Im Hochsommer beginnt bei Rehen die Brunftzeit. Dann steigt die Gefahr, dass sie unkontrolliert auf die Straße laufen. Besonders aufpassen sollten Autofahrer in den frühen Morgen- und Abendstunden, insbesondere auf Landstraßen. Weisen Schilder auf Wildwechsel hin (Zeichen 142) oder sind Wildunfallplakate der Verkehrswacht aufgestellt, gilt doppelte Vorsicht. Heißt: Fuß vom Gas und bremsbereit halten. Besonders aufpassen sollten Autofahrer zu folgenden Jahreszeiten:

  • Beginn der Sommerzeit Ende März
  • Mitte Juli bis Mitte August, Rehwildbrunft
  • Mitte Oktober bis Mitte November, Damwildbrunft
  • Ende der Sommerzeit Ende Oktober

Wildunfall vermeiden

Besonders gefährdet sind Autofahrer in Waldstücken sowie entlang von Feldern und Wiesen in den frühen Morgenstunden, abends und nachts. Erst wenn es kühl ist, kommen die Tiere aus ihrer Deckung und verlassen den Wald. Selten sind sie dabei allein. Das heißt: Erblickt ein Autofahrer ein Tier am Straßenrand, kann er damit rechnen, dass weitere Tiere hinterherkommen. Auch wenn sich nicht alle Wildunfälle vermeiden lassen, so minimiert man ihre Wahrscheinlichkeit mit einer defensiven Fahrweise.

Taucht ein Wildtier auf der Straße oder am Straßenrand auf, sollten Autofahrer sofort abbremsen, das Licht abblenden und ganz langsam vorbeifahren. Und kurz hupen. In der Regel laufen die Tiere dann weg und machen den Weg frei. Aufblenden und das Spielen mit der Lichthupe ist dagegen kontraproduktiv: Meist verharren die Tiere und bleiben regungslos auf der Straße stehen. Oder sie verlieren die Orientierung und rennen dem Scheinwerferlicht entgegen. Lässt sich die Kollision nicht mehr vermeiden, heißt es: Lenkrad gerade halten, nicht verreißen und voll bremsen. Bei hohen Geschwindigkeiten ist ein Ausweichen keine gute Idee. Entweder das Auto landet im Graben oder im Gegenverkehr.

Auch wenn es herzlos klingt: Bei Kleintieren wie Hasen, Eichhörnchen oder Igeln sollten Autofahrer nicht ausweichen. Diese Manöver enden nicht selten an einem Baum, im Gegenverkehr oder im Straßengraben. Der Personen- und Sachschaden bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug wird größer sein, als beim Überfahren des Kleintieres. Außerdem zahlt die Teilkaskoversicherung nicht.

Die Tiere gar nicht erst auf die Straße lassen

Wildschutzzaun mit Tieren

Es gibt verschiedene Versuche, Wildtiere von der Straße fernzuhalten. Am effektivsten sind Absperrungen durch Wildschutzzäune oder andere Verbauungen. Das Aufhängen von CDs in Bäumen, Duftzäune oder rote Reflektoren funktioniert weniger gut.

An manchen Strecken setzen Straßenwachten an den Leitpfosten blaue Reflektoren ein. Durch das Licht der Scheinwerfer auf die Reflektoren wird blaues Licht in einem breiten Winkel in den seitlichen Straßenraum abgestrahlt. Wildtiere schätzen es als unruhig und gefährlich ein, so dass sie der Straße fernbleiben.

Im Internet werden sogenannte Wildwarner beworben. Für wenige Euro sollen diese Pfeifen durch den Fahrtwind oder elektrisch durch die Lichtmaschine betrieben einen hochfrequenten Ton erzeugen und die Tiere verschrecken. Den Ultraschallton können Menschen nicht hören. Der Nutzen ist allerdings nicht wissenschaftlich belegt. Hilfreich sind dagegen in Fahrzeuge integrierte Nachtsichtassistenten. Damit sieht man Wildtiere auf der Straße wesentlich früher und kann sein Tempo anpassen. Nachteil: Sie gibt es meist nur optional in Oberklasse-Autos.

Nach einem Wildunfall

Nach einem Unfall mit Haarwild, das sind alle Tiere, die laut Jagdrecht bejagt werden, heißt es wie nach jedem Unfall: Ruhe bewahren, Warnblinker einschalten und die Unfallstelle absichern. Sind Personen verletzt, muss Erste Hilfe geleistet und der Rettungsdienst sowie die Polizei verständigt werden. Sind keine Personen zu Schaden gekommen, muss dennoch die Polizei informiert werden. Sie verständigt den Revierinhaber, der das getötete oder verletzte Tier von der Straße nimmt. In vielen Bundesländern besteht eine Meldepflicht, Ausnahmen sind aktuell Berlin, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und NRW.

Liegt das Tier auf der Straße, sollte es nicht angefasst werden, egal, ob es verletzt oder tot ist. Es kann Tollwutgefahr bestehen. Zudem können die Tiere plötzlich aufspringen oder um sich treten. Flüchtet das Tier, sollten Autofahrer sich die Richtung merken und sie am besten markieren. Eine schlechte Idee wäre es, die Tiere selbst zu verfolgen. Das ist Aufgabe des Försters oder Revierjägers. Diese können verletztes Wild aufspüren und es notfalls töten.

Die Polizei stellt eine Wildbescheinigung für die Versicherung aus. Andernfalls kann es schwierig werden, der Versicherung den Schaden plausibel zu erklären. Zur Not kann diese Bescheinigung auch der Revierinhaber ausstellen. Schäden am eigenen Fahrzeug, die durch Haarwild verursacht werden, zahlt die Teilkaskoversicherung. Auch bei Unfällen mit Kleintieren sollten die Revierpächter, notfalls über die Polizei, benachrichtigt werden.

Auf keinen Fall dürfen Autofahrer das angefahrene Haarwild mitnehmen. Das ist Wilderei und strafbar. Außerdem kann das Tier krank sein. Ein Verzehr ist deshalb gefährlich.

Versicherung

Versicherung bei Wildunfall

Nach einem Zusammenstoß mit Haarwild muss die Versicherung benachrichtigt werden. Haben Autofahrer eine Wildunfall-Bescheinigung der Polizei oder des Revierpächters sowie aussagekräftige Fotos vom Unfallort und vom Schaden, sollte die Abwicklung kein Problem sein. Allerdings nur bei Teil- oder Vollkaskoversicherung. Die Haftpflicht zahlt nicht. Sie kommt nur für Schäden außerhalb des Wagens auf, wie für eine durch den Unfall beschädigte Leitplanke.

Die Teilkaskoversicherung ersetzt Schäden am Fahrzeug, die durch einen Zusammenstoß mit Haarwild entstanden sind. Allerdings wird bei einem Wildunfall die Selbstbeteiligung bei der Teilkaskoversicherung abgezogen.

Unfälle mit Federwild wie Wildgänsen, Graureihern oder Möwen sind nicht bei allen Versicherungen abgedeckt, das gleiche gilt für Schäden nach einem Zusammenstoß mit Nutztieren wie Schweinen. Geschädigte Autofahrer sollten sich dann mit den Besitzern der Tiere in Verbindung setzen. Einige Versicherungen bieten Versicherungsschutz für Unfälle mit sämtlichen Tieren an. Abgedeckt sind in diesem Fall sogar Unfälle mit Haustieren.

Problematisch wird es, wenn der Schaden nicht durch das Tier, sondern ein Ausweichmanöver entstanden ist. Bei der Teilkaskoversicherung gibt es den Aspekt Rettungskosten. Die Voraussetzungen dafür sind sehr vielfältig. Deshalb ist es wichtig, dass der Unfall von der Polizei aufgenommen und bestätigt wurde.

Schäden, die durch ein Ausweichmanöver am Fahrzeug entstehen, sind nur dann versichert, wenn dadurch schwerere Beschädigungen am Fahrzeug verhindert wurden. Beispiel: Für die Insassen ist die Gefahr am größten, wenn hochbeinige oder springende Wildtiere die Windschutzscheibe treffen oder sogar durchschlagen. Deshalb kann ein Ausweichmanöver hier höheren Schaden vermeiden.

Eine andere Situation ergibt sich, wenn aufgrund eines Ausweichmanövers das Auto nicht durch das Tier beschädigt wird, sondern durch ein anderes Auto oder einen Baum. Dann zahlt die Teilkaskoversicherung nicht. Begründung: Wäre der Autofahrer mit dem Tier zusammengestoßen, wäre der Schaden geringer ausgefallen. Das gilt vor allem bei kleinen Tieren wie Hasen oder Eichhörnchen. Bei einem Ausweichmanöver vor einem Hasen mit anschließendem Totalschaden wird die Versicherung kaum die Kosten übernehmen – es sei denn, man hat eine Vollkaskoversicherung.

Wissenswertes zum Thema Wildunfall

  • Hilft Aufblenden oder Lichthupe, um Wild von der Straße zu verscheuchen?

    Steht ein Wildtier auf oder neben der Straße, niemals die Lichthupe verwenden. Besser abblenden, kontrolliert bremsen und hupen. Dann hat das Tier eine Chance, sich einen Fluchtweg zurück in den Wald zu suchen. Wenn es geblendet wird, bleibt es eher starr stehen oder läuft im schlimmsten Fall dem Licht entgegen.

  • Wem muss ich einen Wildunfall melden und wie schnell?

    Der erste Ansprechpartner ist die zuständige Polizeidienststelle. Diese wiederum informiert den zuständigen Jagdpächter, der sich um das verletzte oder tote Tier kümmert. Eine Meldung sollte direkt nach dem Unfall erfolgen. Auch die Versicherung sollte so schnell es geht, über den Schaden in Kenntnis gesetzt werden.

  • Was passiert, wenn ich einen Wildunfall nicht melde?

    In vielen Bundesländern besteht eine Meldepflicht. Verstößt man gegen diese, wird das geahndet. Streng genommen verletzt man das Recht, Jagd auszuüben, wenn man ein Wildtier verletzt oder tötet. Verlässt man den Unfallort, und das Tier ist verletzt, lebt aber noch, ist das ein Verstoß gegen das Tierschutzrecht. Beides kann mit Bußgeldern belegt werden. Ohne eine Meldung bei Polizei oder Förster bekommt der Unfallfahrer zudem keine Bescheinigung für die Kfz-Versicherung.

  • Was ist der Unterschied zwischen Rotwild, Damwild und Haarwild?

    Haarwild ist die Oberkategorie für alle Wildtiere, die dem Jagdrecht unterliegen, die also gejagt werden können. Dazu gehören unter anderem Wildschwein, Reh, Rot- und Damwild, Hirsch, Wolf, Wildkatze, Luchs, Dachs, Fuchs, Marder oder Hase. Daneben kann auch Federwild bejagt werden. Rehe, Rotwild und Damwild sind die am häufigsten in Deutschland lebenden Hirscharten, wobei Rehe die kleinste, Rotwild die größte Hirschart ist.