Alessandro Zanardi: Ohne Beine bei den 24 Stunden von Spa
„Besser als diese Lösung wären nur meine echten Beine"
Alex Zanardi war Formel-1-Fahrer, starb fast bei einem Unfall und holte später Gold bei den Paralympics. Bei den 24 Stunden von Spa fand er eine neue Herausforderung - in einem Spezial-Rennwagen.
Spa-Francorchamps/Belgien - Alessandro Zanardi sitzt auf einem Hocker in der Boxengasse von Spa. Ein Mechaniker hat sich Zanardis Beinprothese zwischen die Knie gesteckt und feilt wie ein Hufschmied daran herum. Eine Metallplatte dient dem ehemaligen Formel-1-Profi seit seinem Unfall 2001 am Lausitzring als Fußsohle.
Damals geriet Alex, wie ihn amerikanische Rennsport-Kommentatoren tauften, mit seinem Champ-Car auf einen Grünstreifen. Als er unkontrolliert über die Strecke wirbelte, rammte ihn einer der anderen Wagen mit einer Geschwindigkeit von 320 km/h. Zanardi musste siebenmal wiederbelebt werden, beide Beine wurden oberhalb der Knie amputiert. "Spiegel Online" schrieb am 16. September 2001 um 12:18 Uhr: Alex Zanardi wird "nie wieder ein Rennen bestreiten können."Was für ein Leben
Zanardi scherzt mit den Teamkollegen. 14 Jahre nach dem Crash hat er an zahlreichen Tourenwagen-Rennen teilgenommen. Drei hat er gewonnen. Er war der erste Beinamputierte in einem Formel-1-Rennwagen und gewann zwei Goldmedaillen und eine Silbermedaille auf dem Handbike bei den Paralympics in London 2012. Wenn es meinen Unfall nicht gegeben hätte, wäre ich vielleicht ein Mann mit Beinen, aber nicht so glücklich, hat Alex Zanardi einmal sinngemäß gesagt.
Trotzdem liegt heute etwas Ernstes in seinem Blick: Es ist Mittwochmittag, morgen beginnt das Abschlusstraining und am Samstagmittag starten die 24 Stunden von Spa-Francorchamps. Als erster Rennfahrer ohne Beine will er mit seinen unversehrten Kollegen Timo Glock und Bruno Spengler im werksunterstützen BMW Z4 des Team ROAL auf der vollen Distanz antreten. „Und wer Zanardi kennt, der weiß, dass für ihn ‚dabei sein’ nicht genug ist“, sagt einer aus dem Team.Zanardi konnte ohne Beine mehr erreichen als viele gesunde Sportler. Doch ein 24-Stunden-Rennen ist selbst für ihn besonders – und es birgt neue Herausforderungen. Nicht nur, weil er mehr Kondition braucht als bei Kurzstrecken-Läufen. „Das größte Problem waren für uns die Fahrerwechsel“, sagt Dominik Nadler. Er verantwortete als eine Art technischer Direktor den Umbau des BMW-Werkswagens.
Erster Beinamputierter bei den 24 Stunden von Spa
Für Zanardi gibt es einen ausklappbaren Haltegriff am Überrollkäfig, an dem er sich in den Wagen wuchten und wieder heraus stemmen kann. Dazu ein eigenes Lenkrad mit einem Bedienkranz für das Handgas. Nadler hat gemeinsam mit dem Italiener außerdem eine neue Pedalerie entwickelt, an der Zanardi seine beiden Beinprothesen in Sekundenschnelle befestigen kann, ohne dass die Umbauten die beiden Teamgefährten behindern.Musste er seine künstlichen Füße früher binnen fünf bis zehn Minuten mit speziellen Gurten an den Pedalen festzurren, klemmt sich Zanardi nun mit seiner linken Prothese in eine stabile Ablage. Rechts ragt aus einem zusätzlichen Bremspedal ein 15 Zentimeter langer Dorn heraus, der wie angegossen in das Loch an Zanardis „Sohle“ passt. Darum feilt der Mechaniker so lange an der Sohle.
Zwar dauert das Ein- oder Aussteigen trotz aller Kunstgriffe ein paar Sekunden länger als bei seinen Teamkollegen. Doch damit kann Team-Techniker Nadler gut leben: Bis die Mechaniker die Reifen gewechselt und den Wagen getankt haben, sind wir allemal fertig, sagt der Ingenieur. Nach dem Probedurchlauf schaut er zufrieden auf die Stopphuhr: „45 Sekunden, das ist fürs Training schon mal nicht schlecht.“
Ein Auto für drei Charaktere
Aber Nadler musste nicht nur einen Weg finden, wie Zanardi möglichst schnell hinters Lenkrad kommt. Er musste vor allem dafür sorgen, dass jeder der drei Fahrer das Auto gleich gut im Griff hat. Und da geht es bei dem 535 PS starken V8-Renner nicht nur ums Beschleunigen oder um die am Lenkrad getätigten elektronischen Gangwechsel des sequentiellen Getriebes.
Da geht es vor allem ums Bremsen. „Auch da hilft die neue Pedal-Box und ermöglicht es Zanardi, dass er den Wagen mit dem Rest seines rechten Beines verzögert“, erläutert Nadler. Zanardi nutzt die Prothese wie einen Hebel, ist links fest eingekeilt und rechts so gut am Bremspedal fixiert, dass er mit einer geänderten Übersetzung immerhin 105 Bar Bremsdruck aufbauen kann. Das sind zwar ein paar Bar weniger als bei Spengler und Glock. „Aber es reicht allemal, um in den Regelbereich des ABS zu kommen und so die maximale Bremswirkung zu erzielen“, erläutert Nadler und wirkt zufrieden.
Es lag am Auto, nicht am Fahrer
Zufrieden sind auch die Fahrer: Glock und Spengler bekommen ihre eigenen Pedale, die so dicht beisammen stehen, wie es die beiden mögen. Und nebenbei eine Klimaanlage, weil Alex Zanardi mit seiner reduzierten Körperoberfläche sonst Probleme beim Temperaturausgleich bekäme. Zanardi selbst hat den Z4 besser im Griff als jeden anderen Rennwagen davor. „Besser als diese Lösung wären nur meine echten Beine, aber die habe ich vor 14 Jahren nun leider fahrlässig verschleudert“, sagt der Profi, ohne dabei auch nur einen Hauch bitter zu wirken.
Wie gut die Vollgas-Prothese für den Bleifuß tatsächlich war, haben Zanardi und seine Teamkollegen Glock und Spengler am vergangenen Wochenende in Spa aller Welt eindrucksvoll gezeigt: Zumindest die ersten 23 Stunden lang. Bis Timo Glock den Z4 eine Stunde vor Schluss mit technischen Problemen abstellen musste, war das Trio unter den ersten zehn.
Für mich einer der Sporthelden der Neuzeit und ein Vorbild, wenn es darum geht, nie aufzugeben. Respekt!
Sein rabenschwarzer Humor gefällt mir besonders.Habe ihn mal auf einer Messe erlebt. Einfach ein Klasse Typ.
Ich war damals beim Rennen auf dem lausitzring, es war nicht schön mit anzusehen.
Der Man hat einen eisernen Willen und er hat meinen vollen Respekt für diese Leistung.
Aber sein Humor ist das beste daran, schön wenn man über sich selbst scherzen kann.
Dieser Typ kann ein Vorbild für viele sein, die ein ähnliches Schicksal haben. Nicht aufgeben und trotz Verlust beider Beide nicht griesgrämig und verbittert durchs Leben zu gehen. Meine Hochachtung und Respekt vor Alessandro Zanardi.
Problem dabei ist wird wohl "etwas" mehr Hilfe und auch bedeuten mehr Mittel gehabt haben.
Mag sein. Und dennoch muss man an sich selbst am härtesten arbeiten. Andere können das für einen nicht übernehmen. Und hier ist Zanardi zweifellos ein positives Mentalitätsmonster. Das, was dieser Mann seit seinem schrecklichen Unfall durch seine Einstellung und die Kunst sich selbst zu quälen erreicht hat, ist besonders.
@ WolfBall
Davon kann man ausgehen. Aber trotz allem Geld und der Hilfe, die man sich damit erkauft, gelingt es nicht jedem, sein Schicksal anzunehmen und positiv nach vorne zu schauen. Das liegt in erster Linie an der eigenen Persönlichkeit.
War ab Donnerstag in Spa Live dabei bis Sonntag.
Am Freitag nach der Supperpole ist Alex mit seinem Handbike die Strecke abgefahren. Promotion....
Wer die Eau Rouge Passage kennt,weiß wie steil das da ist!!!!!
Auch beim Pit Walk hat er immer Zeit für ein Autogramm und ein kurzes Lächeln:-)
Super TYP......
Spa lohnt sich immer.....
Gruß Tobias
Jetzt mal übertrieben gesagt zwischen muisserfolg und dem ganz großen Glück liegt wie auch bei gesunden manchmal nur sehr wenig.
Aber dieses etwas kann dann in einen Teufelskreis mit Zinseszins führen.
Die Leistungen dieses Mannes sind ganz große Klasse, ein wirkliches Vorbild für jeden, der einen Unfall mit anschließenden Amputationen erlitten hat!
Und der schwarze Humor ist dann noch die richtige Prise Salz 😉
Was für ein Kino, meinen allergrössten Respekt vor diesem Mann!
dem schließe ich mich nahtlos an...!
Ich war auch damals, 2001, am Lausitzring dabei, schlimm das Ganze. Beim zweiten Rennen der CampCar´s am Lausitzring war ich auch zugegen und was da am Samstag Abend abging, werde ich nie vergessen. Da wird ein Beinamputierter Alex Zanardi in SEIN CampCar gehoben und er fuhr seine letzten 13 Runden von 2001 zu Ende.............. Ich hatte damals, und heute wieder, PIPI in den Augen.....
Allergrößten Respekt vor diesem Mann!
Da können sich alle ausnahmslos, ob mit körperlicher Einschränkung oder ohne, eine ganz große Scheibe von abschneiden. Einfach unglaublich. Hab mir die Woche im YT Channel von BMW Motorsport schon die vollständige Doku rein gezogen. Sehr zu empfehlen!