Studie: Wie schmutzig sind Euro-6-Diesel?
22 von 32 Modellen fallen bald durch die Abgasprüfung
Sind mit der neuen Abgasnorm Euro 6 nun alle Diesel sauber? Leider nicht. Eine Untersuchung des ICCT zeigt: Viele EU-6-Diesel schaffen den Grenzwert für NOx nur im Labor.
Brüssel – Seit dem ersten September 2015 müssen alle neu zugelassenen Pkw die Euro-6-Norm erfüllen, die einen Stickstoffoxid-Grenzwert von 80 Milligramm pro Kilometer vorsieht. Insbesondere Dieselfahrzeuge wiesen bisher praktisch durchgängig höhere Emissionen des Schadstoffs auf.
Sind moderne Diesel-Pkw unter dem neuen Regelwerk nun „sauber“? Leider nicht. Viele, vor allem kleinere Dieselfahrzeuge mit einer günstigen Abgasreinigung, erfüllen die Euro-6-Schadstoffnorm nur unter bestimmten Laborbedingungen. Das zeigt eine Studie der Umweltorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) auf Basis von ADAC-Testergebnissen.
Im „ADAC Ecotest“ untersucht der Autoclub den Schadstoffausstoß einmal im aktuell gültigen Meßzyklus NEFZ und zum Vergleich in der zweiten Fassung des WLTP-Zyklus. Der WLTP soll ab 2017 in Europa schrittweise eingeführt werden und den NEFZ ersetzen.
Das traurige Ergebnis: Von 32 getesteten Fahrzeugen erfüllten im neuen Verfahren nur zehn die Schadstoffvorgaben. Im bei der Zulassung neuer Fahrzeugtypen aktuell noch maßgeblichen NEFZ-Test schnitten alle Diesel-Pkw bei den Stickstoffoxid-Emissionen gut ab. Im künftig geltenden WLTP-Zyklus fielen dagegen 22 Modelle durch.
Auf den NEFZ-Zyklus optimiert
Das Ergebnis erstaunt, denn dass der neue Zyklus kommt, ist lange bekannt. Die Industrie selbst hat am neuen Zyklus intensiv mitgewirkt. Nach Ansicht des ICCT liegt der Verdacht nahe, dass die Abgasreinigungstechnik der Fahrzeuge auf den aktuell gültigen NEFZ optimiert worden sei und dass im täglichen Straßenverkehr der Schadstoffausstoß weit höher liege. Dies sei besonders erstaunlich, da der ADAC den WLTP-Zyklus mit Warmstarts teste. Mit Kaltstart wären die Resultate noch schlechter gewesen.
Wie die Ergebnisse zustande kommen, erklärt zum Teil ein Blick auf die in den Fahrzeugen verwendete Abgas-Reinigungstechnik. 16 der getesteten Fahrzeuge verfügten über eine „Lean NOx Trap“ (LNT). Das System kommt vor allem bei kleineren Fahrzeugen mit weniger als zwei Litern Hubraum zum Einsatz. Für diese Motoren schätzt das ICCT die Systemkosten der Abgasreinigung auf rund 287 Euro.
Demgegenüber kostet ein SCR-System (selektive katalytische Reduktion) nach ICCT-Angaben rund 375 Euro. 11 Fahrzeuge waren damit ausgestattet. Bei diesem System muss außerdem die Substanz Adblue nachgefüllt werden. Es wird eher bei größeren Motoren verwendet, wobei einzelne Hersteller wie PSA sich entschieden haben, durchgängig SCR-Systeme einzusetzen.
SCR effektiver als LNT
Die nicht repräsentative Auswertung zeigt, dass im Schnitt größere Pkw sowie Pkw mit SCR-System bessere Schadstoffwerte unter WLTP-Bedingungen erzielen. Zwar nennt das ICCT die konkreten Modelle nicht. Ein Pkw von Volvo lag 15-fach über dem Grenzwert, ein Renault-Fahrzeug überschritt ihn 9-fach und ein Hyundai-Pkw 7-fach. Ein Audi emittierte das Dreifache des Grenzwerts, ein getesteter Opel war kaum besser.
Mehrere Pkw von Mercedes verfehlten dagegen den Grenzwert nur knapp, BMW erreichte mit allen getesteten Modellen die Vorgaben. Das Ergebnis zeigt nach Einschätzung des ICCT: Einige Hersteller setzen die Abgasreinigungstechnik wirkungsvoll ein, andere fokussieren sich auf die Grenzwerte im derzeit gültigen NEFZ-Zyklus.
Diese These wird gestützt mit einem Blick in die USA: Dort gelten sowohl strengere Grenzwerte als auch härtere Testverfahren, und dort sind die Diesel sauberer. Denn in den USA setzen die meisten Hersteller auf eine Kombination von LNT- und SCR-Technik, was zu deutlich besseren Abgaswerten führt.
So schreibt das ICCT: Alle Diesel-Pkw, die BMW 2014 in den USA verkaufte, verfügten über ein kombiniertes LNT- und SCR-Abgasreinigungssystem. In Europa verfügten dagegen 71 Prozent der BMW-Modelle ausschließlich über ein LNT-System und 29 Prozent nur über ein SCR-System. Die gleichen Modelle sind in den USA also sauberer.
Keine Zukunft unter RDE
Die komplexeren Abgas-Reinigungssysteme für den US-Markt verteuern die Produktion der Fahrzeuge. Das ist für die Hersteller bisher kein großes Problem, denn die Stückzahlen sind gering. Der US-Dieselanteil beträgt nur 0,8 Prozent. In Europa sind 53 Prozent aller verkauften Pkw Diesel. Bräuchten sie alle ein komplexeres Schadstofffiltersystem, würden Diesel-Fahrzeuge noch teurer. Die Wirtschaftlichkeit würde damit weiter sinken.
Hoffnungen setzt das ICCT auf den so genannten RDE-Test, der ab Ende 2016 schrittweise Teil der Homologation (Typprüfung für neue Fahrzeugmodelle) werden soll. RDE bedeutet „Real Driving Emissions“, also „reale Fahremissionen“. Dabei wird mit einem mobilen, am Fahrzeug befestigten Messgerät der Schadstoffausstoß im Verkehr überprüft. Experten erwarten hohe Abweichungen zu den bisherigen Werten – obwohl extreme Bedingungen wie Kaltstarts und hohe Zuladung nicht erfasst werden.
Die gemessenen Werte im Straßenverkehr dürfen den Laborwert nur um einen bestimmten Faktor übersteigen. Wie hoch der sein soll, wird noch diskutiert - im Gespräch ist beispielsweise eine 100-Prozent-Überschreitung.
Einige der vom ADAC getesteten Fahrzeuge, so das ICCT, hätten dabei trotz Toleranz keine Chance. Daher erhofft sich das Institut vom RDE-Test eine merkliche Verbesserung der Luftqualität in Ballungsräumen.
Quelle: mit Material von SP-X; ICCT
Wird schon seit 2014 hier auf MT im Fahrzeugtechnik-Forum, im Thred von GaryK diskutiert. Also eigentlich nichts neues.
http://www.motor-talk.de/forum/-saubere-diesel-t4921355.html
Dieselbashing in 3...2...1...
Ich denke bei neueren Fahrzeugen wird durchwegs geschummelt wo man nur kann bzw. es der gesetzliche Spielraum ermöglicht. Dass die Traktoren nach wie vor nicht so lupenrein sind wie man es den Kunden weis machen möchte, sollte mittlerweile jedem (potenziellen) Endkunden klar sein. Neben der hohen Lautstärke sind die Abgase immernoch ein sehr unterschiedlich einzuschätzender Faktor beim Diesel, je nach Region und Lokalität. Jeder der einmal in einer europäischen Großstadt eine längere Zeit mit dem Fahrrad gefahren ist, der merkt erst so recht dass die vielen Dieselfahrzeuge ganz schön krach und Gestank erzeugen - trotz mittlerweile weit verbreiteter Start/Stop-Systemen. Das kann man nicht abstreiten und wenn die Luft im Hochsommer steht, stinkts erst recht ekelhaft. Hab den Dieselgestank schon ganztags auf der Arbeit, da ist er draußen auch noch wirklich zuviel. Bin gespannt welche Modelle auch nach neuen Normen noch brillieren - dann trennt sich die Spreu vom Weizen.
Nein, kein Dieselbashing sondern Herstellerbashing und das zu Recht. Die Autohersteller erhöhen ihre Profite auf Kosten unserer Gesundheit. Dass die Diesel viel sauberer sein könnten, zeigt ja die USA mit ihren strengen Normen. Die gleichen BMW Diesel sind dort wesentlich sauberer als bei uns. Das ist eine Unverschämtheit sondergleichen.
Hallo,
ihr solltet die Abkürzungen durchgehend konsequent verwenden.
Es gibt eine WLTP und einen NEFZ, aber NEFZ-Zyklus ist wie ABS-System oder ABM-Maßnahme oder DSL-Leitung oder...
Ich sage es ja! Diesel ist schlimm! 😉
War doch bei den Flugzeugen genauso: Ozonfilter in den USA Pflicht..hier nicht.
Wer regiert hier eigentlich.
Hä? Deutschland bzw. Europa haben doch die saubersten Abgase weltweit, oder etwa nicht?
Soviel ich weiß gibt es in vielen US-Staaten überhaupt keine Untersuchungen, weder TÜV noch Abgas. Stichwort "Rolling Coal" Szene 😕
Ähnliches Bild z. B. in den ganzen Emiraten oder Russland. Interessiert nur die wenigsten ob der Kat noch drin ist, und der DPF "verstopft" eh nur den Auspuff...
Die Frage ist ja, wie sauber ist ein Diesel insgesamt, denn die Herstellung von Dieselkraftstoff ist einfacher und der Verbrauch geringer, somit müssen weniger Rohstoffe gefördert werden und dementsprechend weniger hergestellt und zur Tankstelle transportiert werden. Das sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen bei aller negativer Stimmung gegen den Diesel.
Hier wie drüben die gleichen. Lobbyisten der Industrie ... Die Politiker sind doch nur die Kasperle ... Aber wer immer brav die großen Parteien wählt darf sich jetzt nicht wundern Oh das geht nicht. Sachter eher 13 Uhr
Was erwartet ihr im Heuchlerland Nr.1?
Wo Lug und Trug auf staatsebene betrieben wird im großen Stil.
In Hanau Nähe Frankfurt wird ein EKZ in Stadt gebaut in dem eine städtische Bibliothek drin ist die eigentlich viel zu groß ist. Die Miete ist horend. Des weiteren muss Stadt Hanau die Miete selbst eintreiben und muss feste Summe an den Investor HBB abdrücken.
Es wird einfach Steuergeld gewaschen.
Und es noch mehr solche Projekte.
Also was erwartet ihr noch mal ??? ;-)
Nein, das meint man nur immer. Gibt einige Länder/Staaten in denen weit schärfere Vorschriften herrschen. zB Kalifornien. Dort herrschen auf die PKWs bezogen einige der schärfsten Abgasvorschriften weltweit.
Naja, will ich Diesel raffinieren, dann fällt immer ein fester Bestandteil Benzin an, wenn jetzt alle Diesel fahren, und keiner mehr Benzin braucht, was dann damit machen? Dieser Vorteil funktioniert nur so lange, wie es genug Benzinverbraucher gibt, die den Abfall verwerten, würden diese jetzt auch Diesel fahren, müsste sogar noch mehr Öl verarbeitet werden als heute, und wohin mit dem Benzin?
Was heißt das denn jetzt im Klartext?? Dass moderne Diesel ab 2017 reihenweise kein Tüv mehr bekommen? Wäre das dann nicht Etikettenschwindel, womit die Hersteller in der Haftung wären??
Oder ist das wieder nur Statistikgequatsche, was für den Konsumenten keine Bedeutung hat?