Tradition: 25 Jahre Porsche 968

Als Porsche den besten Vierzylinder baute

MOTOR-TALK

verfasst am Mon Sep 05 19:37:35 CEST 2016

Stark, schnell und sparsam – aber teuer und alt: Der Porsche 968 floppte. Heute schätzen wir den Youngtimer für seinen genialen 3,0-Liter Saugmotor. Ein Rückblick.

Der Porsche 968 startete als Coupé und Cabriolet
Quelle: Porsche

Köln – Vierzylinder in Sportwagen bedeutet heute Downsizing. Ganz anders vor einem Vierteljahrhundert: Damals startete der Porsche 968 maximalem Volumen. Seine 3,0-Liter-Maschine wurde als Hubraum- und Drehmomentgigant unter den Vierzylindern gefeiert. Schon in der 240 PS starken Basisversion setzten die Sportcoupés und Cabriolets 305 Newtonmeter frei – fast so viel wie der V8 im Ferrari Mondial.

Welches Potenzial der Porsche 968 unter seiner Haube hatte, demonstrierte er im Frühjahr 1993. Das Topmodell 968 Turbo S ging in Produktion. Mit 305 PS rannte der 2+2-Sitzer 280 km/h schnell. Mehr Tempo bot damals nicht einmal der 911 Turbo.

Sparsamer Sportler: Porsche 968

Mit dem Basismodell 968 CS sank der Basispreis um 17.000 Mark
Quelle: Porsche
Der Hintergrund für den Vierzylinder war dennoch der gleiche wie heute. Mit einem Normverbrauch von 7,2 Litern bei 90 km/h unterbot der Porsche 968 alle ähnlich starken Konkurrenten. Theoretisch stimmte also alles: Leistung, Verbrauch, Fahrdaten. Dennoch war das Frontmotor-Transaxle-Fahrzeug ein verkannter Sportler.

Der 968 war die letzte Ausbaustufe des Vierzylinder-Porsche 924 und zugleich Nachfolger des 944. Technisch machte er vieles besser als seine Vorgänger. An deren Verkaufserfolge konnte der 968 nicht anknüpfen. Zu hohe Preise, zu wenig Image und ein zu betagtes Grundkonzept, urteilten damals viele Sportwagenkäufer. Wer sich dennoch einen der bis 1995 in gebauten Porsche 968 kaufte, erlebte zuverlässigen Fahrspaß. Das weiß und schätzt heute die Youngtimerszene.

„Wie man aus einer engen Kurve eine schnelle Kurve macht: der Porsche 968“, präsentierte die Porsche-Werbeabteilung im Spätsommer 1991 ihren jüngsten Neuzugang. Der 968 sei „die schönste Art, in der Porsche Tradition fortzufahren.“ Tatsächlich konnte der 968 damals bereits auf eine beachtliche Tradition verweisen. Seine Basis war schließlich 16 Jahre alt.

Der 968 konnte den Erfolg des Vorgängers nicht wiederholen
Quelle: Porsche

Kein adäquater Ersatz für den Porsche 944

Die Verwandtschaft zu seinen Vorgängern wurde schon beim Betrachten seines Glashauses deutlich. Immerhin bekam der 968 nun eine neue Front. Damit erhielt das Einstiegsmodell ins Porsche-Programm Designmerkmale, die 911 und 928 kennzeichneten. Hinzu kamen Aluräder und Außenspiegel im Look des 911 Turbo. Vor allem aber wurde die Produktion des Vierzylinders mit den modischen Klappscheinwerfern vom Audi-Werk Neckarsulm ins Porsche-Stammwerk Stuttgart-Zuffenhausen verlagert.

Dies geschah nur aus Prestigegründen. Der 968 sollte das Werk Stuttgart auslasten. Immerhin befand sich der Sportwagenmarkt um 1990 in einem Abwärtstrend. Die Porsche AG baute in Zuffenhausen sogar Auftragsmodelle wie den Mercedes 500 E und den Audi RS2.

Mit dem (überarbeiteten) Motor des 944 S2 mischte sich der 968 in ein Sportwagen-Startfeld, das so dicht wie noch nie besetzt war. Neben neuen Europäern wie Alpine A610 Turbo, Audi S2 und BMW M3 waren vor allem Japaner Konkurrenten. In Deutschland erzielten Nissan 300 ZX, Toyota Supra, Subaru SVX oder Mazda RX-7 zwar nur Achtungserfolge. Aber die Amerikaner bevorzugten die serienmäßig vollausgestatteten Nippon-Racer mit Sechszylindern und Wankelpower.

Hohe Preise, schlechte Verkaufszahlen

Porsche 968 Turbo RS bei den 1.000 Kilometern von Paris 1994
Quelle: Porsche
Da hatte es ein Porsche 968 schon schwerer, zumal die Preise für den großen Vierzylinder zwischen 90.000 und 105.000 Mark lagen. Mehr, als die meisten Rivalen forderten. Sogar der Vorgänger war gut 10.000 günstiger: Der Porsche 944 hatte sich auch in den USA zu einem Bestseller entwickelt. Zeitweise baute Porsche mehr als 25.000 Einheiten pro Jahr.

In vier Jahren entstanden hingegen nur 12.800 Exemplare des 968, davon rund 4.000 Cabriolets. Daran änderte auch der 1992 nachgeschobene 968 CS nichts, trotz 17.000 Mark Preisnachlass wegen einer abgemagerten Serienausstattung.

Die enthusiastischen Urteile der Fachwelt fruchteten ebenfalls nicht. „Bester Vierzylinder-Saugmotor der Welt“, schrieb die Presse. Einlassnockenwellen-Steuerung und der neue Kurbelwellentrieb beeindruckten – schließlich holte Porsche mehr als 100 Newtonmeter Drehmoment aus jedem Liter Hubraum. Mindestens 255 km/h Höchstgeschwindigkeit waren ebenfalls eine Bestleistung.

Als erster Porsche erhielt der 968 ein manuelles Sechsganggetriebe. Eine Schaltung, über die damals sonst nur Lotus Omega, BMW 850i und Audi 100 S4 verfügten. Zudem bekam er eine „Tiptronic“-Automatik mit manueller Schaltoption – noch vor dem Topmodell 928, aber nach dem 911 Carrera 2. Bei anderen Herstellern gab es keine vergleichbare sportliche Getriebeautomatik.

Bunte Lacke und starke Topmodelle

Porsche 968 in Transaxle-Bauweise
Quelle: Porsche
Für frische Emotionen sorgte die Farbpalette des Porsche 968, die sich genauso bunt und modisch-grell wie beim Elfer präsentierte. Mit Mintgrün, Maritimblau, Himbeerrot oder Amarantviolett wollte der 968 anders sein. Auf Langstrecken-Härtetests bewies er seine Zuverlässigkeit. 150.000 Kilometer unter extremen Bedingungen absolvierte ein 968 CS problemlos. Porsche wollte Vielfahrer anlocken.

 

Genutzt hat es dem 968 nichts. Nicht dem Basis-Vierzylinder, nicht den 1993 nachgelegten, extrem teuren Topmodellen. Im 968 Turbo S steckten 305 PS und ein Sperrdifferenzial. Der 968 Turbo RS startete mit bis zu 350 PS bei GT-Rennen. Beide Modelle liefen nach Kleinstserien aus – parallel gab es schließlich den 911 Carrera RS 3.8. So war die Erfolgsliste des 968 Turbo RS bei Rundstreckenrennen ebenfalls kurz, ein sechster Platz beim 4-Stunden-Rennen von Dijon war das bescheidene, beste Resultat.

Im Jahr 1995 fauchten die 968 zum letzten Mal aus ihrem dicken Endrohr. Ein 968 Roadster entstand nur noch als Prototyp, dann wurde Platz gemacht für einen ganz anderen Flitzer: Der Porsche Boxster spurtete im Folgejahr in den Sportwagenverkaufscharts nach vorn.

Technische Daten Porsche 968

  • Zweitüriges, 2+2-sitziges Sportcoupé (968 CS zweisitzig, optional 2+2-sitzig) und Cabriolet
  • Länge: 4,32 m
  • Breite: 1,74 m
  • Höhe: 1,28 m
  • Radstand: 2,40 m
  • Porsche 968 Coupé und Cabriolet mit 3,0-Liter-Vierzylinder
  • 6-Gang-Schaltgetriebe (Viergang-Tiptronic)
  • Leistung: 176 kW/240 PS
  • Drehmoment: 305 Nm bei 4.100 U/min
  • 0-100 km/h: 6,5 s (7,9 s)
  • Vmax: 252 km/h (247 km/h)
  • Verbrauch l/100km bei 90 km/h | 120 km/h | Stadtzyklus: 7,2 (7,9) | 8,8 (7,1) | 14,8 (14,6)
  • Porsche 968 Turbo S mit 3,0-Liter-Vierzylinder-Turbomotor
  • 6-Gang-Schaltgetriebe
  • Leistung: 224 kW/305 PS
  • Drehmoment: 500 Nm bei 3.000 U/min
  • 0-100 km/h: 5,0 s
  • Vmax: 280 km/h

Chronik Porsche 968

  • 1970: Unter dem Entwicklungsauftrag EA 425 beginnt bei Porsche in Weissach die Konzeption eines Nachfolgers für den VW-Porsche 914
  • 1975: Im November erfolgt die Pressevorstellung des 924. Lieferbar mit Vierganggetriebe und optional mit Dreigangautomatik. Am dritten November Produktionsbeginn des Porsche 924 bei Audi in Neckarsulm
  • 1976: Jeder zweite produzierte Porsche ist ein 924
  • 1978: Im April läuft der 50.000ste Porsche 924 vom Band. Im September wird der 924 Turbo als neuer Leistungsträger enthüllt
  • 1981: Im Juni wird der Porsche 944 vorgestellt
  • 1988: Im Sommer läuft die Produktion der Modellreihen 924 S und 944 aus. Markteinführung des Porsche 944 S2
  • 1991: Im Juni erfolgt die Pressepräsentation des von Harm Lagaay gestalteten Modells 968 als Coupé und als Cabriolet, ein Roadster entsteht nur als Prototyp. Der 968 läuft im Porsche-Stammwerk Zuffenhausen vom Band. Als Nachfolger des 944 debütiert die Modellreihe 968 auf der Frankfurter IAA. Im ersten Jahr beträgt die 968-Produktion nur 15 Einheiten
  • 1992: Ab August ist der Porsche 968 CS als neues, preiswerteres Basismodell lieferbar. Insgesamt werden in diesem Jahr 5.102 Coupés und Cabriolets gebaut.
  • 1993: Für die Saison 1993 schreibt der Porsche Club Deutschland einen 968 CS (Clubsport)-Cup aus mit zehn Veranstaltungen. Die 968 CS sind identisch mit den Serienautos, dürfen allerdings nochmals 50 Kilo auf mindestens 1.270 Kilogramm abspecken. Der 968 Turbo S und die Wettbewerbsversion 968 Turbo RS werden eingeführt. Allerdings entstehen vom Turbo S statt geplanter 100 Einheiten nur zehn Fahrzeuge und vom Turbo RS nur drei Einheiten. Die Gesamtproduktion des 968 beträgt in diesem Kalenderjahr 3.485 Einheiten
  • 1994: Der Turbo RS startet wie schon im Vorjahr im ADAC-GT-Cup und in diesem Jahr auch in der Global Endurance GT Championship. Der bisher als reiner Zweisitzer verkaufte 968 CS wird optional mit Rückbank und sogenanntem Komfortpaket angeboten, das elektrische Fensterheber etc. umfasst.
  • 1995: Im Sommer Produktionsauslauf des 968 nach nur noch 870 Einheiten im letzten Jahr
  • 1996: Vorstellung der Mittelmotorbaureihe Boxster
305 PS stark: Porsche 968 Turbo S
Quelle: Porsche
Seine Glaskuppel stammte von den Vorgängern, die Front war neu: Porsche 968
Quelle: Porsche
Mit dem Basismodell 968 CS sank der Basispreis um 17.000 Mark
Quelle: Porsche
Porsche 968 Cabrio, Exportversion 1992
Quelle: Porsche
Das günstige Einstiegsmodell brachte dennoch keinen Verkaufserfolg
Quelle: Porsche
Cabriolet und Coupé wurden gleichzeitig vorgestellt
Quelle: Porsche
Der 968 konnte den Erfolg des Vorgängers nicht wiederholen
Quelle: Porsche
Porsche 968 Turbo RS bei den 1.000 Kilometern von Paris 1994
Quelle: Porsche
Der Innenraum des 968 Turbo S
Quelle: Porsche
Porsche 968 Cabrio, Exportversion 1992
Quelle: Porsche
Porsche 968 Coupé, 1993
Quelle: Porsche
Der Porsche 968 Turbo S ist heute ein gesuchtes Modell
Quelle: Porsche
Porsche 968 in Transaxle-Bauweise
Quelle: Porsche