T2 Feuerwehr: Umbau zum Camping-Mobil
Alte Mercedes-Feuerwehr verbringt ihre Rente auf dem Campingplatz
Im Alltag sind Feuerwehrautos meist rasende Hoffnungsträger. Im Alter wechseln sie zu gemütlichen Traum-Transportern. Wir haben mit einem solchen Gefährt entschleunigt.
Brandenburg im frühen April - Die Farbe Rot besitzt so viel Heizkraft, dass rote Socken als das Geheimrezept gegen kalte Füße gelten. Was das über eine Nacht in einem Feuerwehrauto aussagt? Hängt von der Raumluft ab. 3 Grad zeigt das Thermometer. Merke: So viele rote Socken kann kein Mensch tragen, dass die Füße dann noch warm bleiben. Merke zudem: Heizlüfter sind viel besser als ihr Image.
Unsere Autorin hat sich für die erste Campingnacht des Jahres nicht nur eine der kältesten April-Nächte ausgesucht, sondern auch ein außergewöhnliches "Zuhause". Passt gar nicht zu der Frostbeule (gemeint ist die Verfasserin dieser Zeilen). Solange die Sonne scheint, zittert hier die Motorhaube, wer will es dem 68er-Altmetall bei Tempo 100 (bergab, mit Augen zu) verdenken. An Bord hat der ausrangierte Rote vom Typ Mercedes Düsseldorfer alles, was man für stilvolles Leben am See braucht. Also Klappgrill, Kohle, eine Kiste voller Spiele und mehrere Campingstühle. Vor seinem Leben als Campingmobil hatte „Düdo“ eine große Wasserpumpe an Bord und legte bei zwei Elbe-Hochwassern die Keller der Anwohner trocken.Von der Jugendfeuerwehr zum Campingmobil
2013 rollte „Düdo“ in Rente. Der Bürgermeister von Rathmannsdorf übergab den Lebensretter damals persönlich an ein paar Männer, die sich später Urlaubsretter nennen. Sie bauten den Feuerwehrwagen mit viel Liebe und in sehr vielen Stunden zum Rollin' Home um. Geplant war damals noch, den roten Kasten nur selbst zu nutzen. Doch in den vielen Stunden mit Flex, Lack, Sprühfarbe und Akkubohrer entstand die Idee, daraus ein Geschäft zu machen. Keines, um reich zu werden. Aber eines, das den Wagen mobil hält. Warum sollte das gute Stück nur drei, vier Wochen im Jahr fahren, wenn es doch so schön ist, damit zu reisen? Seit Herbst 2013 teilen die Männer ihr Campingmobil mit allen, denen Fiat-Ducato- und Ford-Transit-Umbauten zu langweilig sind. Die Idee der Urlaubsretter fanden 2014 so viele Familien, Festival-Fans und Entschleuniger so gut, dass in diesem Sommer ein weiteres Fahrzeug den Fuhrpark der Urlaubsretter erweitern wird.
Fünf Jahre nach dem letzten großen Einsatz hat „Düdo“ wieder zwei Wasserpumpen an Bord. Allerdings sehr kleine. Die eine spritzt auf Fußdruck Wischwasser auf die Scheibe, die andere lässt frisches Wasser ins Spülbecken fließen. Der Tank fasst 20 Liter. Neben der Spüle gibt es zwei Kochplatten, die mit Gas betrieben werden. Das reicht für einen großen Topf Spaghetti mit Tomatensoße und den morgendlichen Kaffee – die Espressomaschine gehört zum Camping-Inventar.
Eine Feuerwehr ohne Blaulicht, ist wie eine Donauwelle ohne Kirschen. Deshalb haben die „Urlaubsretter“ das Original durch eine Laien-taugliche Variante ersetzt. Die Spiel-Version klebt auf dem Armaturenbrett und wird über einen 12-Volt-Anschluss betrieben. Zusammen mit dem Radio und der Silikon-Halterung für Smartphones ist das Licht das einzige High-Tech-Extra des Oldies.Mit Axt und Sonnensegel
Am Äußeren der Feuerwehr haben die drei neuen Besitzer kaum etwas verändert. An der Seite steht der Schriftzug „Jugendfeuerwehr Rathmannsdorf“, am Heck hängt eine schmale Leiter, die während der Fahrt mit einem Riegel fixiert wird. Über sie gelangt man aufs Dach. Dort oben ist – nach dem Fahrersitz - der wohl schönste Platz unserer Feuerwehr. Das Blech ist selbst an kalten Tagen warm, die Aussicht je nach Standort herzerwärmend. In der Metallbox auf dem Dach haben die Urlaubsretter ein Sonnensegel verstaut – und eine Axt. Beides kann zumindest theoretisch Leben retten.
Im Heck der Feuerwehr gibt es zwei sich gegenüberliegende Sitzbänke, die in eine sehr breite Liegefläche (für drei Personen) umgebaut werden können, auf der man Purzelbäume schlagen kann. Wer noch mehr Schlafplätze braucht, kann zwei Hängematten installieren. Doch die sind nur für Kinder geeignet - und hängen ziemlich dicht über dem Schlafplatz.Apropos Schlafen. Nein, einen Heizlüfter sollte man nie über Nacht im Auto laufen lassen, schon gar nicht in einem Camper. Würde unsere Autorin auch nie tun. Nicht mal, wenn sie gar kein Paar rote Socken tragen würde. Theoretisch wäre es aber möglich gewesen, wenn sie mit einem durch ein Fenster gelegten Verlängerungskabel (natürlich wasserfest) Strom vom Standplatz ziehen würde. Also TÜV-Prüfern war es in der besagten Nacht in jedem Fall zu kalt. Aber wenn so ein Heizlüfter über Nacht auf voller Stufe laufen würde, dann könnten schlimme Dinge mit "Düdo" passieren. Am Ende hätte man gar die Feuerwehr rufen müssen. Und das wäre dann doch tragisch-komisch.
45 Liter Super auf 200 Kilometern
Nun, vor dem Camping steht die Fahrt dorthin. Unsere Autorin am Steuer produzierte dabei auf 200 Kilometer in etwa so viel Schweiß wie der knapp 60 Jahre alte 2,2-Liter-Benziner verbrannte. Das war ganz ordentlich. Beim Auto gut 45 Liter Super auf 193 Kilometer. Denn der Düdo wiegt schwer, auch wenn die Urlaubsretter ihn für Führerschein-B-Besitzer auf 2,8 Tonnen runterrüsteten. P.S: Eine Servolenkung besitzt so ein Auto nicht. Sobald die Reifen richtig rollen, dreht die alte Dame fast im Stand. Doch schon nach dem zweiten Mal einparken hinterlässt das dünne Kunststofflenkrad Druckstellen auf Handballen.
Dann der Choke. Viele jüngere Autofahrer kennen so etwas gar nicht mehr. Mit Fingerspitzengefühl muss er justiert werden, damit der Vergaser exakt mit Luft versorgt wird. Am besten läuft die Feuerwehr, wenn der Hebel bis zur Hälfte herausguckt. Die richtige Stelle zu finden, bedarf Zuneigung und Gefühl für einen feinen Widerstand. Von den vier Gängen brauchte unsere Testerin nur drei. Ein Fünfter wäre trotzdem fein.. Der erste Gang ist so kurz, den kann man sich sparen. Freiwillig kuppeln in dieser Feuerwehr nur Menschen mit starken, langen Beinen – beides fehlt der Fahrerin.Spätestens ab 60 km/h sehnen sich Ottonormalfahrer nach einem fünften Gang. Da dröhnt der 85 PS starke Motor bei hohen Drehzahlen so heftig in den Ohren wie Janis Joplin nach ein, ach was, zwei Flaschen Whisky. Bei 70 km/h verharrt der Gasfuß – eine Unterhaltung ist kaum noch möglich. Fünf Minuten später passiert, wovon Einflugschneisen-Bewohner berichten: Das Hirn schaltet den Lärm aus – der rechte Fuß gibt alles, unbewusst. Plötzlich stehen 90 km/h auf dem Tacho. Alter Falter. Die Tachonadel könnte noch höher drehen, so ungefähr 15 km/h, der Düdo auch – aber darüber darf unsere Autorin nicht schreiben. Feuerwehr hin, Feuerwehr her, das wäre schneller als die Polizei erlaubt.
Fazit: Diese Feuerwehr sieht heiß aus, und fährt sich so. Für den Camping-Urlaub rund um Berlin gibt es kaum ein ehrwürdigeres Gefährt. Ja, damit lässt es sich auch bis nach Südspanien verreisen. Doch dafür bedarf es einer gut gefüllten Tankkarte und einem Spielzeugeimer voller Ohropax.
Die Feuerwehr könnt Ihr auf www.die-urlaubsretter.com buchen. Eine Nacht kostet zwischen 79 und 109 Euro. Der Düdo aus dem Jahr 1968 schluckt rund 20 Liter Super auf 100 Kilometern und kann mit dem Führerschein Klasse B gefahren werden. Zur Ausrüstung gehören fünf Schlafplätze, fünf Sitzplätze, zwei Kochplatten, ein Spülbecken mit Frischwasser und zwei Batterien für das Campen fern von Steckdosen. Ebenfalls mit an Bord: ein Grill, Stühle, ein Tisch, Bücher und Spiele, etwas Geschirr, eine Espressomaschine und ein Sonnensegel.
"Dann die Choke. Viele jüngere Autofahrer kennen so etwas gar nicht mehr."
Ich glaube die Autorin kannte den Choke vorher auch noch nicht. Es heißt "der Choke"!
und die richtige URL lautet: www.die-urlaubsretter.com
Ansonsten netter Bericht der mich an meine Camper-Anfänge erinnerte.
Viele Grüße,
Jürgen W. aus P. 😎
Immerhin »Choke« und nicht »Schock«, »Joke« oder »Tschok« wie es von den - auch älteren - MT Forenteilnehmern gelegentlich zu lesen ist. 😊
Grüße, Martin
Für das Geld miete ich lieber ein ordentliches Wohnmobil, es sei denn, Sabine kommt mit 😜
Da endet die Urlaubsfahrt doch schon an der Tankstelle ... 😆
Guter Einwurf. Haben wir verwandelt (korrigiert).
Ich denke mal ein moderner 40 tonner lässt sich im Alltag leichter fahren fahren als dieses Schätzchen.
Die Gute alte T2 Baureihe....laut,kantig aber irgendwie alte deutsche Wertarbeit.
Macht doch nix, so lange Sabine..... o.k., hatte ich schon erwähnt 😜
Sowas mache ich seit 2011. Allerdings nicht als H-Steuertrick Campingmobil sondern als rollendes Kino, ist zwar kein Mercedes sondern ein 75er VW LT. Und das dann quer durch Deutschland, siehe Bericht Hier:
http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/freizeit/freizeit-146.html
Allerdings könnte ich über das Märthyrium Zulassungsstelle ein Buch schreiben. "Feuerwehr auf Privat geht nicht" usw… Nun ja, am Ende ging es doch 😊
Ok mit Sabine könnte man sich das mal überlegen, brächte hier denn eine Ümrüstung auf Autogas was?????
Ich war Erster. Das mit Sabine kannste vergessen 😊 Autogas ist natürlich fast immer bei den alten Benzen möglich. Sind bestimmt gasfest. Wie auch mein grünes altes Eisen 😊
Na wenn, dann entscheidet das wie immer die Frau, hier Sabine....
Gas ist nur Geil.
Zu Deutsch auch Starterklappe genannt... "Schock" ist halt eingedeutscht, dank Rechtschreibreform kann ja heute ohnehin jeder schreiben, wie er will. Aus Friseuse wurde ja auch eine Frisöse (sieht furchtbar aus).
Druck auf der Leitung 😊? Aber es ist vermutlich besser fuer alle, wenn wir akzeptieren, dass zwischen Mann und Frau immer ein kleiner Flirt laeuft 😉.
Nette Feuerwehr. Klar kann man bequemer reisen, aber das ist wohl Gewoehnungssache. Wir tendieren ja immer etwas zum Luxus 😊. Muss nicht sein, ist aber doch angenehm.
Auf Gas wuerde ich den btw. nicht umruesten wollen. Vergaser auf LPG umruesten geht zwar, aber in dem Alter ist man doch darauf aus den so original wie moeglich zu halten. Die 2-3x im Jahr, die man damit weiter weg faehrt, kann man dann auch bezahlen oder? 😊
Du, das kannste knicken 😉 Sabine ist schon für mich bestellt 😆