VW Atlas Tanoak, Atlas Cross Sport (2018): Showcar-Testfahrt

Amerika hat noch viel Platz für VW-SUVs

Constantin Bergander

verfasst am Sun Aug 26 06:00:59 CEST 2018

Aus dem SUV für Amerika wird eine Atlas-Familie: VW denkt laut über Derivate mit Coupé-Heck und Ladefläche nach. Testfahrt in den Studien Tanoak und Cross Sport.

Ein Serienauto, zwei mögliche Derivate: VW will die Atlas-Familie in den USA vergrößern
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners

Wolfsburg – VW lädt dem Atlas viel auf. Das große, aus dem Baukasten entwickelte SUV soll die Marke in den USA aus dem Tief tragen. Gemeint ist nicht der Dieselskandal, sondern VWs allgemeine USA-Schwäche. Die Wolfsburger Autos passten einfach nicht in die neue Welt. Sie waren zu teuer, zu europäisch, zu klein, zu wenig angepasst. Da half selbst der US-Passat nur kurz.

Die neue USA-Strategie beinhaltet nach wie vor europäische Modelle, aber auch vieles, das speziell auf den US-Geschmack zielt. Den teuren Touareg (zuletzt ab ca. 50.000 US-Dollar) streicht VW in den USA komplett. Ihn ersetzt der größere, aber viel günstigere Atlas. Seine Vorteile: drei Sitzreihen und ein Basispreis von rund 30.000 US-Dollar.

Seit der Atlas auf dem Markt ist, geht es in den USA bergauf. Von Mai bis Dezember 2017 verkaufte VW in den USA 27.119 Exemplare, vom Touareg im gleichen Zeitraum etwa ein Zehntel davon. Selbst als er neu war, ging er lange nicht so gut. Ein sicheres Zeichen, dass das neue US-SUV funktioniert. Und dafür, dass in den anliegenden Segmenten noch Platz für weitere Modelle sein könnte.

Atlas-Derivate: SUV-Coupé und Midsize-Pick-up

In den USA wäre der Tanoak ein Midsize-Pick-up. Er übertrifft den Amarok um einige Zentimeter
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Auf der Automesse in New York testete VW das. Der Atlas stiftete seine Basis für zwei Studien. Beide in Kategorien, die in den USA interessant sind: Der Atlas Cross Sport ist ein Atlas mit gekürztem Heck und flotter Dachlinie – im Marketing-Deutsch nennt man diese Autos SUV-Coupé. Der Atlas Tanoak ordnet sich bei den Midsize-Pick-ups ein.

Die Messestudien wirken an manchen Stellen noch futuristisch oder überzeichnet. Aber die Nähe zum Atlas zeigt, wie mögliche Serienautos aussehen würden. Etwas zahmer, mit weniger schrägen Schürzen, vermutlich ohne Seilwinde und wahrscheinlich mit kleineren Rädern sowie normalen Reifen.

Was alle Atlas-Derivate verbindet: Sie bieten ein ausgezeichnetes Raumgefühl. Fahrer und Beifahrer sitzen verschwenderisch gut, in Reihe zwei bleibt viel Platz. Die Autos sind innen deutlich größer als Tiguan oder Touareg. Im Cross Sport kürzt VW nur den Raum hinter Reihe zwei – weniger Nutzwert, aber kompaktere Maße und ein hübscherer Rücken.

Alle Atlas-Modelle basieren auf der größten Ausbaustufe des modularen Querbaukastens, also prinzipiell auf der gleichen Architektur wie Golf, Passat und Jetta. Sie könnten alle auf dem gleichen Band gebaut werden. In der Serie würden sie vermutlich identische Motoren bekommen. Der Atlas gibt vor: einen Turbo-Vierzylinder (238 PS) oder einen VR6-Sauger (280 PS) mit Front- oder Allradantrieb und Wandlerautomatik.

Auf Diesel verzichtet VW in den USA. Alternative Antriebe stehen ebenfalls nicht auf dem Programm – obwohl sie in die Plattform passen. Beim Atlas geht Preis vor Technik. VW setzt den Schwerpunkt auf Größe und Nutzbarkeit. Elektrifizierung kommt in den USA erst mit der I.D.-Familie.

VR6-Benziner in den Atlas-Studien

Der VW Atlas verkauft sich in den USA längst besser, als es der Touareg jemals konnte
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
In der Studie Cross Sport steckt noch VW-Zukunftsmusik. Ein Hybrid-Allrad ohne Kardanwelle und mit 314 bzw. 360 PS Systemleistung – je nachdem, ob das Auto ein Voll- oder Plug-in-Hybrid wird. Andere Hersteller bauen Systeme mit einem Elektromotor an der Hinterachse schon in Serie. VW lässt sich damit noch Zeit, in den Atlas-Derivaten kommt die Technik nicht.

Für unsere Probefahrt ist das Hybridsystem deaktiviert. Bei Studien ist die Funktionalität generell eingeschränkt – sie sollen hübsch aussehen, nicht serienreif sein. Aber der VR6-Benziner unter der Haube arbeitet problemlos. Er passt gut zur Fahrzeuggröße und geht unaufgeregt ans Werk. Sein Moment kommt mit der Drehzahl und entwickelt sich angenehm linear.

In Deutschland hat VW den Sechszylinder für den Quereinbau längst ausgemustert. Den Bereich bis 310 PS deckt ein Vierzylinder-Turbo ab, mehr Dampf ist vorerst nicht vorgesehen. Der Motor wäre in einer hohen Leistungsstufe zu nervös für die großen SUVs. Sie verlassen sich lieber auf den Hubraum und brabbeln entspannt mit ordentlich Kraft in der Hinterhand voran.

Im Atlas Tanoak fällt das noch deutlicher auf. Denn der Pick-up darf kerniger klingen als seine beiden Brüder. Der Sound vermittelt jene Souveränität, die das Auto dringend mitbringen muss. Denn viele seiner direkten Konkurrenten bauen auf einem robusten Leiterrahmen auf. Die selbsttragende Karosserie des Atlas könnte als weniger belastbar wahrgenommen werden.

Eineinhalb Zusagen für die Atlas-Derivate

Flottes Heck: Der Atlas Cross Sport hat nur zwei Sitzreihen und einen kleineren Kofferraum
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Stimmt nicht, sagt VW. 750 Kilogramm Zuladung seien kein Problem. Mit einer verstärkten Hinterachse wäre sogar eine Tonne möglich. Mit 5,44 Metern Länge und 3,26 Metern Radstand baut er außerdem länger als ein (nicht verwandter) VW Amarok. Er bekommt mehr Platz in der Doppelkabine und eine ordentliche Ladefläche. Nützlich: Es gibt eine Durchlade vom Innenraum nach hinten.

Das wären wichtige Argumente in einem wichtigen Segment. Jährlich werden in den USA etwa 450.000 Midsize-Pick-ups verkauft. Besonders patriotisch geht es in der Klasse nicht zu: Toyota, Nissan und Honda kommen gemeinsam auf einen Anteil von gut zwei Dritteln. Chevrolet liegt mit 25 Prozent auf Platz zwei. Nur bei den ganz großen SUVs besteht man auf heimische Marken.

Trotzdem ist der Atlas Pick-up noch nicht endgültig beschlossen. VW deutet an, dass es nicht schlecht aussieht. Festlegen möchte man sich aber noch nicht. Obwohl er bei unserer kurzen Runde bereits sehr harmonisch wirkte – von den grobstolligen und deshalb lauten Reifen abgesehen.

Für den Cross Sport stehen die Chancen besser. Der ist bereits beschlossene Sache. 2019 will VW in den USA das Serienmodell vorstellen und verkaufen. Vermutlich orientiert sich der Innenraum dann stärker am regulären Atlas. Nach Europa werden die Autos nicht kommen.

 

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Grobstollige 275er-Bereifung auf dem Atlas Tanoak
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Viel Licht am Heck: Wiedererkennungswert am Tanoak
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Die Seilwinde am Pick-up ist nur Show
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In den USA wäre der Tanoak ein Midsize-Pick-up. Er übertrifft den Amarok um einige Zentimeter
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Atlas Cross Sport: Hybridtechnik in der Studie, herkömmliche Antriebe in der Serie
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Die Serienversion: Am regulären Atlas werden sich mögliche Serienmodelle orientieren
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Der Tanoak wirkt stimmig und gut durchdacht. VW hadert trotzdem noch mit der Entscheidung zur Serienproduktion
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Flottes Heck: Der Atlas Cross Sport hat nur zwei Sitzreihen und einen kleineren Kofferraum
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Der VW Atlas verkauft sich in den USA längst besser, als es der Touareg jemals konnte
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Die Serienversion des Atlas glänzt mit viel Platz. Die Bedienelemente kommen aus dem Baukasten
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Im Innenraum des Atlas Cross Sport traut sich VW mehr - zumindest in der Studie. Auf den Monitoren laufen derzeit noch Demos
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Schönes Innenraumkonzept: Der Atlas Tanoak mit Wild-West-Feeling
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Braunes Leder, buntes Licht: Der Tanoak liegt irgendwo zwischen Pkw und Nutzfahrzeug
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Im Fond des Pick-ups gibt es viel Platz - mehr als im Amarok
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750 Kilogramm Zuladung sind auf jeden Fall möglich, mit einer geänderten Hinterachse sogar eine Tonne
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VW zeigte die Atlas-Studien auf der New York Motorshow
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Eigenständige Front: Die Studien unterscheiden sich vom Serienmodell
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Die durchgehende LED-Leiste fällt weg, eigene Scheinwerfer könnten bleiben
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Der VR6-Benziner passt gut zum Charakter des Pick-ups
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Im Tanoak verzichtet VW auf Hybrid-Gedankenspiele
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Die Radläufe übernimmt der Tanoak vom normalen Atlas
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Moderner, eleganter: Der Innenraum des Atlas Cross Sport
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VW setzt viele Displays in der Studie ein
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Der Kofferraum schrumpft gegenüber dem Atlas deutlich. Dafür wird das Heck hübscher
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Die Studie hat einen elektrischen Allradantrieb ohne Kardanwelle
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
Ein Elektromotor an der Vorderachse generiert Strom und schickt ihn an einen zweiten Elektromotor hinten - soweit die Theorie
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners
VW hat den Cross Sport mittlerweile bestätigt. Er geht 2019 in den USA in Serie
Quelle: Volkswagen/Martin Meiners