Porscheprozess: Staatsanwaltschaft fordert weiterhin Haftstrafen
Anklage hält Wiedeking und Härter für schuldig
Der Prozess um die Ex-Porsche-Vorstände Wiedeking und Härter geht in die entscheidende Phase. Die Anklage sieht sich in dem Vorwurf der Marktmanipulation bestätigt.
Stuttgart - Im Porscheprozess hält die Staatsanwaltschaft an ihrer Forderung nach Haftstrafen für die beiden Ex-Firmenchefs Wendelin Wiedeking und Holger Härter fest. Die Angeklagten hätten 2008 ihren Beschluss zur Dreiviertel-Übernahme von VW verschleiert und dadurch den Markt manipuliert, sagte Staatsanwalt Heiko Wagenpfeil am Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht.
Wiedeking soll für zwei Jahre und sechs Monate verurteilt werden, Härter für zwei Jahre und drei Monate. Zudem sollen sie eine Geldbuße von je einer Million Euro zahlen. Die Verteidigung hält die Vorwürfe hingegen für völlig unbegründet und fordert einen Freispruch.
Zeuge entlasten Wiedeking und Härter
Die Ankläger hatten ihr erstes Plädoyer bereits vor drei Wochen vor dem Gericht gehalten. Danach allerdings wurde die Beweisaufnahme überraschend wiedereröffnet, weil Teile der Anklagevorwürfe aus Sicht des Vorsitzenden Richters noch nicht ausreichend beleuchtet worden waren.
Daraufhin wurden zwei Zeugen, die bereits vernommen worden waren, erneut vorgeladen. Der zweite von ihnen, ein früherer Rechtsberater von Porsche, trat am Mittwochmorgen auf. Der 58-Jährige widersprach dem Vorwurf der Anklage, demzufolge eine Porsche-Pressemitteilung von Ende Oktober 2008 den VW-Kurs hochtreiben sollte, um Gewinne mitzunehmen - Porsche hielt damals große Anteil an Volkswagen. Nach der Mitteilung schnellte der VW-Kurs binnen zwei Tagen von etwa 200 auf gut 1.000 Euro in die Höhe.
Nach seiner Kenntnis habe es damals in der Porsche-Chefetage keine Überlegungen zur Gewinnmitnahme gegeben, sagte der Anwalt einer Großkanzlei. "Ich hatte keinerlei Anhaltspunkte, dass dies eine porscheinterne Diskussion oder Sorge sein könnte."
Entscheidung wird Mitte März fallen
Nach der Zeugenaussage hielt Staatsanwalt Wagenpfeil sein Plädoyer. Er räumte zwar ein, dass die in dem Verfahren vernommenen Zeugen die Vorwürfe der Anklage nicht wesentlich hatten stützen können. Dies entlaste Wiedeking und Härter aber nicht, da sie den Übernahmebeschluss ja unbemerkt von allen anderen - also unter sich - hätten fällen können. "Die Beweisanzeichen [...] sind eigentlich eindeutig genug", sagte Wagenpfeil. Es sei nicht überraschend, dass im Verfahrensverlauf mit Zeugen "kein Blumentopf zu gewinnen war".
Das Plädoyer der Verteidigung ist für den 14. März geplant, das Urteil für den 18. März.
Rückblick
Das Verfahren ist eine der vielen juristischen Folgen der VW-Übernahmeschlacht 2008. Porsche wollte damals drei Viertel von Volkswagen übernehmen und mit einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bei Volkswagen ans Steuer rücken. Doch die Pläne gingen schief, die Porsche SE verschuldete sich stark und musste ihre Autoproduktion schließlich an VW verkaufen - 2009 räumten Wiedeking und Härter ihre Posten. Durch Kursschwankungen der VW-Aktie verloren Hedgefonds damals Milliarden, aus deren Sicht waren Marktmanipulationen von Wiedeking und Härter der entscheidende Grund. Sie klagen deshalb in mehreren separaten Zivilverfahren auf Schadenersatz.
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Tolle Überschrift. Wenn die Anklage (die Staatsanwaltschaft) die beiden Manager nicht für schuldig halten würde, hätte sie vermutlich keine Anklage beim Gericht eingereicht. Nur entscheidet letztlich nicht der Staatsanwalt, sondern der Richter (ggfls. der letzten Instanz) über Schuld und Sühne, äh, Unschuld.
Dieser Prozeß bleibt weiterhin sehr spannend...
Liest eigendlich mal jemand Korrektur?
Entweder entlastet der Zeuge oder (die) Zeugen entlasten.
Wenn ich mir ansehe, wie lange die juristische "Aufarbeitung" dieser G'schicht schon dauert, bin ich mir sicher dass die VW-Abgas-Story bis etwa 2030 in Ansätzen abgehandelt sein
wirdkönnte.Manchmal frage ich mich, ob es Absicht ist, solche Prozesse so lange hinzuziehen.
Je länger es dauert, um so schwieriger ist die Beweislage.
Und die 1 Millionen Strafe sind angesichts des Schadens und des Einkommens ziemlich niedrig angesetzt.
Da Wiedeking und Härter als Angestellte sicher nicht im Alleingang handelten sondern vom Aufsichtsrat kontrolliert wurden sollten die Schuldigen, wenn es Diese geben sollte, dort gesucht werden. Insbesonders die Rolle des Ferdinant Piech der im Aufsichtsrat des potentiellen Käufers saß, wie auch Miteigentümer war, wie auch im Aufsichtsrat des potentiellen Kaufobjekts dürfte da mehr als ein eine Kleine sein.
Aber da diese Aufsichtsräte schon reingewaschen wurden dürften Angestellte nicht mehr Schuld haben als Diese.
Der Prozess ist schlicht die Rache von Zockern die sich verspekuliert haben. Im Falle VW haben sich die Hedgefonds schlicht verzockt.
@Sir Donald, Vorstände kann man meiner Ansicht nach nicht einfach mit Angestellten vergleichen. Die handeln ja nicht auf Weisung des Aufsichtsrats, sondern haben die Aufgabe, die Gesellschaft zu führen. Damit bestimmen sie ganz wesentlich, was die Firma so treibt. Sicher spricht allerdings nichts dagegen zu überprüfen und evtl. auch zu sanktionieren, wenn der Aufsichtsrat seiner Kontrollpflicht nicht hinreichend nachgekommen ist.
Sowas diskutiert auch niemand im Vorstand unter Zeugen. Insiderhandel oder Marktmanipulationen laufen meist über Strohmänner. Soweit ich weiß hatte auch das Handelssystem der Börse einen "Schluckauf". Viele haben sich da dusselig verdient, auch kleine Anleger.
Damit zeigst du einige der Grundprobleme von Wirtschaftsstrafprozessen in Deutschland auf. In den USA werden Wirtschaftsstrafverfahren weitaus konsequenter abgearbeitet.
Ich glaube, du unterschätzt die Sachlage. Solche Verfahren überhaupt bis zur Anklage zu bringen, erfordert immensen Aufwand. Die Klage schlüssig zu machen und die Vorwürfe beweisen zu können noch mehr. Die beiden bewegten sich mit den Geschäften rund um die VW-Übernahme in einer gefährlichen Grauzone zwischen Clevernessund Kriminalität bei riskanten Geschäften. Diese Grenze deutlich zu ziehen, ist das Bemühen der Staatsanwaltschaft. Es geht hier nicht um zwei auf frischer Tat ertappte Fahrraddiebe.
Grüße vom Ostelch
Glaubst Du das Wiedeking und Härter ohne komplette Rückendeckung des Aufsichtsrats, bzw der Eigentümerfamilien, agierten? Wenn die Idee nicht sogar aus deren Reihen kam.
Und wenn der Vorstand ohne Wissen des Aufsichtsrats dieses Vorhaben angeleiert hätte und Dieser nicht über die laufenden Käufe und Optionen informiert gewesen wäre hätte der Aufsichtsrat versagt.
Aber schon die Kontrollsucht eines Egomanen in Person des Herren F. Piech dürfte ausschließen das die Beiden ohne Rückversicherung handelten.
Davon ganz abgesehen war selbst mir Börsenlaie bekannt das nach Abzug der Anteile die Niedersachsen und die anderen Großaktionäre eh schon besessen haben und dem damals bekannten Anteil von Porsche an VW kaum mehr als eine Handvoll Aktien frei gehandelt werden können. Wenn man aber mit Aktien einer Firma zockt die schon zu mehr als 75% in Händen weniger Großaktionäre ist und bekannt ist das Einer davon die Kontrolle des Konzerns anstrebt ist man kein Anlageprofi sondern schlicht ein Zocker.
Das Problem war ja das die jetzt klagenden Fonds mit Aktien handelten die Sie gar nicht besessen haben.
Letztlich gehören Die auf die Anklagebank, denn Handel mit Ware die nicht im Besitz des Händlers ist immer ein hohes Risiko hart am Betrug.
Handel mit Aktien die man nicht im eigenen Besitz hat gehört schlicht verboten.
Wenn Ich zb mit 100000 Aktien handle obwohl Mir bekannt ist das Ich a) nicht Eine besitze und b) zb nur 50000 real an der Börse verfügbar sind ist das Betrug. Die Fonds konnten diesen Vorwurf ja nur deswegen verhindern weil Kleinanleger bei diesen Kursen ihre Aktien auf den Markt warfen obwohl Sie an sich gar kein Interesse hatten Sie zu verkaufen. Nur dadurch konnten genügend Aktien real in den Depots landen.
Wie auch immer, ein Handel mit fiktiven Aktien birgt halt das Risiko das es aus dem Ruder läuft und man gewaltig draufzahlt.
Zum Glück haben die meisten Gerichte bisher diesen Zockern die Grenzen aufgezeigt. Wenn Die mit ihren Klagen durchkommen werden sich AGs vor Klagen nicht mehr retten können weil die Fonds entgangene Spekulationsgewinne als Schadensersatz einklagen wollen.
😆 Ich wär ja dafür das Spekulationsgewinne an der Börse nicht mehr versteuert werden müssen, Verluste und Gebühren aber auch nicht mehr von der Steuer abgesetzt.
Betrug ist das nicht. Selbst bei deinem Beispiel waren ja genug Aktien am Markt, als sie gebraucht wurden. Ich kann auch jetzt schon einen Vertrag über die Lieferung von 1000t deutschem Spargel, Ernte 2016, abschließen. Wenn Liefertermin der 30. Mai ist, ist das objektiv möglich. Das ist auch kein Handel mit "fiktivem" Spargel. Der Käufer kann diesen Spargel auch schon weiterverkaufen, bevor er ihn überhaupt hat. Da mit Aktienspekulationen mehr Gewinne als Verluste gemacht werden, sonst gäbe es sie nicht, wäre die Steuerbefreiung keine so glückliche Idee für die Staatskasse.
Grüße vom Ostelch
Das wäre fast die exakte Beschreibung von "Geschäftsführer", die sind praktisch mit einem Bein immer drin.