Audi Quattro Ultra: Jetzt auch nicht-permanent
Audis Allrad ist permanent - aufmerksam
Ein Quattro, der die Hinterachse abkoppelt: Audi sucht beim neuen Allradantrieb „Quattro Ultra“ den Vorsprung durch Technik. Auf Kosten des Markenkerns?
Innsbruck - Am Schriftzug hat sich nichts geändert, immerhin: nach wie vor prangt „Quattro“ auf dem Heckdeckel und im Kühlergrill. Auch der Fahrer soll von den tiefgreifenden Veränderungen nichts merken, verspricht Florian Kolb, Projektleiter Entwicklung Allradsysteme bei Audi. Wenn schon drei Technikvorstände das System nicht abgelehnt hätten, so der Ingenieur, dann werde das Produkt auch die Konsumenten überzeugen.
Das kann man so sehen, muss man aber nicht. „Quattro“ gehört zum Markenkern von Audi, und eine grundlegend neue Auslegung des Allradsystems kann daher manche Fans verärgern. Quattro, das war bisher vor allem das permanente Allradsystem mit Torsen- respektive Kronenraddifferenzial. Und aus Marketinggründen auch die Lösung mit Haldex-Kupplung in den Varianten mit quer eingebautem Motor.
Ein Torsendifferenzial lässt mechanisch nicht zu, dass nur eine Achse angetrieben wird. Genau das macht den Audi-Antrieb permanent, aber genau das bedeutet auch Mehrverbrauch, weil mehr Zahnräder in Bewegung gehalten werden müssen.
Strafzahlungen fürs Marketing
Die Techniker wollen nun gegenüber dem alten System 0,3 Liter pro 100 km einsparen. Das ist aus Sicht des Autofahrers nicht viel, aber es sind Welten beim Flottenverbrauch. Darum geht es beim neu konstruierten Allradantrieb. Schließlich werden Strafzahlungen fällig, wenn man die EU-Grenzwerte überschreitet.
Strafzahlungen müsste eigentlich auch das Audi-Marketing leisten für die Wortschöpfung „ultra“. „Quattro Ultra“ liest der Kunde demnächst in den Preislisten. Es bedeutet, dass diese Audi-Allradmodelle dann auch nur mit den Vorderrädern fahren können. Und zwar immer dann, wenn die zweite angetriebene Achse überflüssig ist. Das ist bei griffiger Fahrbahn und normalem Fahrstil quasi immer der Fall.
Ein solches Verhalten von Allradantrieben ist unspektakulär und auch im VW-Konzern keine Sensation. Audis „Ultra“-Allradantrieb jedoch nimmt nicht nur die hinteren Räder vom Netz, sondern koppelt auch die Kardanwelle per Klauenkupplung ab. Das geschieht unmerklich und ruckfrei. Denn erstens werden die Zahnradpaare der Kupplung vor dem Zuschalten synchronisiert, so dass in jedem Lastzustand und bei jedem Tempo eingeloggt werden kann, und zweitens ist die Vorrichtung ölgedämpft.
Permanent aufmerksam
Das besonders rasche An- und Abkoppeln des Allrads sei wichtig, erklärt Techniker Kolb. Schließlich möchte der Kunde keine Nachteile gegenüber dem bisher eingesetzten, permanenten System verspüren. Binnen 0,2 Sekunden wird aus dem frontgetriebenen A4 ein 4x4. Skeptiker, denen das noch immer zu lange erscheint, begegnet Kolb mit einem weiteren Clou.
Die Bordelektronik ist fähig, das System vorzuspannen und so einsatzfähig zu machen, bevor es wirklich benötigt wird. Lenkt der Fahrer einmal scharf ein, steht der Allradantrieb parat. Auch einen kräftigen Tritt aufs Gaspedal merkt sich die Anlage und reagiert entsprechend. Darüber hinaus wird der Straßenzustand ständig überwacht – glatte Passagen fährt der neue Quattro stets im 4x4-Modus.
Dass Audis Allradsystem zwar nicht permanent, aber permanent aufmerksam ist, spürt der Fahrer nicht. Selbst Vollgaseinsätze mit Lenkwinkel ließen keine Antriebseinflüsse zum Lenkrad durch.
In Serie geht der neue Allradantrieb mit dem bald startenden A4 Allroad, danach zieht „Quattro Ultra“ in weitere Baureihen ein. Skeptiker der Lamellenkupplung seien beruhigt: Sämtliche Audi mit mehr als 500 Newtonmeter maximalem Drehmoment erhalten weiterhin den permanenten Allradantrieb.
Der Weg ist frei für den 2.0 TFSI mit 190PS als Quattro Ultra 😉
Und wieder geht es um den "Flottenverbrauch" - mal wieder zum Ärgernis der Fahrer.
Quattro heißt nicht umsonst so. Verbrauch hin oder her. 🙁
Wieder ein Alleinstellungsmerkmal das Wegfällt. Genau wie VW's PD-Triebwerke.
(FÜR ALLE KLUGSCHEIßER: Alles über 500Nm behält den alten Quattro, das hab ich sehr wohl gelesen. Fragt sich nur wie lange noch!)
Diese Problematik der erhöhten Grundverluste beim permanenten quattro hatte mich schon länger gewundert - also im Hinblick auf max. Alltagseffizienz. Bedingt ja auch einen (permanenten) Leistungsverlust im Vergleich zu nur 1 angetriebenen Achse. Einkuppelnde Systeme wie X-drive sind davon nicht betroffen, aber eben auch entsprechend unsportlicher.
Allerdings wäre es wünschenswert, wenn man das System selbstbestimmt "abschalten" könnte, also die Kupplung - z.B. für ein Fahrsicherheitstraining oder sportliches Fahren - per Vorauswahl schließen könnte.
Somit kommt dies für die S-Modelle wohl nicht in Frage...zumindest nicht für die >S3.
war ja nix anderes zu erwarten
Werden auch die hinteren Antriebswellen (siehe z.B. ZF Econnect) abgekoppelt oder werden die samt hinterem Differenzial "mittgeschleppt"?
koppelt doch bitte die Vorderachse ab, nicht die Hinterachse😉
Das ist doch viel spannender.
Wenn das nur die Ultra Modelle bekommen, dann stört mich das nicht sonderlich, sondern ist nur konsequent in Sachen Verbrauchsoptimierung. Permanenter Allrad frisst halt einfach mehr, das war schon immer so.
Schade finde ich es jedoch, dass man es nicht anders herum gemacht hat. Heck permanent angetrieben und bei Bedarf die Vorderräder dazu, damit könnte man sich anfreunden.
Ist das jetzt ein Mittelding zwischen dem Haldex-System und dem permanenten Quattro?
j.
nein, das ist ein quasi-permant Quattro
Tja, bei BMW geht das.
Dass der arme Walter Röhrl sowas erleben muss...
In der nächsten Ausbaustufe entdeckt Audi dann die Freilaufnaben wieder, um genau das zu tun - hoffentlich ist dann noch ein Namens-Superlativ frei 😉.
Der Hauptverlust liegt aber meistens daran, dass die mitgeschleppte Achse über die Achsübersetzung die Kardanwelle beschleunigen, bzw. abbremsen muss. Ist jetzt die Frage, wo genau Audis Klauenkupplung sitzt. Als Freilaufeinrichtung im Differential (zwischen Tellerrad und Antriebswellen) wär's eigentlich sinnvoller als außerhalb des Diffs. Wäre jetzt allerdings mit Hinblick auf ältere Allradantriebe auch nicht wirklich neu, höchstens in der Kombination mit - oder als Ersatz? - der Haldexkupplung vorne. Geht aus dem Artikel jetzt nicht so wirklich hervor, welches Element die Mitteldifferentialfunktion bei zugeschalteter Hinterachse übernimmt?
Hm... beim Haldex wird die Hinterachse doch auch zugeschaltet und bekommt maximal 50% Leistung oder Drehmoment. Wie lange braucht das Haldex zum Zuschalten? Oder spricht man da nicht von "zuschalten"? Da wird die Achse hinten wohl erst bei anfangendem Durchdrehen aktiv, oder? Irgendwie verstehe ich nicht das Besondere des neuen Allrads bei Audi. Das Haldexsystem verbraucht doch auch weniger als ein permanenter Allrad, oder?
j.
Ultra-blöd, sag ich mal...
"Ultra" drückt aus dass das, was damit verbunden ist, diese Eigenschaft im Höchstmaß besitzt.
Also genau genommen kann hier ja nur der Permanent-Allrad "Ultra" sein. Da darf man es gern wörtlich nehmen und die "Ultra"-Aufkleber zurecht drauf pappen.
Die neue Spar-Variante ist dagegen höchstens ein "Semi"-Quattro - mehr nicht.