Citroën DS 21 Pallas: Fahrbericht
Auf hydropneumatischen Schwingen in den Bund der Ehe
La déesse – die Göttin. Sie ist das wohl schönste Ergebnis, das Faulheit je hervorgebracht hat. Heute hat sie Konkurrenz: Sie strahlt mit einer Braut um die Wette.
Berlin - Faulheit, weil Citroën-Generaldirektor Pierre Boulanger (kann man noch französischer heißen?) 1938 einen klaren Auftrag an seine Entwickler hatte: Baut mir ein Auto, das seiner Zeit 20 Jahre voraus ist, damit wir es 20 Jahre lang unverändert bauen können.
Auf dem Pariser Salon 1955 zog Gina Lollobrigida das Tuch vom Ergebnis dieses Auftrags: Dem Citroën DS. Was aufregender war, können wir heute nur noch erahnen. Die Lollobrigida oder die Déesse?
MOTOR-TALK-Community-Manager Mitch kann das heute egal sein. Er hat die schönste Frau in seinem Leben gefragt, ob sie für immer an seiner Seite bleiben möchte. Und am schönsten Tag in beider Leben fährt das Paar in einem Citroën DS 21 Pallas, Baujahr 1971. Gebaut im sechzehnten Produktionsjahr des DS, heute 41 Jahre alt.
Citroën DS: Blech & Form
Eines wüsste Citroën gern: Wie konnte man damals ein Auto bauen, das nahtlos den Sprung vom Zukunftsmodell zum Klassiker schaffte? Der DS ist wie eine schicke Jeans oder gutes Benehmen, elegant und zeitlos. Damals war er revolutionär: Die windschlüpfrige Karosserie über dem selbsttragenden Rahmen. Die mit einer bzw. zwei Schrauben befestigten Kotflügel. Die rahmenlosen Tür- und verschraubten Front- und Heckscheiben. Das Dach aus Kunststoff, die ersten Scheibenbremsen in Serie. Und leider die frei gewählten Spaltmaße.
Die Motorhaube aus Aluminium ziert heute ein Blumenschmuck: Begleitet von einem Hupkonzert, chauffiere ich den DS zur Hochzeit.
Koffer & Raum
Vor dem Standesamt steht statt der französischen Göttin die Braut im Mittelpunkt. Wir holen die Kameraausrüstung aus dem Kofferraum. Die Zeitschrift "Auto Motor und Sport" befand ihn 1966 für "zu klein für diese Wagenklasse", uns reicht er heute.
Nach dem Fotografieren nimmt das Brautpaar hinten Platz. Ein weiches Ledersofa, in dem selbst die zierliche Braut zehn Zentimeter einsinkt. Ein prunkhafter Komfort, mit nichts vergleichbar, was heute als "Oberklasse" gilt.
Fahr & Spaß
In einem DS könnte selbst die Prinzessin auf der Erbse schlafen, denn das hydropneumatische Fahrwerk hält den Innenraum frei von Erschütterungen. Nur die Räder hört man etwas poltern. Es soll DS-Fahrer geben, die diesen Effekt lieben. So sehr, dass sie absichtlich die schlechtesten Straßen nehmen. Dafür haben wir keine Zeit, denn wir haben eine Hochzeit zu feiern.
Unser Hochzeitsauto hat bereits die ab 1970 erhältliche Fünfgang-Schaltung. Wer sich an die Bedienung der H-förmigen Lenkradschaltung gewöhnt hat, kann sanft und flüssig durch den Verkehr gleiten. Die hydraulische Lenkung ist leichtgängig, unpräzise und schwammig – aber wer will schon mit einer Göttin Kurven räubern.
Ich habe ganz andere Probleme, und zwar mit dem Bremsknopf, der statt des gewohnten Pedals auf dem Bodenblech prangt. Er gibt nicht den zurückgelegten Fußweg, sondern die Tritt-Intensität an die Bremsen weiter. Nach einigen Kilometern und heftigen Kopfbewegungen habe ich mich daran gewöhnt.
Kraft & Quelle
1966 und 1967 gewann Citroën mit einem DS 21 die Rallye Monte Carlo. An unserem 2,2 Liter großen Reihenvierzylinder mit 104 PS kann es kaum gelegen haben, obwohl der Citroën mit diesem Motor sogar 174 km/h Spitze schafft. Das 1,3 Tonnen schwere Fahrzeug bemüht sich in rund 15 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das ist allemal genug, um majestätisch, pardon, göttlich im Verkehr mitzuschwimmen.Zeitgenössische Testberichte kritisierten den rauen Motorlauf, insbesondere bei hohen Drehzahlen. Im Stadtverkehr fällt uns das nicht negativ auf. Es wäre ohnehin unfair, die 41 Jahre alte Maschine mit heutigen Motoren zu vergleichen. Bei ruhiger Fahrweise trinkt unsere DS knapp 15 Liter pro 100 Kilometer. Citroën gab den Verbrauch 1966 mit 11,2 Liter auf 106 Kilometer (DIN 70030) an.
Ende & Urteil
Mit dem Hochzeitstag endet die Mietzeit der französischen Sänfte. Das Brautpaar ist glücklich. Der Fotograf auch, weil es an der DS so wunderbar viel zu entdecken gibt. Ich bin glücklich, weil ich endlich das technisch beste Auto seiner Zeit fahren durfte. Es musste eben 20 Jahre vorhalten. Der Vermieter, Stefan Schulze von rentmyoldie.de ist ebenfalls glücklich. Trotz der gewöhnungsbedürftigen Bremse bekommt er sein Schmuckstück unversehrt zurück.
Ein DS für den Alltag ist sicher nicht unproblematisch. Eine gute Rostvorsorge ist - wie bei den meisten Fahrzeugen aus dieser Zeit - Pflicht. Ein passabler DS lässt sich kaum unter 10.000 Euro finden, für sehr gute Exemplare aus den letzten Baujahren, so wie unseren DS 21 Pallas, werden mindestens 30.000 Euro fällig. Der DS-Club Deutschland hat eine klare Empfehlung: Ein gutes Auto kaufen ist auf jeden Fall billiger als ein mittelmäßiges zu restaurieren.
Citroën DS 21 Pallas: Technische Daten
- Motor: 2,2-Liter-Vierzylinder-Vergaser
- Getriebe: Fünfgang-Handschaltung, synchronisiertes Getriebe
- Leistung: 104 PS
- Verbrauch: 14,8 l im Drittelmix
- 0-100 km/h: 15 s
- Höchstgeschwindigkeit: 174 km/h
- Länge x Breite x Höhe im m: 4,84 x 1,79 x 1,47
- Gewicht: 1.320 kg
- Preis: 13.200 DM; Heute: Ab 15.000 Euro (Zustand 2)
Quelle: MOTOR-TALK/CB/BMT
Dr. Stefan Frank fährt das Teil noch. 😆
....die Braut ist nicht uninteressant !
Ich richte es ihr aus 😉
😊 .... dass war wirklich auch ganz anstaendig gemeint ! Zum Glueck habe ich auch eine tolle Frau zu Hause, daher weiterhin viel Glueck ! 😜
Gruss
Oliver
Ja, die DS. Ein traum von einem Auto und auch heute noch die technische Messlatte für all die Spielereien für die sich moderne Autobauer gern loben lassen:
- absolut unerschütterliche Straßenlage
- Kurvenlicht
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Und das alles ganz ohne CAN-Bus und Elektronikgerümpel.
Guten Abend,... Hier in Frankreich reiten noch einige die DS vor allem die 23 Pallas. Der TUV ( service des mines ) oder contrôle technique ist etwas toleranter als anderswo.Die suchen nicht nach Minen !!!!! Denen wird aber manche fahrbare Mine vorgefahren. Manch ein Auto wird nur noch vom Rost zusammengehalten;.... dies stoert aber niemanden. Ah das Ding hat vier Raeder... Bien, c'est une voiture. Wie Sie erwaehnten ist das Hauptproblem ROST...... aber da gibt es noch die Hydropneumatic. Ein Buch mit sieben Siegeln. Eine Reparatur oder der Tausch einer Dichtung kann einige Euro oder aber " quelques millions de centimes " kosten. Die aeltere Generation rechnet noch mit " anciens francs ". Aber im Ernst, es ist immer wieder erstaunlich wie viele Leute noch die tollsten Autos in der Scheune haben,.... vor allem,.. sie fahren noch damit. Es gab die DS auch als Cabrio von Chapron, die rostete sogar von oben durch die Sitze. Beste Gruesse
Die damalige Braut dankt und meint zu deinem Auto: "whoop-whooop" Würde ich auch mal gern Probefahren 😉
Ja und? Spaltmaßfetischismus ist hier völlig unangebracht. Zumal die Spaltmaße bei der DS doch völlig zeitgemäß waren. Die geniale Karosserieform reduzierte die Spalten ohnehin auf ein Mindestmaß. Der größere Abstand der Kofferraumklappe zu den Kotflügeln war erforderlich, damit man die Kotflügel zum Radwechsel abnehmen konnte. Dazu musste man nur eine Schrauben lösen und brauchte auch keinen Wagenheber. Dank Hydropneumatik brauchte man den Wagen nur hochpumpen, Stütze unterstellen, auf Radwechselstellung ablassen. Schon war das Rad frei. Anfangs gab es sogar je Rad nur eine Zentralschraube. Für einen kompletten Radwechsel mußte man also nur 6 Schrauben lösen bzw. anziehen. Das Ersatzrad lag vorne im Motorraum noch vor dem Kühler. Die DS fuhr aber auch auf drei Rädern, wenn es sein mußte. Man beachte auch die mächtigen Gummihörner vorn. Hinten waren die Klözchen eher zierlich.Damit hielt man sich die Nachbarschaft vom Leib. Was im täglichen Parkplatzkampf in Paris sicher Vorteile hatte. 😆 Dazu gab es auch eine zweistufige Hupe. Stufe 1 als sanfte Aufforderung, Stufe 2 mit Dreiklang-Kompressor-Fanfare als letzte Warnung! Es gab, jedenfalls bei den Modellen mit Halbautomatik eine einfache Sicherung gegen dumme Autodiebe. Wer es nicht wußte bekam das gute Stück noch nicht einmal gestartet. Denn dazu gab es weder einen Starterknopf, noch ging es über das "Zündschloss". Vielmehr mußte an den oben auf der Lenkradverkleidung sitzenden Schalthebel ganz nach links drücken um den Anlasser zu starten.
Dieses Auto steckt so voller Besonderheiten und Innovationen, dass es noch heute ein Faszinosum ist!
Grüße vom Ostelch
ich habe ihn als combi gefahren, es war immer ein "genuß" das -fahren und gefahren werden-
nur auf längeren strecken hatte man das gefühl daß zwischen knie und hosenbund die gegend völlig
taub wurde, sooo weiche sitze sind nichts für lange strecken.
aber sonst einmalig !!!!
Mitch,
deine Hand liegt aber reichlich tief 😆
Sehr schönes Auto, würde gerne mal in einer mitfahren. Übrigens auch schöne Fotos, wären die Smartphones nicht, könnte man meinen, das Bild sei bereits 40 Jahre alt...
Gruß!
😆 lol
Ernsthaft: ein Bild von diesem "Bremsknopf" gibt es nicht zufällig irgendwo? Ansonsten: guter Artikel!
Eine DS Cabrio ist hier letztes Jahr als Hochzeitsauto rumgefahren, die ist wirklich göttlich - und leider unbezahlbar...
Hier kann man den Brems"knopf" sehen - muss wirklich gewöhnungsbedürftig sein, damit zu fahren:
http://commons.wikimedia.org/.../File😆S_interieur_kleine.jpg?...
Es haben aber wohl nicht alle DS dieses Ding...
P.S.: Glückwunsch ans Brautpaar 😉
Zweie wurden offensichtlich in ihrem Kleid geboren. Einer nicht! 😉
Alles Gute nachträglich! 😆
Prachtvolle Fahrzeuge, ein Nachbar von mir fährt so einen im Alltag.
Im heutigen Straßenbild wirkt eine DS wie ein Kunstwerk.