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Auffahrunfälle mit Anhänger: Die unterschätzte Gefahr
Nur wenige Autofahrer malen sich die Folgen eines Auffahrunfalls mit Anhänger aus. An der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) untersucht man jedoch genau derartige Crashs bereits seit 1996.
Was passiert, wenn solch ein Gespann auf ein Stau-Ende kracht, möchte man sich eigentlich nicht vorstellen. Einer tut es trotzdem: An der HTW Berlin führt Fahrzeugtechnik-Professor Hanns-Lüdecke Rodewald mit Studenten Crashtests mit Anhängern durch.
Das verheerende Ergebnis dieser Tests ist leicht zu erahnen: Während das Zugfahrzeug durch den Aufprall abrupt abgebremst wird, bleibt der Anhänger dem Gesetz der Trägheit nach zunächst weiter in Bewegung. Die kinetische Energie des Anhängers sorgt dafür, dass die Anhängerkupplung mit Leichtigkeit nach oben geknickt wird, woraufhin der Anhänger über die Kupplung hinweg ins Heck des Fahrzeugs rauscht. Die V-förmige Deichsel des Anhängers bohrt sich bei fast allen Versuchen tief ins Heck des Fahrzeugs, so, dass auf der Rückbank befindliche Insassen wahrscheinlich schwerste Verletzungen davontragen würden.
Niemand natürlich. Mit Einführung der Führerscheinklasse BE sind jedoch die Prüfer des TÜV bei der Führerscheinprüfung der Gefahr, dass dies passiert, ausgesetzt. Deswegen sponserte der TÜV Rheinland den letzten Crashtest des "Projekts Sicherheit", um eventuell in Zukunft den Schutz seiner Mitarbeiter besser gewährleisten zu können.
Der Test, der im Wintersemester in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin stattfand, die ihre Crashteststrecke zur Verfügung stellte, sollte die Möglichkeiten einer neuen, am Anhänger befestigten Sicherheitsplatte erproben.
Denn auch mit der Vermeidung der beobachteten Gefahren beschäftigen sich die Studenten der HTW Berlin seit mehreren Jahren. So wurden verschiedene Vorrichtungen entwickelt, die die Deichsel des Anhängers vom Eindringen in das Fahrzeug abhalten sollen. Neben Platten, die am Auto oder am Anhänger selbst befestigt werden, erschien auch eine Umkonstruktion der Deichsel durch eine Art Knick interessant. Dieser könnte dafür sorgen, dass der Anhänger nicht nach oben ins Fahrzeug, sondern unter das Fahrzeug rutscht. Leider scheint allerdings gerade diese Lösung aufgrund der damit verbundenen Schwächung der Deichsel den vorgeschriebenen Stabilitätsstandards für Anhänger nicht zu genügen. Ein Dilemma – ist es doch gerade die hohe Stabilität der Deichsel, die den Anhänger bei einer Kollision so gefährlich macht.
Umfangreiche Vorbereitungen
Das umfasste neben der Installation zweier Unfalldatenspeicher zur späteren Auswertung des Crashs anhand fester Daten auch die Vermessung des gesamten Fahrzeugs mittels eines professionellen Vermessungsarms an ca. 17000 Punkten.
Dies ermöglicht eine spätere Analyse und exakte Darstellung der Verformungen der Karosse. Außerdem galt es, fünf Hochgeschwindigkeitskameras neben der Strecke zu installieren. Sie sollen Aufnahmen mit einer Bildrate von 1000 Bildern pro Sekunde ermöglichen, um den großen Knall im Detail festhalten zu können.
Erst nach den Vorbereitungen konnte der mit der neuen Sicherheitsplatte ausgestattete und mit einem Gewicht versehene Anhänger angekuppelt werden und die letzte Fahrt des Mondeo beginnen. Das beim aktuellen Crashtest erprobte unscheinbare Teil verbirgt sich am vorderen Teil der Deichsel, unter der dort befindlichen Auflaufbremse. Indem es beim Aufprall gegen den Querträger der Anhängerkupplungsbefestigung gedrückt wird, soll es das Eindringen in das Fahrzeug verhindern. Das Gesamtgewicht des Anhängers betrug dabei genau 799,5 Kg. Das entspricht ziemlich genau dem Gewicht, das bei einer Führerscheinprüfung der Klasse BE normalerweise angehängt wird.
Was bleibt...
... sind circa 600 Millisekunden effektiver Crashzeit, die in mehreren Videos gebannt wurden, die Datenmenge zweier ausgelesener Unfalldatenspeicher, ein erneut an 17000 Punkten vermessenes Autowrack und - ein Teilerfolg!
Dadurch, dass die Anhängerkupplung den enormen Kräften nicht standhalten konnte und abbrach, stützte sich die Platte lediglich am leicht verformbaren Heckblech der Karosse ab und nicht, wie es ursprünglich geplant war, am massiven Querträger der Anhängerkupplung. Letzteres hätte das Eindringen der Deichsel weiter verringern können.
Die kleine Vorrichtung aus dem Versuchslabor der HTW, die übrigens derzeit der einzige Versuch einer Weiterentwicklung in diesem Bereich ist, könnte also in Zukunft durchaus ihren Teil zur Sicherheit der Prüfer des TÜV und auch aller anderen Autofahrer beitragen.
Bis dahin bleibt nur die Einhaltung eines Sicherheitsabstands, um die Gefahr zu vermeiden, die von Anhängern ausgehen kann.
(pm)
Quelle: MOTOR-TALK
Wor ca. einem Jahr kam ich auch als Zeuge zu einem Auffahrunfall. Die Deichsel ging bis in die Rückbank des Ford Escort Turnier. Wären da Kinder gewesen...
Was lernen wir daraus? Anhänger nur bei einem hinten nicht besetzten Fahrzeug oder einfach liefern lassen. Kostet wenig und minimiert das Risiko. Ähnlich fatal ist der Transport von Farbeimern. Ein nur leichter Unfall führt schon zum Totalschaden des Fahrzeugs.
interessant wäre es zu sehen, wie so ein crash aussieht, wenn die ladung hobbybastler-baumarktüblich "gesichert" wurde...oder anders ausgedrückt: wie sieht das auto aus, wenn aus dem überladenen anhänger, über ne halbe tonne waschbetonplatten ungebremst ins heck des fahrzeuges kracht...
Über so Folgen haben ich noch nicht nachgedacht, erschreckend!!
will gar ned wissen wie mein civic mit dem 1.400kg Wohnwagen aussehen würde 😱
Mit welcher Geschwindigkeit ist der Mondeo denn gegen die Wand gefahren?
50 km/h 😉
Über solche Folgen hat man sich vor 60 Jahren schon Gedanken gemacht.
Die Hersteller der abnehmbaren AHK lassen den 2. Querrahmen weg, so schlägt halt der Anhänger durch..
Vermutlich weniger dramatisch. Denn der eindrucksvolle Effekt in diesem Test wurde ja dadurch erreicht, dass die Last fest mit dem Anhänger verbunden war und ihre Wucht damit ebenfalls auf die Deichsel übertragen wurde.
Die Ladung muss fest auf dem Anhänger liegen, wenn nicht, wird der Einschlag noch heftiger, wenn die Ladung verzögert nach dem Rutschen nach vorn im Anhänger einschlägt..
Ladungssicherung ist für viele Anhängernutzer ein Fremdwort, wenn man die Unfallbilder sieht, auf denen sich die Ladung den eigenen Weg zum Einschlagsort gesucht hat..
wobei die Fiolgen auch vom Crashverhalten der Kupplung selbst abhängig sind. Wäre die hier nicht nach oben weggeknickt, sondern nach unten, wäre die Deichsel unters Auto gerutscht, dann wäre der Hänger mit voller Breitseite ins Heck eingeschlagen und die Folgen weniger dramatisch.
Zahlt da eihentl. meine Anhänger Haftpflicht wen der Hänger mir schön hinten rauf ballert?
Sapß beiseite ich bin auch oft mit den Anhänger unterwegs und es ist schon erschreckend, wobei ich denke das es acuh drauf ankommt wie die AHK-Kupplung verbaut ist! Ich hab schon bei einigen fahrzeugen Lösungen vorgefunden, wo ich mich fragte ob die überhaupt die Last aushalten wenn man eine tonne hinten dran hat und kräftig los fährt.
Zudem sollte man evtl. auch bedenken das der alte Mondeo sicher schon nicht mehr ganz frei von Rost am Blech war eher im Gegenteil
Geht mir auch so.
Wobei ich mich dann allerdings frage, ob man mit einem "Billig-Anhänger" nicht unter Umständen besser bedient ist ... also einem Hänger der sich (hinten) selbst zerlegt (auch die Deichsel) und sich nicht, der Stabilität sei Dank, durchs ganze Auto bohrt ....
Sehe ich anders, weil ja gerade die Billiganhänger bei den Baumärkten und ATU mit der dritten Längsstrebe für mehr stabilität beworben werden.
Ich finde es bei dem Anblick beachtlich, dass sich die Deichsel des Anhängers garnicht deformiert hat!!! Wobei ich mir sicher bin, dass eine V-Deichsel noch besser bremst als eine I-Deichsel, die ja weniger Widerstand zu durchbohren hat ... trotzdem beängstigend. Wichtiger wäre wohl doch eine Deichsel mit Sollbruchstellen bzw. eine, die einknickt, sowas soll es doch im Wohnwagen-Bereich schon geben, wenn ich nicht irre.
Dennoch halte ich eine ordentliche Ladungssicherung für unserlässlich. Es mag zwar sein, das nicht ausreichend befestigte Ladung nicht das Gewicht und die Masse des Anhängers erhöht, nein, die hebt dann wenigstens ab und fliegt ungebremst über Bordwände und Barrieren direkt ins Fahrzeug ...