Nissan ProPilot: Test im neuen Nissan Serena
Autonomes Fahren für den nächsten Qashqai
In Japan kann ein Nissan-Van, was bisher nur Premium-Autos können: Teilautonom über die Autobahn fahren. In Europa debütiert die Technik 2017 im gelifteten Qashqai.
Von Ralf Bielefeldt
Yokohama - Zieltempo 45 km/h, bitte. Die höflich vorgetragene Ansage des Instruktors sorgt für verblüffte Gesichter. Nissan stellt sein erstes (teil)autonomes Fahrsystem vor, auf der werkseigenen Teststrecke rund eine Fahrstunde von Tokio entfernt – und bei knapp fuffzig soll Schluss sein?
„ProPilot soll den Fahrer in erster Linie bei Stop-and-go-Situationen auf dem Highway entlasten“, erklärt uns Ponz Pandikuthira, Nissans oberster Produktstratege - „und bei langen, oft eintönigen Fahrten bis 100 km/h.“ Schnelleres Fahren ist in Japan ohnehin fast nirgends erlaubt.
Auf dem übersichtlichen Testparcours dürfte sich Tempo 100 anfühlen wie eine Runde bei den „6 Stunden von Fuji“. Das muss ja nun auch nicht sein bei der Weltpremiere eines Sicherheitsfeatures. Also Berufsverkehr-Simulation, mit dem Führungsfahrzeug als natürlichem Tempobegrenzer voraus. Auch gut.
Nissans Drei-Stufen-Plan für ProPilot
„Autonomes Fahren ist fester Bestandteil unsere Strategie für 2020“, sagt Daniele Schillaci, Nissans globaler Vertriebschef. „Keine Emissionen, keine tödlichen Unfälle mit unseren Autos“, lautet die ambitionierte Marschroute der Renault-Nissan-Gruppe. Für Letzteres soll nicht zuletzt der ProPilot sorgen.
In diesem jahr debütiert das System im neuen Nissan Serena. Der in Japan und den USA höchst erfolgreiche Minivan wurde in neuer Generation vor der Fahrt zum Testgelände in Yokohama enthüllt. Auch die fünfte Generation des Minivan-Bestsellers ist ein klassisches Familienauto – sechs Sitze, massig Platz, muntere 147 PS. Und die wird das erste Fahrzeug dieser Klasse, das über ein teilautonomes Fahrsystem verfügt, vermeldet Nissan stolz.
Nissan schickt also als erstes Eltern samt Nachwuchs auf die teilautonome Fahrt. Nach Europa kommt das Schiebetüren-Raumwunder nicht. Bei uns setzt Nissan auf Crossover-Modelle. ProPilot-Pionier wird darum der Qashqai. Im März 2017 steht der SUV-Bestseller frisch überarbeitet auf dem Genfer Salon, kurz danach darf er auf die Straße. Kamera-Auge in Auge mit dem teilautomatisierten VW Tiguan.
2018 zündet Nissan Stufe zwei, den ProPilot 2.0, sozusagen. Dann soll der Assistent mehr als die Highway-Disziplin des Fahrens auf einer Spur zurechtkommen. Hinzu kommt dann „multiple-lane“: Spur wechseln, überholen, wieder einfädeln. Das, was bislang nur Modelle wie BMW 7er und Mercedes E-Klasse sauber hinbekommen, für saftige Aufpreise. Bei Nissan soll das System „problemlos bezahlbar“ sein, heißt es. Und dann auch im Kleinwagen Nissan Micra zu haben sein.2020 läutet Nissan ProPilot-Stufe drei ein – „intersections“. Kreuzungen, innerstädtisch, die Königsdisziplin. Das, was Google und Tesla dann auch ohne Fahrer hinkriegen wollen. Vollautonom also. Gott bewahre, denkt man nach der aktuellen Tesla-Diskussion.
Völlig neue Möglichkeiten
Nissan setzt bewusst eine Etage tiefer an. „Autonomes Fahren ist eine unglaublich komplexe Sache“, weiß Ponz Pandikuthira. Darum hält er nichts vom Begriff „Autopilot“. Der suggeriere eine falsche Sicherheit, sagt der Ex-Assistent von Mercedes-Boss Dieter Zetsche. „Wir hoffen, dass möglichst schnell möglichst viele Autos mit dieser Technik auf die Straßen kommen, auch von anderen Herstellern. Je mehr Fahrzeuge damit unterwegs sind, desto besser können sie sich untereinander und mit ihrer Umgebung vernetzen.“
Und so eine ganz neue Verkehrswelt erschaffen, sowie: Daten, Daten, Daten. „Das ist ähnlich wie mit dem Smartphone“, meint Ponz. „Anfangs, als nur nur ein paar wenige, technikbegeisterte Trendsetter eins hatten, war es cool, neu, aber nichts Weltbewegendes. Heute sind Smartphones allgegenwärtig – und eröffnen immer neue Möglichkeiten. In allen Bereichen.“Nachrichten, Social Media, Echtzeit-Navigation – was das Smartphone von heute kann, soll das Auto bald erst recht können. Mehr als 90 Prozent aller Unfälle verursacht der Fahrer, hat schon 1977 eine Studie herausgefunden. Schuld sind meist vermeidbare Fahrfehler. Genau da setzen Fahrsysteme wie ProPilot an. Sie sollen für den Fahrer die Augen offen halten – und das Auto sicher auf Kurs.
Augen auf statt Hirn aus
Die Logik hinter ProPilot ist einleuchtend, die Technik bewährt: Kamerabasierte Fahrassistenten beziehungsweise teilautonome Systeme sind bei Mercedes, BMW, Volvo, Jaguar und Co. bereits im Einsatz. Und haben garantiert schon unzählige Auffahrunfälle oder Schlimmeres verhindert. „Was ProPilot auf keinen Fall soll, ist komplett das Kommando zu übernehmen“, mahnt Pandikuthira. „Der Fahrer muss die Kontrolle behalten, immer.“ Heißt: Augen auf statt Hirn aus. Und mindestens eine Hand am Steuer! So handhaben es alle anderen Wettbewerber auch.
Passiert das nicht, fordert ProPilot unmissverständlich Aufmerksamkeit ein. Lässt der Fahrer das Lenkrad zehn Sekunden lang los, zeigt ihm ein grelles Symbol im Borddisplay plakativ, wo seine Hände hingehören – ans Steuer. Passiert nichts, ertönt fünf Sekunden später ein Piepton-Stakkato – und das System klinkt sich aus. Bis wieder eine Hand am Steuer ist. Dann kann es weitergehen.
Das kann Nissan ProPilot
Revolutionieren wird Nissans ProPilot das Angebot an teilautonomen Fahrsystemen nicht. Er ist eher eine Art „Best of“ bekannter und erprobter Autonomie-Bestrebungen. Mit ProPilot können die Autos:
- Sauber die Spur halten in Kurven (dank neuer Lenktechnologie quasi ohne nervige Korrekturen des Systems)
- Immer in der Mitte der Fahrspur bleiben (auch auf unebenen Strecken), solange es rechts und links Begrenzungslinien gibt
- Konstant das voreingestelltes Tempo und den Abstand zum Vordermann halten
- Auf einscherende Autos reagieren
- Verzögern und Stoppen bis zum Stillstand (dafür sorgt die elektronische Parkbremse), wenn das vorausfahrende Fahrzeug anhält
- Automatisch wieder anfahren, wenn ein Stopp nicht länger als drei Sekunden dauert (sonst Gas antippen oder „Res“-Taste drücken am Lenkrad)
- Aufs Zieltempo beschleunigen, wenn die Spur wieder frei ist
Eingeschaltet wird ProPilot über die Bedientasten rechts am Lenkrad: Mit dem blauen Knopf wird das System aktiviert, mit der „Set“-Taste im zweiten Schritt gestartet. Im Borddisplay leuchtet dann blau das Wort „PILOT“ auf. Zudem suggerieren ein grünes Lenkrad und grüne Abstandsbalken zwischen zwei Auto-Teilsilhouetten, dass jetzt die Elektronik übernimmt.
So machen das andere Hersteller auch. Selbsterklärend, wenn man es zum ersten Mal ausprobiert. Der Abstand zum Vordermann kann in drei Stufen geregelt werden. Auch das ist bewährt.
In Japan arbeitet der ProPilot im Bereich von ca. 30 bis 100 km/h. Bei uns soll das System mit Frontkamera und zusätzlichem Radar bis Tempo 180 funktionieren. Wird die Kamera von der Sonne geblendet, meldet sich das System nach Vorwarnung ab. Damit es keine bösen Überraschungen gibt.
Der Preis: noch offen. In Japan startet der Serena für umgerechnet rund 21.000 Euro. Vollausgestattet und mit ProPilot soll er rund 25.600 Euro kosten. Welchen Anteil daran ProPilot ausmacht, verrät Nissan spätestens im März 2017 in Genf.
Und das ist halt die Crux bei der ganzen Sache, die den menschlichen Hang zur Bequemlichkeit nicht berücksichtigt und fast schon negiert, das gerade solche autonom fahrenden Assistenzsysteme diesen Hang zur Bequemlichkeit noch verstärken.
Und so passieren halt Unfälle/brisante Situationen, wie sie dem aufmerksamen selbstfahrenden Fahrer nicht passieren.
Ich verstehe nicht was daran besonders ist.
Deren erste Ausbaustufe können schon heute viele Modelle. Große teile davon sind nur das ACC - was sehr viele Anbieter haben. Die Kombination aus allen Systemen ist bei günstigen Autos sicherlich noch nicht zu haben - aber Nissan kommt damit auch frühestens kommendes Jahr. Der Audi A3 kann das schon heute und mutmaßlich auch der Golf nach seinem Facelift.
Ob der Micra das wirklich bekommt bezweifel ich. Man braucht dafür eine Stereokamera, Totwinkelwarner und Frontradar sowie eine Automatik als Minimalausstattung. Nichts von dem ist Standard beim Micra.
Langsam dämmert es den Leuten, dass ein Autopilot-System nie 100 % fehlerfrei arbeitet, weil es immer unübersichtliche, komplexe Verkehrssituationen gibt, die vorher nicht einprogrammiert wurden.
Wenn ich als Fahrer das System auch noch ständig beobachten muss, dann stellt sich schon die Frage, womit diese teuren Autopilot-Systeme überhaupt zu rechtfertigen sind und worin die Entlastung des Fahrers liegen soll?
Einige bereits vorhandene Systeme (Spurhalteassistent, Auffahrwarnsysteme, ACC) die autonom arbeiten, ohne dass der Fahrer zusätzlich belastet wird, sind durchaus wichtige sicherheitsförderne Fahrhilfen - diese Systeme preiswert in alle Fahrzeuge zu integrieren ist wohl vordringlicher, als die Milliarden-Investitionen in fragwürdige Autopilot-Systeme zu verbraten.
Autonomes fahren bis zum nächsten Crash ... Wieviele Tote muß es eigentlich geben, bis der Irrsinn endlich verboten wird ?
Verboten? Da wurde doch erst vor kurzem mächtig Kohle locker gemacht für die Weiterentwicklung!
Ich bin für jede Innovation und jeden Assistenten der das Fahren sicherer macht und evtl. Gefahrensituationen erkennt, aber dieser Autopilot, den man genau beobachten muss und der mir die Fahrfreude raubt, den brauche ich nicht.
Nissan wird also aufgelöst? Und warum forschen sie trotzdem am autonomen Fahren?
Keine Emissionen heißt, das Fahrzeug wird per Hand gebaut, ohne Maschinen und die Rohstoffe sind vollständig nachwachsend. Das ist dann nicht mehr als ein Feuerstein-Mobil, wobei das mit den Steinrädern schon nicht mehr ganz ok ist.
Keine tödlichen Unfälle mehr zu haben ist vergleichsweise einfach und eine Möglichkeit wäre Tempo 30 und ein Kollisionswarner.
Wer meint die Japaner würden schlafen, dem ist auch nicht mehr zu helfen.
Vor 10 Jahren gab es schon Abstandsregelautomaten und Notbremsassistenten - in Kei-Cars!
Das ist verboten.
Unredlich ist eigentlich nur Teslas Marketing und Kundenführung.
Das was Nissan (und viele andere Hersteller) anbieten ist kein autonomes Fahren und stellt keinen Autopiloten da - eben weil die Technik noch nicht weit genug ist.
Das sind lediglich ergänzende Assistenzsysteme. Die meisten Systeme sind sehr vorsichtig was unklare Situationen angeht und erlauben dir lediglich für wenige Sekunden die Hand vom Lenkrad zu nehmen. Damit kannst du beim Fahren einen kurzen Schluck trinken - kannst (und musst) aber jederzeit wieder eingreifen.
Es ist nur Tesla die ihr System als "Autopilot" bezeichnen und eine Eingreifbereitschaft der Fahrer nicht überwachen. Natürlich ist es gefährlich es lediglich bei einem Warnhinweis zu belassen.
Daher nochmal: Nissan bietet absolut nichts gefährliches an. Ein System was den Abstand hält und ein unbeabsichtigtes Verlassen der Spur verhindert. Es erlaubt wenige Sekunden die Hand vom Lenkrad zu nehmen und im Stop&Go von selbst wieder anzufahren. Was soll da bitte gefährlich sein?
Ich denke auch, dass Marken wie Audi hier einen Fehler machen, wenn sie Autonomes Fahren dazu verwenden wollen, besonders innovativ zu wirken.
Am Ende kommts, ziemlich schnell für alle, und ohne große Qualitätsunterschiede - denn es wird einfach funktionieren.
Da können sich einzelne Hersteller sparen, eine Vorreiterrolle - wie auch immer - marketingmäßig zu kommunizieren. Am Ende kauft man das Zeug sowieso fertig von den Zulieferern ein, wenn man schlau ist.
Stimmt, lassen wir lieber die Menschen weiter fahren. Die fahren immer sachlich, sicher, ohne Emotionen und korrekt. Und Menschen bauen niemals Unfälle! Es gibt auch heute niemals Todesfälle im Straßenverkehr. Also warum zum Teufel Autonomes Fahren?
Autos sollte man gleich ganz abschaffen. Damals mit den Pferdekutschen, das war viel besser.
Seien wir mal ehrlich, nach dem Bier Reinheitsgebot von 1516 hätte die Menschheit das Forschen eigentlich sein lassen können - danach kam doch nur noch Mist.
Meinten Sie: Wie viele Tote muss es eigentlich geben, bis menschliches Fahren endlich verboten wird?
Daran glaube ich nicht. Natürlich nicht wie früher als man mal eben über ein Jahrzehnt warten konnte bis sich die Technik aus der S-Klasse im Corsa wiederfindet.
Wenn ich mich aktuell umschaue sehe ich doch erhebliche Unterschiede. Das fängt bei der Verfügbarkeit im Allgemeinen an. Welche Autos haben aktive Spur- und Totwinkelassistenten die korrigieren und nicht nur warnen? Auch ein weitreichends ACC ist keineswegs Standard.
Noch dazu gibt es aktuell erhebliche Unterschiede. Sprich wie gut ist das ACC und wie gut der Spurassistent. Systeme die total hysterisch warnen ohne konkrete Gefahr sind leider sehr verbreitet. Gute Systeme die deutlich präziser Arbeiten findet man nachwievor eher im Premiumsegment.
Insbesondere reden wir hier von einem Segment in dem ein sehr kurzer Zeitvorteil die Konkurrenz kalt erwischt. Wer "Technologieführer" sein will muss auch liefern. Würd sich Audi entscheiden sehr konserativ bei neuer Technik vorzugehen verlieren sie jedes Kaufargument. Die E-Klasse steht aktuell gut da, da sie mehr als jedes andere Auto kann. Wer etwas verkaufen will muss mehr bieten. Oder andersrum wäre die Frage warum man einen Audi statt einem Hyundai kaufen soll, wenn Audi technisch nichts zu bieten hat.
Was macht so ein System eigentlich, wenn böse Buben sich einen "Scherz" erlauben und zwei weiße Linien auf die Straße malen, die bogenförmig in den Graben führen?
Ich finde den neuen Serena durchaus ansprechend. Meine Schwiegereltern fahren auch einen Nissan Van, dürfte ein Serena älterer Generation sein. Die Schnauze wirkt beim neuen zwar etwas bullig, ähnlich dem Toyota Vellife, aber der Innenraum ist sehr modern und geräumig geworden, so wie ich es von einem guten Van erwarte. Das 2.0L Vollhybridsystem aus dem X-TRAIL soll noch nachgeliefert werden.
Ich nehme mal an, dass das System kleine Unachtsamkeiten, die fast jedem mal passieren, ausgleichen kann. Ich würde das begrüßen, fürchte aber, dass manche Fahrer sich dann zu sehr darauf verlassen werden und entsprechend riskanter fahren.