BMW G 310 R: Test, Daten, Preis
Bei BMW braucht Motorrad-Spaß jetzt nur noch 313 Kubik
Unser Autor hatte die verschiedensten Motorräder unterm Hintern. Dann der Abschied vor mehr als 25 Jahren. Jetzt juckte es wieder in den Fingern. Der Grund: BMWs G 310 R.
Von Michael Specht
München - An einschneidende Erlebnisse erinnert man sich für gewöhnlich recht lange. Das Abitur, die erste Freundin, der Führerschein, das erste Auto, der Rausschmiss aus der Auto-Bild-Redaktion. Vielleicht nicht auf den Tag genau, doch zumindest das Jahr bleibt haften. Ich muss gestehen, wann ich zum „letzten“ Mal vom Motorrad gestiegen bin, hat sich nicht im Hirn verankert. Es muss zirka 25 Jahre zurückliegen. Helm, Stiefel, Lederkluft, alles an den Haken. Aus, vorbei. Ich bin froh, das Abenteuer auf zwei Rädern, die vermeintlich große Freiheit in Schräglage unfallfrei überstanden zu haben.
Warum also jetzt, mit knapp 60 Jahren, noch einmal aufsteigen, bei noch höherer Verkehrsdichte, bei mehr und mehr Limitierungen und Regulierungen? Die meisten Motorräder sind mir zu groß, zu verbaut, zu hässlich, zu schwer und zu stark. Selbst Serienbikes sehen heute wie Street-Fighter aus, passen besser in den nächsten Mad-Max-Streifen als vors Straßencafé.
Wo bleibt das handliche und leichte Bike, auf das man sich mal eben raufschwingen kann, um ein paar Brötchen vom Bäcker zu holen? Eines, das mich unter der Woche vorbei am Stau ins Büro bringt und am Wochenende viel Freude auf der Landstraße bereitet? Die Scrambler von Ducati kommt dieser Vorstellung nahe, hat aber einen zu großen Motor und ist teuer. Die KTM 390 Duke spielt in der gleichen Liga, ist mir aber viel zu spitz und sportlich abgestimmt. Und japanische Bikes sind derzeit designmäßig eine Katastrophe.Ein Zylinder reicht
In die klaffende Lücke könnte die neue BMW G 310 R fahren. Nicht nur für mich als Wiederaufsteiger, sondern auch für Neulinge. Zurück zum Ursprünglichen des Motorradfahrens. Man mag es kaum glauben: Nach 50 Jahren gibt es wieder ein Einzylinder-Motorrad von BMW mit einem Hubraum von weniger als 500 Kubikzentimetern. Ältere Mitbürger werden sich noch an die R 27 und ihre Vorgänger R 25 und R 26 erinnern. Deren Einzylinder trieben sogar Autos wie die BMW Isetta an.
Doch noch etwas ist einzigartig an dieser neue kleinen BMW. Nie zuvor lief ein BMW-Motorrad außerhalb Europas vom Band. Berlin-Spandau ist nach wie vor die Keimzelle der BMW-Bikes. Für kurze Zeit hatten die Italiener von Aprilia ihre Hände im Spiel. Aber Indien, das ist neu.
Richtig gelesen, die G 310 R kommt aus Bangalore. Man mag jetzt an primitiv zusammengeschraubte Mopeds und Tuk-Tuks denken. Doch BMW setzt den Qualitätsanspruch nicht aufs Spiel und hat sich gründlich abgesichert. Vor drei Jahren schloss man einen Vertrag mit Indiens drittgrößtem Motorradhersteller TVS (über 2,5 Millionen Stück pro Jahr), bezog eine Extrahalle und kümmerte sich intensiv um „German Precision“.Auch der Motor, eine komplette Neuentwicklung, wird in Indien gefertigt. Viele Teile kommen aus China und dem restlichen Asien. Nur rund 20 Prozent stammt aus Deutschland. Ohne diesen Deal, ohne Indien, ohne das günstige Lohnniveau, ohne TVS gäbe es die G 310 R nicht. Oder sie würde wohl nicht 4.750 Euro, sondern doppelt so viel kosten.
Das ist wie Fahrradfahren
Also, wie steigt man auf ein Bike, nach so langer Pause? Die Bedenken sind schnell verschwunden. BMWs kleinstes Modell passt mir perfekt, die G 310 R liegt schon im Stand gut zwischen den Beinen (Sitzhöhe: 785 mm). Sie soll weniger als 160 Kilogramm wiegen. KTMs 360er Duke wiegt 139 Kilogramm. Gewöhnen muss man sich allenfalls an das recht zackige Design. „Junge Leute mögen diese Optik“, sagt BMW-Designer Volker Hohdorf. Zudem soll die G 310 R an die große Schwester S 1000 R erinnern und Familienzugehörigkeit zeigen.
Der bullig-breite Tank und das Digital-Display, das die beiden klassischen Rundinstrumente (Drehzahlmesser und Tacho) ersetzt, sind ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Aber vielleicht verlange ich zu viel Nostalgie. Wer hat zu Hause schon ein Wählscheiben-Telefon?
Wo sind die Vibrationen?
Starterknopf gedrückt und der Einzylinder säuselt. Es ist eher ein hoher, metallischer Klang, nicht das dumpfe Knattern einer alten Yamaha XT oder SR. Nicht einmal die Lenkergriffe vibrieren. Äußerst spontan nimmt der Motor das Gas an, dreht agil hoch, wenn es sein muss, bis zu 10.000 Umdrehungen pro Minute. Das entspricht im sechsten und letzten Gang rund 155 km/h.
Bei 120 km/h sind es immerhin noch 8.000 Touren. Dabei klingt der 313-Kubik-Einzylinder am besten und macht auch am meisten Druck (maximales Drehmoment: 28 Nm bei 7.500/min). Überholvorgänge auf der Landstraße brauchen wenige Sekunden. Dabei zeigt sich, dass die „nur“ 34 PS mit den 160 Kilo (+ Fahrer) leichtes Spiel haben. Trotzdem ist die kleine BMW kein Racer.
Viel mehr Spaß macht das gemütliche Cruisen zwischen 70 und 90 km/h, am besten auf einer leeren und kurvenreichen Landstraße. Verblüffend, wie handlich sich die G 310 R durch jede Art von Biegung treiben lässt, wie harmonisch sie insgesamt abgestimmt ist. Vor 25 Jahren waren entsprechende Bikes davon weit entfernt. Auch der Federungskomfort geht in Ordnung. Kein Gully-Deckel nervt, kein Bahnübergang schlägt ins Kreuz. Kritik fällt auch beim Verbrauch aus. Wir sind zügig über Landstraßen gefahren und bis 120 km/h auf den Autobahnen rund um München unterwegs gewesen. Durch die Einspritzdüse presste die Elektronik lediglich 3,7 Liter pro 100 Kilometer, nicht viel mehr als der versprochene Normwert von 3,3 Litern.
Fazit: Eine für Wiedereinsteiger?
Und am Ende? Überzeugt BMWs neue Einsteiger-Wiederaufsteiger-Maschine nun? Parkt die G 310 R demnächst in meiner Garage? Spaß macht sie, ohne Frage. Sie ist unkompliziert und leicht zu fahren, ein ideales Alltagsbike. Sie ist außerdem preislich attraktiv – und günstiger als KTM oder Ducati.
Schwierigkeiten haben ältere Semester wohl nur mit dem Design. Zu viel Ninja-Optik, zu wenig Ruhe. Schön wäre ein Variante im Stil der Scrambler-Modelle der 60er-Jahre, clean und cool, mit nacktem, lautem Einzylinder. Etwas Retro-Look, etwas Steve McQueen. Aber das wird Wunschdenken bleiben. Designchef Hohdorf stimmt mir zwar zu, erklärt aber, dass solche Motorräder aufgrund der heutigen Abgas- und Lärmgesetze einfach nicht mehr gebaut werden können. Manches lässt sich einfach nicht wiederholen.
Freut mich, dass "Fahrbarkeit" wieder im Lastenheft der Hersteller steht.
Ich denke, die 310 wird ein Erfolg. Auch wenn vielen "Bikern" die Leistung zu gering ist.
eine SR500 hatte ein Leergewicht von 169 kg; die 160 kg der BMW sind ein schlechter Witz
interessant...wo ich ja eine 300er Maschine suche (zwar eher als Roller)
aber...bin fast 1,80 m,ob sie nicht zu klein für mich ist,müsste schon probieren! 😊
Der Verbrauch ist im Grunde auch zu hoch. 3,7 Liter verbrauchte schon die F650GS der Baujahre 2004-2007.
Eher noch weniger im Cruisingmodus. Liegt vermutlich an Euro4.
Warum? Die SR (die mir persönlich auch besser gefällt) hatte weder ABS (okay, wiegt jetzt nicht so viel) noch einen E-Starter.
Das bissl zackige Design soll wohl eine Antwort auf die kleine Duke sein. Leistung und Gewicht aber schwer vergleichbar... Da ginge schon noch mehr bzw. weniger...
Aber ist halt ne BMW, verkauft sich auch mit Übergewicht und wenig Leistung... ^^
Verbrauch ist so eine Sache. So kleine Teile fährt man halt einfach viel öfter mit Vollgas, da geht dann halt was durch.
Zunächst eine Frage an den Autor: warum vermissen sie einen LAUTEN Einzylinder ? Ist unsere Welt nicht schon laut genug ?????
Ich freue mich über jede Motorrad - Neuheit besonders in den "kleinen" Hubraum-Klassen und der Preis der BMW ist wirklich heiß ! Das Konzept scheint auch zu stimmen, über Qualität und Zuverlässigkeit kann man aber erst nach 2 oder 3 Jahren urteilen....... Allerdings löst das futuristische Design und das hässliche Digital-Display bei mir keinen "haben wollen - Reflex" aus.
Stimmt, laut muss er nicht sein. Aber der typische "Einzylinderschlag", den würd ich gern raushören. Aber in den heutigen Schalldämpferkonstruktionen geht dieser komplett unter.
Ich persönlich finde es einfach nur schade, dass man für so ein Gerät einen "großen" Motorradführerschein braucht.
Das Ding ist für den Alltag auf jeden Fall brauchbarer als eine 125er - ok, für die braucht man auch schon einen extra Schein - aber wenn ich schon den "großen" Schein machen muss, dann will ich auch ein Motorrad und nicht ein etwas besser motorisiertes Leichtkraftrad.
Mal ein Vorschlag - ab einem Alter von z.B. 25 und / oder mehr als 5 Jahren Fahrpraxis mit dem Autoführerschein darf man nach 4-6 Übungsstunden in der Fahrschule alles bis ~500ccm fahren.
Das wär doch mal eine sinnvolle Sache!
Wenn man bedenkt wie die Dinger abgehen und dann quasi fast jeden ran lassen... Ne...
Für die Teile brauchts ja nur den A2. Hast den A1 schon kostet es etwa 300 bis 400 € und los gehts. Hast vorher noch gar kein stärkeres Zweirad gefahren ist ein vollständiger Führerschein schon nicht ganz falsch auch wenn die Kosten etwas arg hoch sind.
Ich finde dieses "neue" Design und die ganzen digitalen Cockpits auch grauenhaft.
Für mich dürfen es immer gerne eine runde Lampe und Rundinstrumente sein. Daher sagen mir optisch die Scramblermodelle etc. auch eher zu.
Gegen den Preis der BMW lässt sich nichts sagen. Ich denke, man bekommt hier relativ viel Motorrad für angemessenes Geld geboten.
Stellt sich nur die Frage, ob die Arbeiter in Indien auch gut daran verdienen.
Ist der Verbrauch mit der Doppelzündung wirklich um anderthalb Liter geringer als bei den frühen Modellen? Meine 2000er Dakar war kaum unter 5l zu bewegen, eher darüber.
Was spricht gegen 125er? Die laufen teils bis zu 130km/h, was wohl für die meisten Anwendungsbereiche langen dürfte. Über den Durchzug ab ~80km/h und aufwärts kann man sich jetzt natürlich streiten. 😉
Ich hab meine 125er jetzt seit ich 16 bin und hab bisher keine wirklichen Probleme damit. Klar ist das kein Vergleich zur 750er, die ist aber dafür im Stadtverkehr weniger gut zu gebrauchen.
Die G310, ziemlich lieblose Kiste die man da seitens BMW in den 300ccm Markt "gewürgt" hat.
In ihrer Klasse zu schwer, zu lahm, relativ durstig und somit auch wieder zu teuer. Da hilft der überschaubare Preisunterschied zu diversen Konkurrenten auch nicht viel.
Die komfortable Federung kann man sicher als positiv sehen wenn man auf einen Rückenschmeichler aus ist.
Hauptverkaufsargument wird aber wohl das Logo bleiben.