Synthetische Kraftstoffe: Hintergrund, Herstellung, Kosten
Benzin ohne Fossilien
Die Zukunft fährt mit alternativen Antrieben. Die Bundesregierung setzt auf Elektrofahrzeuge. Der Verbrennungsmotor hat aber noch eine Chance: Synthetische Kraftstoffe.
Berlin – Wenn es nach den Grünen geht, werden ab 2030 in Deutschland keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren verkauft. Die Industrie plant trotzdem weiterhin mit Benzinern und Dieseln. VDA-Chef Matthias Wissmann hält Verbrenner langfristig für wichtig. VW schätzt den Elektroauto-Anteil bis 2025 in der eigenen Marke auf 25 Prozent. Ein möglicher Kompromiss: saubere, synthetische Kraftstoffe.
„Durch die Herstellung von nachhaltigen Flüssigkraftstoffen lassen sich aktuelle Verbrennungsmotoren betreiben, ohne klimaschädliches CO2 auszustoßen", sagt Jakob Burger, Verfahrenstechniker an der Technischen Universität Kaiserslautern. Bei der Produktion der Kraftstofffe wird die gleiche Menge CO2 verwendet, wie ein Motor beim Verbrennen emittiert. „Damit werden die Karten neu gemischt", jubelte Wissmann jüngst.
„Power-to-X“: Aus Strom wird Kraftstoff
Die Rede ist von der „Power-to-X“-Methode. „Mit Hilfe von Elektrolyse kann man Strom in Wasserstoff umwandeln und durch Zugabe von CO2 Kraftstoffe erzeugen", beschreibt Prof. Stefan Pischinger vom Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen an der RWTH Aachen das Verfahren. Auf diese Weise kann gasförmiger oder flüssiger Kraftstoff hergestellt werden.
In Deutschland testen die ersten Firmen das Verfahren. Audi betreibt im niedersächsischen Werlte eine Power-to-Gas-Anlage. Die 2010 gegründete Firma Sunfire stellt in Dresden Flüssigkraftstoffe her. Audi will künftig zusammen mit Sunfire e-Diesel produzieren.
„Flüssige Kraftstoffe sind das Optimum, weil sie eine sehr hohe Energiedichte haben. Außerdem kann man die gut lagern und transportieren - es gibt schon das Netz und auch die entsprechende Motorentechnik", sagt Burger. An der TU Kaiserslautern beschäftigt man sich seit Jahren mit dem Thema. „Die letzte Klasse, die so richtig aufkam, sind die Oxygenmethylenether. Kurz: OME“, so Burger.
Synthetischer Kraftstoff: Doppelt so teuer wie die fossile Variante
„Untersuchungen mit OME-Kraftstoff zeigen bei identischen Betriebsparametern deutlich verbesserte Wirkungsgrade als mit Dieselkraftstoff", erläutert Michael Günthner vom Lehrstuhl für Antriebe in Kaiserslautern. Der Vorteil sei, dass die Verbrennung sauberer abläuft. Außerdem kann der e-Diesel schrittweise mit seinem fossilem Pendant gemischt werden.
An der RWTH Aachen kommt man zu ähnlichen Ergebnissen: Mit synthetischen Kraftstoffen seien teilweise Wirkungsgradsteigerungen von mehr als zehn Prozent erreicht worden, bei nahezu null Stickoxiden und Partikeln, so Stefan Pischinger. Nach dem heutigen Stand blieben von der eingesetzten elektrischen Energie - je nach Kraftstoff - etwa 45 bis 60 Prozent Energie übrig. „Wir werden beim Wirkungsgrad aber sicher noch besser, und somit in Richtung von mehr als 60 Prozent kommen.“
Ein Nachteil sind bislang noch die Kosten. „Wenn man Power-to-Gas sinnvoll betreibt und es Power-to-Gas-Anlagen in größeren Stückzahlen gibt, betragen die Kosten für das synthetische Methan circa 10 Cent pro Kilowattstunde", sagt Reinhard Otten, zuständig für nachhaltige Produktentwicklung bei Audi. An der Tankstelle koste heute ein Liter Superbenzin ähnlich viel, rechnet Otten vor: "Mit Steuern sind wir bei 14 bis 15 Cent pro Kilowattstunde." Die Herstellkosten von Benzin lägen dagegen bei 40 bis 50 Cent pro Liter - also viereinhalb bis fünfeinhalb Cent pro Kilowattstunde. „An diese fossilen Preise kommen wir heute mit dem Verfahren noch nicht dran", sagt Otten. „Da hat der Klimaschutz einen Preis."
Unterstützung von Regierung und Umweltschützern fehlt
Auch die Klimabilanz ist ein Punkt: Der Lehrstuhl für Bauphysik und ganzheitliche Bilanzierung an der Uni Stuttgart hat den CO2-Verbrauch bei der Herstellung von synthetischem Diesel und fossilen Kraftstoffen gegenübergestellt. Das Ergebnis: Nur, wenn Strom aus erneuerbaren Energien verwendet wird, ergibt sich ein Vorteil. Beim heute in Deutschland vorherrschenden Strommix sei das nicht der Fall.
Dabei dürfte das mit Hilfe von Elektrolyse hergestellte Gas schon jetzt rein gesetzlich nur in das Erdgas-Netz eingespeist werden, wenn erneuerbarer Strom und biogenes CO2 verwendet wird, so Otten. Audi hat deshalb seine Anlage in Norddeutschland aufgestellt, wo der Anteil erneuerbarer Energien höher ist. Genau da setzt die Kritik von Umweltschützern wie Greenpeace an: „Bislang gibt es noch keine überschüssigen erneuerbaren Energien", sagt Daniel Moser, Verkehrsexperte bei Greenpeace. Hinzu komme die fehlende Infrastruktur zur Herstellung.
Aber auch aus der Politik fehlt es an Unterstützung, klagen Audi und Sunfire. Zwar war wird „Power-to-X" von der Bundesregierung unter den sogenannten Kopernikus-Projekten gefördert. Die Anlagen würden aber wie normale Stromverbraucher mit hohen Steuern und Abgaben belastet. „Solange sich diese Rahmenbedingungen nicht verbessern, werden Investoren vorsichtig bleiben" heißt es bei Sunfire. „Zur Zeit ist die Wirtschaftlichkeit der Anlagen aufgrund politischer Randbedingungen problematisch", heißt es bei Audi.
Wird der verheißungsvolle synthetische Kraftstoff also an der mangelnden Unterstützung scheitern? „Man muss das politisch fördern, damit die synthetischen Kraftstoffe sich lohnen - durch entsprechende Prämien oder Strafen für fossile Kraftstoffe“, fordert Jakob Burger von der TU Kaiserslautern.
Sein Kollege Günthner sieht ein „Henne-Ei-Problem". Die Industrie müsse sich mit dem Thema auseinandersetzen. Nur mit Hilfe von synthetischen Kraftstoffen sei auf Dauer eine saubere und nachhaltige Mobilität möglich, sagt Stefan Pischinger von der RWTH Aachen - denn: „Bei Nutzfahrzeugen, Schiffen oder Flugzeugen ist auf lange Sicht keine sinnvolle Alternative zum Verbrennungsmotor gegeben."
Quelle: dpa
Geil, der Sprit wäre dann sogar vegan. 😆
Wir haben aber 20 Jahre den Diesel gehyped. 20 Jahre vertan. Nun ist zu spät. Bis das halbwegs massentauglich ist, fahren alle elektrisch.
Und eins ist klar: Wenn die Elektromobilität in einigen Jahren mal wirklich massentauglich ist, ein zurück zur Abhängigkeit von Tankstellen und lärmenden und wartungsintensiven Verbrennern wird es nicht geben. Da hilft auch kein Veilchenduft aus dem Auspuff.
Allerdings könnte man mit einen synthetischen Kraftstoff alle aktuell durch die Gegend fahrenden Autos sauberer machen. Das wäre mal was.
Aber bestimmt nicht gewünscht...😉
Habe ich jetzt etwas überlesen? Im Artikel ist "e-Diesel" von Audi aufgeführt, aber von "e-Benzin" habe ich explizit nichts gelesen.
Grundsätzlich halte ich die synthethisierung von Kraftstoff für eine strategisch sinnvolle Quelle. Wenn die Länder im nahen Osten sich wieder die Köpfe einschlagen hat das Folgen für die Ölversorgung auf welche unsere heutige Wirtschaft angewiesen ist. Wer etwas aus dem eigenen Land nutzen kann ist nicht erpressbar.
Die Aussagen von Greenpeace das es keine überschüssigen erneuerbaren Energieen gibt sind haltlos, in Anbetracht dessen, dass wir Strom ins Ausland verschenken und mehrere Anlagen abgeschaltet werden müssen, da der sonst produzierte Strom das Netz überlastet. Vielmehr ist es doch oftmals so, das viele vemeintlich "grüne" Organisationen jedwede neue Art von Technik verdammen - das hat schon religiöse Züge. Mit verhindern und verteuern kann man keine Fortschritte erzielen und auch keine Probleme lösen. Der Mobilitätsbedarf der Menschen ist genauso da, wie die Anforderung an diese flexibel zu sein.
Ich möchte höflich darum bitten, diesen Thread nicht auch noch mit Elektroautos zuzustellen. Hier geht es um Verbrennertechnik und auf diese sollten wir uns auch konzentrieren.
Danke
Der Preis ist doch das geringste Problem. Was die fossilen Kraftstoffe teuer macht sind die horrenden Ökosteuern. Würden diese wegfallen oder für E-Kraftstoffe reduziert, wäre ein Anreiz da, ähnlich wie E10 kann man es dann am Ende günstiger anbieten - wenn Motoren drauf abgestimmt werden bzw von der Haltbarkeit und Verwendbarkeit auf diese Kraftstoffe ausgelegt wären würden die Leute diese auch tanken. Energiedichte und Klopffestigkeit lässt sich bestimmt chemisch anpassen und somit wären das mit Sicherheit die optimalsten Energieträger, ganz ohne Hybrid oder E-Fahrzeug. Was fehlt ist die Politik - wer jetzt Grün wählt die E-Autos, gespeist aus Kohle und Atomkraft, fördern ist selbst dran Schuld wenn er die Zukunft verpasst
CO2 wird weiterhin ausgestoßen, nur wurde es vorher absorbiert.
Der Verbrenner wird nicht sauberer, wenn weniger CO2 emittiert wird. Lokal emissionsfreies Fahren, sanfter Lauf, Reduzierung mechanischer Teile usw. wird auch mit Laborkraftstoffen nicht erzielt.
Sinn macht es schon. man kann solchen Treibstoff ja z.B. auch in Wüsten produzieren (Solar) und dann transportieren. Das ist leichter las die gleiche Menge Strom aus Nordafrika oder Arizona nach Europa zu bringen.
Jaja, der Diesel ist tot....😆
Die Forderung der Grünen wird hier falsch interpretiert. Die Grünen fordern ab 2030 keine Fahrzeuge mehr zu verkaufen dessen Motoren mit fossilem Brennstoff betrieben werden.
Das ist ein gewaltiger Unterschied zu der hier behaupteten Forderung Verbrennungsmotoren zu verbieten. Also auch die Grünen sehen nicht das Ende des Verbrenners, sondern nur dessen derzeitigen Brennstoff.
Der hier angesprochene synthetische Brennstoff ist daher eine wahre Alternative, genau wie das Power to Gas Verfahren in dem Methan synthetisiert wird, mit dem heute schon die meisten Benzinmotoren betrieben werden könnten.
Sind bei den Kosten der bessere Wirkungsgrad miteinberechnet? Ansonsten dürfte die saubere Verbrennung, langfristig geringere Gesundheitskosten und neue Arbeitsplätze am Standort DE/EU schon durchaus auch finanzielle Entlastungen einbringen können. Außerdem ist jeder Gegenspieler gegen das verdammte Kartelle im Nahen Osten zu begrüßen.
Gleiche Problem beim Elektro-Auto. Auch seltene Erden für die Akkus müssen abgebaut werden. Ladeinfrastruktur muss auch geschaffen werden, belastbares Stromnetz geschaffen.
Wenn dieser Unsinn der Grünen wirklich käme, würde 2030 vermutlich das Rekordjahr der Automobilindustrie. Jeder würde sich noch schnell ein neues Fahrzeug kaufen und die nächsten 20-30 Jahre damit fahren. Öl ist billig und verfügbar, so lange wir leben.
Aber ich halte es für wahrscheinlicher, daß es bis dahin keine Grünen mehr gibt 😆
Das musst du mir mal erklären: E-Autos werden mit Strom aus Kohle- und Atomstrom betankt, der synthetische Kraftstoff aber nicht mit diesem Strom hergestellt?