Wohnmobil-Sharing: „Paul Camper“-Gründer im Gespräch
Berliner Start-up arbeitet am „Airbnb für Camper“
Wohnmobile sind praktisch, stehen aber meist herum. Private Sharing-Plattformen können helfen, die Unterhaltskosten zu senken. Wir trafen den Gründer von "Paul Camper".
Von Haiko Prengel
Das eigene Auto zu verleihen, fällt vielen schwer. Die Vorstellung, mit unbekannten Menschen Bett und Küche zu teilen, noch viel mehr. Dennoch entschließen sich immer mehr Wohnmobil-Besitzer in Deutschland, ihren geliebten Camper auf privaten Sharing-Plattformen zu vermieten.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die meiste Zeit steht ein Wohnmobil nur herum, immer dann nämlich, wenn man gerade keinen Urlaub hat. Also ist es doch sinnvoll, das Fahrzeug in diesem Zeitraum anderen Urlaubern zur Verfügung zu stellen. Zumal eine Menge Geld dabei herausspringen kann, um Werkstattaufenthalte und Unterhaltskosten zu bezahlen.
Eines dieser wachsenden Sharing-Portale für Freizeitmobile ist „Paul Camper“ aus Berlin. Wenn man mit Firmengründer Dirk Fehse verabredet ist, kommt der gerne mal mit seinem alten VW T4 Bus zum Treffen – denn diesem treuen Gefährt hat er die Geschäftsidee eigentlich zu verdanken.
Knapp 375.000 Kilometer hat der betagte Bulli Baujahr 1999 abgespult. Und das natürlich nicht im banalen Berufsverkehr, sondern bei aufregenden Urlaubstrips durch ganz Europa. Gaskocher, kleine Spüle und eine Matratze für zwei: Fehse braucht kein Luxushotel, um sich unterwegs wohl zu fühlen. Die Mobilität seines kompakten, wendigen Campingwagens ist ihm viel wichtiger. „Ich mag Roadtrips“, betont der Berliner mit dem hippen Schnauzbart. „Immer in Bewegung sein!“
Der 36-Jährige ist Gründer und Inhaber von Paul Camper. 2013 gründete Fehse das Portal, das damals die erste Sharing-Plattform für private Wohnmobile und Wohnwagen war. Die Idee: Campingfreunde sollen ihre Wohnmobile untereinander privat ausleihen können – natürlich gegen ein Entgelt für die Fahrzeugbesitzer und eine Provision für den Portalbetreiber.
59 Euro am Tag für einen T4
Die Caravan-Industrie boomt, noch nie waren so viele Wohnmobile auf der Straße unterwegs. Doch die Fahrzeuge sind in der Anschaffung teuer und werden selten genutzt. Die Idee von Paul Camper:Durch das Camper-Sharing können andere relativ günstig Urlaub machen. Für die Verleiher springt etwas Geld heraus, um die laufenden Unterhaltskosten zu bezahlen.Auch seinen VW T4 vermietet Dirk Fehse über sein Portal, wenn er den Bulli nicht selbst nutzt. In ein paar Tagen gehe „Paul“, so hat er seinen weißen Transporter getauft, wieder auf große Fahrt. Fünf Freunde haben den VW gemietet, um damit für vier Wochen Kroatien zu bereisen. Zwei Leute schlafen an Bord, die anderen drei im Zelt. 59 Euro kostet „Paul“ pro Tag, geteilt durch fünf ist das nicht viel. Besonders durstig sei sein Kumpel auch nicht, sagt Dirk Fehse, im Schnitt genehmige er sich acht Liter Diesel auf 100 Kilometer.
Erstaunlich, wozu so ein alter T4 nach 20 Jahren auf der Straße noch fähig ist. Klar, viele Verschleißteile wurden getauscht oder erneuert, etwa der Zahnriemen. Doch der 2,5 Liter große TDI scheint unzerstörbar, als seien 375.000 Kilometer nichts. Dabei sind es umgerechnet fast zehn Erdumrundungen. „Paul“ hat nicht einmal ansatzweise Rost angesetzt, was Dirk Fehse auf die verzinkte Karosserie zurückführt.
Mit dem Camping-Virus infiziert wurde der gebürtige Brandenburger bei einem Aufenthalt in Australien. Fehse hat Betriebswirtschaftslehre studiert, ein Auslandssemester absolvierte er in Brisbane. Nach Ende des Semesters blieben noch drei Monate Freizeit. In dieser Zeit reiste er mit einer Freundin quer über den Kontinent – mit einem Toyota Hiace. „Der ist in etwa so groß wie ein VW Bus, hat aber ein festes Hochstelldach“, erklärt Fehse.
Zunächst ging es mit dem Toyota die Ostküste herunter über Sydney nach Melbourne, von dort die berühmte Great Ocean Road bis nach Adelaide und dann quer durchs Outback hoch ins Northern Territory. Zum Abschluss fuhren beide noch die Westküste abwärts bis nach Perth. Am Ende hatte der Hiace 17.074 Kilometer mehr auf dem Tachozähler. Und Dirk Fehse und seine Begleiterin waren um viele Erfahrungen reicher. „Das war eine der schönsten Zeiten meines Lebens“, sagt er.
„Airbnb für Camper“
Zurück in Deutschland beendete Fehse zwar noch sein BWL-Studium und wurde aus dem Stand bei einem Unternehmen für Wirtschaftsprüfung angeheuert. Doch der Job machte ihn nicht glücklich, auch wenn es gutes Geld gab. Nach weiteren Camping-Reisen entschloss sich Fehse schließlich, den Job als Wirtschaftsprüfer zu kündigen und ein neues Leben anzufangen. Sein VW T4 existierte damals schon, für 10.000 Euro hatte er sich den Transporter gekauft und ihn zu einem Camper umgebaut. Anfang 2013 gründete er dann das Sharing-Portal „Paul Camper“.
Die ersten Caravan-Besitzer schrieb er damals persönlich an und überredete sie, mit an Bord zu kommen. Heute besteht die Flotte aus 3.300 Fahrzeugen, Tendenz steigend. Inzwischen gibt es Investoren, die „Paul Camper“ unterstützen und das Start-up zu einer großen Marke aufbauen möchten. „So ungefähr wie das Airbnb für Reisemobile“, sagt Fehse. Aber es gibt auch Konkurrenz. Andere Plattformen wie Campanda oder ShareACamper buhlen mit um Kunden.
Der Markt ist umkämpft, das Potenzial scheint enorm: Die Zulassungszahlen in der Caravaning-Branche steigen weiter. Das hat zur Folge, dass von dem ursprünglichen Freiheitsgefühl vielerorts nicht mehr viel zu spüren ist. In der Hochsaison sind die Wohnmobil-Stellplätze teils brechend voll. Wild campen ist vielerorts verboten. Aber es gebe noch viele unberührte Ecken in Europa, verrät Dirk Fehse: In Skandinavien könne man immer noch wunderbar frei stehen, auch Osteuropa sei vielerorts idyllisch – zum Beispiel die Masuren in Polen. Oder die Berge in Albanien.
Ich finde das gar nicht so schlecht. Habe mein Wohnmobil auch eine zeitlang privat am Freunde verliehen, da habe ich keine Schwierigkeiten mit.
Nervig ist die Verantwortlichkeit, wenn was kaputt geht. Gerade ältere Autos haben doch ihre Macken, die erstmal erklärt werden müssen. Außerdem ist es immer möglich, dass man mal liegenbleibt. Klar kann da ein Schutzbrief helfen, aber das Ding muss dann ja auch repariert werden. Und das kann teuer werden, gerade in Hochlohnländern.
Abgesehen davon kann ich auch empfehlen, Urlaube Richtung Osten zu machen. Albanien ist ganz fantastisch.
vom Start-up kann man da denke ich nicht mehr reden, die Plattform ist ja seit Jahren in der Camper Szene bekannt&umstritten wie ein "bunter Hund"
Warum umstritten?
Umstritten in Hinsicht der Handhabung etc.
War auch mein erster Gedanke. Ich nutze Airbnb gerne und regelmäßig, aber bei einem Wohnwagen hätte ich da ein mulmiges Gefühl. Wie schauts im Schadensfall aus (da reicht ja schon ein Parkrempler) und was ist bei einem Defekt. (beides eher selten bei einer Wohnung oder einem Zimmer...)
Wärs problemlos umsetzbar, hätte es AirBnb wohl schon längst selbst gemacht.
Man entdeckt das Thema Camping mit Fahrzeugen gerade erst für sich, hier auf MOTOR-TALK. Da ist praktisch alles neu (sie „C-Kennzeichen“).
Wer es mag.... 59€ für einen steinalten T4 mit abgenudelten 375.000km, etwas Sprit und Gebühren für den Campingplatz dabei, schon ist man locker auf 100-120€ am Tag. Dann schläft man doch wieder aufm Parkplatz, weil der Wunschcampingplatz gerade wieder überfüllt ist, setzt sich morgens um 5Uhr mit zahlreichen erwachenden LKW-Fahrern auseinander oder wird mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen, weil das Parken dort nicht gestattet ist, zahlt seinen Obolus an den Trachtenverein und fährt guten Mutes weiter.....
Dann vielleicht doch ein Zimmer für die Hälfte vom Erfinder Airbnb mit einem günstigen Leihwagen für 90€ die Woche.... aber jedem das Seine....
Gruß
Gravitar
Ich finde 59 Euro pro Tag für so ein ausgenudeltes Ding gar nicht mal billig. Selbst bei uns im überteuerten Südbaden bekomme ich ein "richtiges" Wohnmobil schon ab 80 Euro pro Tag mit unbegrenzten Freikilometern. Das ist dann aber ein quasi neues Teil und tatsächlich auch für 5 Personen geeignet (im Gegensatz zu dem oben angepriesenen T4).
Ich persönlich würde mein Wohnmobil nicht vermieten. Die meisten Leute haben kein Gespür für solche großen Autos. Da sind hohe Kosten für Reparaturen vorprogrammiert. Und damit meine ich jetzt nicht irgendwelche abgefahrenen Heckschürzen oder sonstige Dinge, die man bei Rückgabe sofort sieht. Damit meine ich eher defekte Dämpfer weil jedes Schlagloch munter mitgenommen wird, verheizte Kupplungen, über scharfe Bordsteine geschanzte Reifen, ...
Jeder wie er mag. Für mich wärs nix.
Gruß
Jürgen
Recht gute IDEE für Kaufwillige Camper zum testen..........