Erstes Borgward-Modell auf der IAA 2015

Borgward kommt wirklich zur IAA

Björn Tolksdorf

verfasst am Mon Jul 27 17:07:53 CEST 2015

Erstmals kauften chinesische Investoren mit Borgward eine komplette, wenn auch tote deutsche Automarke. Die Autos unter altem Namen gibt es dennoch zuerst nur in China.

Ja, da ist es, und es fährt auch: Borgwards PR-Chef Marco Dalan (l.) und Ex-Auto-Tester Jürgen Schramek zeigen, dass wirklich ein Auto unter ihrem Tuch steckt
Quelle: Borgward

Stuttgart – Dem Projekt Borgward begegnet Skepsis: Kann man, sollte man nach 54 Jahren eine mausetote Automarke wiederbeleben? Deutsche Tradition plus Kapital und Technik aus China? Die Borgward AG mit Sitz in Stuttgart scheint dazu entschlossen. Auf der IAA 2015 steht das erste Serienmodell.

Ein SUV wird es, das sagte der Geschäftsführer Karlheinz Knöss schon auf dem Genfer Salon im Mai. Wie um letzte Zweifel am Comeback zu zerstreuen, verbreitet Borgward selbst Erlkönig-Fotos, die ein SUV auf der Nordschleife zeigen.

Erste Details zur Technik sickerten bereits durch: Von Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe aus dem Zuliefer-Regal ist die Rede. Von sieben Sitzen sowie selbstentwickelten Benzin-, Diesel- und Plug-in-Hybridantrieben. Das klingt konkret. Bereits vor fünf Jahren sagte Knöss: Wenn Borgward ein Auto vorstellt, dann erst, wenn es fertig ist.

Das deutsch-chinesische Projekt setzt neben deutscher Tradition auf „german engineering“. Entwickelt wurde das neue SUV in Deutschland, sagt der ehemalige Daimler-Manager und neuer Borgward-Vorstand Ulrich Walker den „Stuttgarter Nachrichten“. Produzieren wird Borgward dagegen in Peking. Auch der Verkauf startet zunächst in China, danach in Märkten wie Brasilien und Indien. Für den deutschen Markt gebe es zwar Pläne, aber noch keinen Zeitpunkt.

Geld aus China, Name aus Bremen

DIeses Erlkönig-Foto von der Nordschleife verbreitet Borgward selbst. Auch weitere Fotos des getarnten SUV finden sich im Netz
Quelle: Borgward

"Ich bin überzeugt, dass Borgward seinen Platz auf dem internationalen Automobilmarkt zurückgewinnen wird", sagt Ulrich Walker. In die Entwicklung und den Aufbau der Produktion investierte Beiqi Foton Milliarden. Keine Frage, die meinen es ernst.

Trotzdem schmeckt der Drink seltsam, der da angerührt wird. Denn weder Christian Borgward noch Karlheinz Knöss verfügen über größere Branchenerfahrung. Beobachter zweifeln zudem an der Stichhaltigkeit mittelfristiger Pläne. "Da passt gar nichts zusammen", sagt der Branchenberater Ralf Kalmbach zur „Stuttgarter Zeitung“. Bis 2020 will Borgward 800.000 Autos verkaufen, und diese Zahl bis 2025 noch einmal verdoppeln. Ab 2016 sollen jedes Jahr zwei Modelle vorgestellt werden.

Trotz der Beteiligung eines Borgward-Enkels treibt primär chinesischer Wachstumswille die Pläne für Borgward. Aus Europa stammen im wesentlichen der Name und die Tradition. Zu unserer Idee europäischer Industrietradition mag das nicht passen. Aber in China, wo Borgward zunächst verkaufen will, spielt dies keine Rolle.

Briten und Schweden kennen das Gefühl

In China kennt kaum jemand die Isabella. Borgward kann diese Tradition dennoch nutzbringend einsetzen, und sie sogar mit echten Oldtimern belegen. Die Chinesen bevorzugen eine Marke, die nicht aus dem Nichts kommt. Das unterscheidet Borgward beispielsweise vom Hersteller Qoros. Der wollte ebenfalls mit deutschem Know-how den chinesischen Markt aufrollen. Zur mangelndem Tradition gesellt sich dort mittlerweile mangelnder Erfolg.

Auf dem Genfer Salon im März zeigte Christian Borgward das neue Logo und eine alte Isabella. Auf der IAA gibt es auch ein neues Auto
Quelle: dpa/Picture Alliance
Es mag uns Deutschen nicht gefallen, dass unsere Tradition käuflich ist. Briten oder Schweden dagegen kennen die Symbiose aus heimischer Autotradition und chinesischem Kapital bereits. So betreibt Shanghai Automotive (SAIC) die Marken Roewe und MG – auf Basis der Überbleibsel von MG Rover.

Der Geely-Konzern stellt längst die legendären englischen „black cab“-Taxis her und besitzt außerdem die schwedische Marke Volvo. Auch Saab befindet sich in chinesischer Hand. Borgward sucht anscheinend die Nähe zu einer weiteren deutschen Tradition neben dem Automobilbau. Nach Informationen der „Rheinpfalz“ verhandelt Beiqi Foton über ein Trikotsponsoring mit dem Fußballverein 1. FC Kaiserslautern.