Patente zum autonomen Fahren: Deutsche und Japaner vorne

Bosch gegen Google: 2.710 zu 140

Heiko Dilk

verfasst am Tue Sep 20 15:02:37 CEST 2016

Klassische Auto-Firmen liegen beim autonomen Fahren vorn - zumindest nach der Anzahl der Patente. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Google und Co. holen auf.

Google hat mehr Kilometer mit Roboterautos zurückgelegt als jedes andere Unternehmen. Andere Firmen haben allerdings mehr Patente fürs autonome Fahren
Quelle: dpa/picture-alliance

Berlin – Innovativ, kreativ und technologisch ganz weit vorne. Im Silicon Valley liegt die Zukunft des autonomen Fahrens – und klassische Autohersteller sehen nur noch die Rücklichter. So wurde es in den vergangenen Monaten oft beschworen. Doch die Realität sieht offenbar etwas anders aus. Noch haben die Internet- und Computergiganten die klassische Autoindustrie bei dem Zukunftsthema autonomes Fahren nicht überholt.

Zu dem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Münchner Patent-Kanzlei Grünecker, über die die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Demnach liegen die meisten Patente fürs autonome Fahren nicht bei Google, Apple oder Tesla, sondern bei japanischen und deutschen Unternehmen – überwiegend aus der Autoindustrie.

Autonomes Fahren: Bosch mit 2.700 Patenten in sechs Jahren

So habe allein der Zulieferer Bosch in den vergangenen sechs Jahren 2.710 Patente im Bereich selbstfahrender Autos veröffentlicht. Danach folgen Toyota (2.061), Volkswagen (1.173) und der japanische Zulieferer Denso (1.022). Dann Honda (882), Nissan (871), Daimler (793) und Continental (714). Erst auf Platz neun folgt mit General Motors ein US-Unternehmen (713), Hitachi (568) komplettiert die Top Ten.

„Die Quantität der Patente sagt auch einiges über die Qualität der Technologie aus“, zitiert die SZ den Patentanwalt Jens Koch. Er zieht den Schluss, dass die deutschen Autohersteller „beim autonomen Fahren technologisch mit vorne liegen“.

Noch, muss man einschränkend sagen. Zwar rangiert Google mit 140 Patent-Veröffentlichungen auf einem hinteren Platz. Doch vor acht Jahren hatte der Suchmaschinen-Konzern erst sechs Patente in dem Bereich veröffentlicht. Laut Koch muss es für die Autobauer in den künftigen Jahren darum gehen, „ihren Vorsprung zu behalten und nicht überholt zu werden.“

Google mit den meisten autonomen Kilometern

Die Zahl der Patente erzählt zudem nur die halbe Geschichte. Alle Hersteller greifen bei ihren selbstfahrenden Autos auf Sensoren, Kameras, Radar oder Steuergeräte verschiedener Zulieferer zurück. Entscheidend ist, wie die Systeme zusammenwirken, und wie gut die Algorithmen sind, die sie steuern. Hier ist vor allem Erfahrung entscheidend.

Ließe sich die in Kilometern berechnen, hätte Google die Nase weit vorne. Kein anderes Unternehmen hat autonom mehr Strecke zurückgelegt als die Kalifornier. Auch, weil die Rahmenbedingungen für die Erprobung in einigen Staaten der USA besonders gut sind. Deshalb erproben ja auch Daimler, Nissan, Bosch, Audi, Ford oder Delphi ihre Roboter-Autos in den USA. Davon abgesehen leisten sich auch deutsche Autohersteller Denkfabriken in Kalifornien. Was Daimler als Patent anmeldet, wurde letztlich vielleicht auch im Silicon Valley erdacht.