Kältemittel in Paris vor Gericht
Daimler kämpft um Image und Kunden
Frustrierte Kunden und Umsatzeinbußen: Für Daimler geht es im Kältemittelstreit um viel. Nun berät das oberste französische Verwaltungsgericht. Weil Kunden keine Autos bekommen.
Paris - Auf der Website ist die Welt noch in Ordnung. „Mercedes-Benz France - Ihr zukünftiges Auto erwartet Sie“ - mit Sätzen wie diesem wirbt Daimler in Frankreich um Kunden. Kein Wort wird auf der Startseite über die unangenehme Auseinandersetzung mit den französischen Behörden und ihre Folgen verloren.
Nicht ohne Grund. Seit Wochen warten Kunden vergeblich auf die versprochene Auslieferung von bestellten Modellen der A-, B-, SL- oder CLA-Klasse. Mehr als 4.500 Fahrzeugen wird derzeit die Zulassung verweigert, weil in ihren Klimaanlagen ein altes Kältemittel zirkuliert. Daimler verstoße gegen gültige EU-Umweltvorschriften, argumentiert die französische Regierung. Das neue Kältemittel sei gefährlich, heißt es hingegen aus Stuttgart. Die Tests seinen getürkt, sagt US-Hersteller Honeywell.
Die Entscheidung kommt am Dienstag
Die Kunden, die ihre Bestellung noch nicht rückgängig gemacht haben, können nun aber hoffen. Bereits am kommenden Dienstag will das oberste französische Verwaltungsgericht entscheiden, ob die französischen Behörden den Zulassungsstopp mit sofortiger Wirkung aufheben müssen. Daimler hat eine einstweilige Verfügung verlangt, bis eine Grundsatzentscheidung im Kältemittelstreit getroffen ist.
Dabei geht es schon längst nicht mehr nur um die französische Zulassungsblockade. Die EU-Kommission muss in den nächsten Monaten grundsätzlich urteilen, ob das neue Kältemittel R1234yf eine ernste Sicherheitsgefahr darstellen könnte. Nur dann nämlich kann eine Sondergenehmigung des deutschen Kraftfahrtbundesamts Bestand haben. Sie erlaubt dem Stuttgarter Hersteller, das alte Kältemittel R134a einzusetzen. Für Wagen, die ihre Typgenehmigung nach dem 1. Januar 2011 erhalten haben, ist das alte R134a eigentlich tabu.
„Nach der von uns vorgetragenen Faktenlage sind wir zuversichtlich, dass das Gericht unsere Rechtsauffassung bestätigt und die Zulassungsblockade in Frankreich aufheben wird“, sagte ein Daimler-Sprecher am Freitag nach der öffentlichen Anhörung in Paris.
Mercedes befürchtet wirtschaftliche Schäden
Zuvor hatten Mercedes-Anwälte vor dem obersten Verwaltungsgericht deutlich gemacht, welche wirtschaftlichen Folgen ein Festhalten an der umstrittenen Blockade haben könnte. Mercedes-Benz France müsse Umsatzeinbußen von 40 Prozent befürchten. Bei den Kompaktwagen sei jeder zweite Besteller ein Neukunde, der schnell wieder zu einem anderen Hersteller wechseln könnte, hieß es. Im vergangenen Jahr hatte Mercedes-Benz France immerhin einen Umsatz in Höhe von 3,17 Milliarden Euro verzeichnet.
Warum Frankreich mit dem Zulassungsstopp voranpreschte, ist bis heute nicht klar. Bislang ist kein anderes Land dem Vorbild gefolgt. Stattdessen haben mittlerweile andere Autoriesen wie Toyota angekündigt, vorerst nicht auf das neue Kältemittel zu vertrauen zu wollen. Die große Mehrheit setzt ohnehin noch auf das alte Mittel - dank alten Typgenehmigungen, die den Einsatz von R134a bis 2017 möglich machen.
Umweltschutz oder Rache-Aktion
In Branchenkreisen wird gemutmaßt, dass die französische Entscheidung eine Retourkutsche für den Kurs der deutschen Bundesregierung beim Thema Reduzierung der CO2-Abgasemissionen sein könnte. Paris sträubt sich gegen eine von Deutschland befürwortete Lockerung der geplanten CO2-Normen.
Selbst in Frankreich wird allerdings darauf verwiesen, dass bei manchem Gegner der Lockerung Eigeninteressen im Vordergrund stehen dürften. Paris und Rom spielten die Tugendhaften, weil ihre Hersteller Renault, PSA oder Fiat vor allem im Bereich der Kleinwagen mit vergleichsweise wenig Treibhausgas-Ausstoß stark seien, schrieb jüngst die Wirtschaftszeitung „La Tribune“.
Daimler wird hingegen von manchen Beobachtern sogar ein positives Ende des Kältemittelstreits prognostiziert. Wenn die Behörden dem deutschen Hersteller Recht geben, kann sich das Unternehmen feiern: Als einziger Autobauer, der Hinweise auf mögliche Gefahren von R1234yf ernst genommen hat.
tolles foto mit so einem schönen 210 😊
Eigentlich unfassbar, dass dieses Killermittel auf die Menschheit losgelassen werden sollte...
Haben soviel Leute ("Experten") weggesehen...???
Der wohl kurz danach zu brennen hat angefangen!
Ich vermute, dass Daimler aus diesem Streit erhobenen Hauptes hervorgehen wird.
Schon bedrückend, dass die Verweigerung eines Herstellers ggü. einer sicheren Todesfalle vor Gericht landet.
Ich drücke Daimler die Daumen, dass sie diesen Streit als Gewinner verlassen und andere Hersteller nachziehen! Mittelfristig is der Weg hin zur CO² Klimaanlage wohl der bessere als jene Chemiefabrik spazieren zu fahren.
Daimler könnte sich dem entgehen: man nehme CO2 und fertig. Und ja, es gibt fertige CO2 Anlagen nur ist die Gier der Sternenführer zu hoch als dass man die etwas teurere CO2 Anlage verwenden möchte. Andere Hersteller (darunter auch Volvo) schaffen es auch R1234yf sicher im Fahrzeug einzubauen... Nur die Deutschen nicht...
Hoffentlich bekommt Daimler die harte Faust des französischen Staates zu spüren! Die Richtlinie ist seit JAHREN bekannt, dass ein neues R134a FREIES Kältemittel zu verwenden ist, aber nein, man zieht den Schwanz ein.
Liebe Franzosen, unsere beiden Staaten mögen sich nicht und haben sich 100 Jahre lang bekriegt, aber bitte bitte, seid jetzt nicht mit Daimler gnädig! Die deutschen Marken dürfen NICHT den Markt bestimmen!
Nun ja:
Das KBA hat zu einem Verwaltungstechnischen Trick gegriffen. Normalerweise müssen neu Entwickelte Modelle mit R1234yf befüllt werden. Daimler hat beim KBA aber beantragt das die A + B-Klasse nicht als komplett neue Modelle, sondern als Facelift einzustufen. Für Facelifts gilt nämlich das dort weiterhin R134a eingefüllt werden darf. Das KBA kam der Bitte nach und hat die Fahrzeuge Homologiert. Durch dieses Homologation sind die Fahrzeuge eigentlich im gesamten Wirtschaftsraum zugelassen. Frankreich bemängelt jetzt aber eben diesen Trick des KBA und vertritt die Meinung das es sich um neue Modelle handelt und nicht um ein Facelift. Daher ist dort dann R1234yf pflicht.
Der Prozess ist aus zwei Gründen interessant:
Zunächst wäre zu klären wie gefährlich das Kältemittel wirklich ist.
Dann aber bleibt da der Europarechtliche Aspekt. Die Fahrzeuge besitzen eine gültige Zulassung in Deutschland und sind Homologisiert. Die Blockade Frankreichs stellt einen großen Eingriff in die Warenfreiheit innerhalb der EU dar. Immerhin ist dies einer der Grundgedanken der EU: Ein Gemeinsamer Binnenmarkt ohne Schikanen! Was in einem Mitgliedsstaat verkauft werden darf, ist auch in anderen Mitgliedsstaaten verkehrsfähig. (Es gibt ein paar Ausnahmen, wie z.B. Medikamente, Feuerwerk) aber gerade Fahrzeuge zählen nicht dazu.
Ich bin gespannt wie der Prozess ausgeht.
Tatsächlich ist das soweit korrekt. Allerdings ist die Problematik derer, dass die Zulassungsproblematik dann nicht nur in Frankreich zu Problemen führen kann/wird, sondern europaweit. Bislang wurde keinem Wagen die Homologation entzogen, aber ich glaube wir stehen kurz davor genau das mitzuerleben.
Dieser "Trick" ist ein Schlupfloch. Schlupflöcher gilt es zu stopfen aber da hat die Bundesregierung nichts von, da damit dann ggf. Einnahmen ausbleiben würde.
Zusätzlich ist laut EU Richtlinie zur Verringerung der Treibhausgase (Kältemittel sind eben Treibhausgase) nicht eindeutig R1234yf vorgeschrieben sondern eine "bessere Flüssigkeit als heute verfügbar". Ergo: würde man gleich zu CO2 gehen, würde man sich den Zwischenschritt mit R1234yf sparen können, denn R1234yf wird in ca. 15 Jahren wieder zu hohe Werte aufweisen und CO2, mit einem GWP (Treibhauspotential) von 1 verglichen zu 1430 (R134a) oder 4,4 (R1234yf) ist deutlich besser.
Durch den Eingriff von Mercedes (bzw. eigentlich allen deutschen Herstellern) in den Markt mit dieser Denkweise, hat man sich große Probleme eingebrockt. Man hat zu sehr auf Lobbyisten gehört und sich dahingehend verleiten lassen. Die EU als Wegweiser ohne Marktbestimmungsmöglichkeiten (es ist wie die deutsche Politik: man darf nicht aktiv in den Markt eingreifen sondern soll den Markt leiten...) hat keine Vorgabe WELCHES Mittel verwendet werden SOLL gegeben sondern welches NICHT verwendet werden SOLL (nicht: R134a, vor ein paar Jahren noch R12 usw.). Man gab nur vor "GWP von XYZ". Nicht "Ihr baut jetzt Anlagen für R1234yf" - so wie von vielen fälschlicher weise behauptet...
Ich bleibe und hänge gespannt an dem Verwaltungsgericht. Ich HOFFE dass da eine klare und vorallem VORBILDLICHE Regelung getroffen wird. Am liebsten dass die Zulassungen der Fahrzeuge mit R134a die nach 2011 zugelassen wurden sind, vom Hersteller her aufgehoben werden und damit der Hersteller seinen Kunden die Fahrzeuge ersetzen müssen oder eine neue Anlage verbauen müssen.
Negativpresse wird dann jedoch sicherlich NICHT in den deutschen Medien zu finden sein...
Der Kunde kann dem auch entgehen: man kaufe kein Auto mit dem umstrittenen Kältemittel! Dann erledigt sich das Problem! Aber das erfordert Stehvermögen.
Ist bereits mehrmals bewiesen worden. Es ist gefährlich!
Absolut. Toyota, Volvo, Subaru, Chevrolet, Renault und co kommen alle mit R1234yf aus und das ohne Sicherheitsprobleme... Und man verkauft das Zeugs auch noch immer... Aber bloss nicht bei Daimler... Man will nicht für die Scheiße gerade stehen, welches man verursacht hat!
Mit dem Satz, das R1234yf Pflicht ist, meinte ich eigentlich auch nur, das es derzeit meines Wissens nach kein anderes Marktreifes Kältemittel gibt, was der Richtlinie entspricht.
Ein ganz dicker Vorteil von R1234yf ist der, das dieses Mittel wohl ohne Probleme in bestehende Anlagen, die normalerweise mit R134a befüllt sind, eingesetzt werden kann. (Man möge mich korrigieren, wenn ich damit falsch liege) Bei R12 Anlagen ist eine Füllung mit R134a ja ohne weiteres nicht möglich.
Hinzu kommt noch, das der Markt von einem Duopol beliefert wird, weil das Mittel Patentiert ist. Dies macht es natürlich teurer.
Ich finde man sollte das Gefahrenpotenzial von R1234yf nochmal ganz genau studieren. Ein ganz offener Dialog mit allen Herstellern ist hierbei sehr wichtig. Sich nur auf eine Handvoll Crashtests zu verlassen, halte ich für zu wenig. Bis dieser Sachverhalt geklärt ist, sollten alle Fahrzeuge weiterhin mit R134a ausgeliefert werden. Dies wird verbunden mit der Auflage, im Falle einer Positiven Prüfung des R1234yf, die Fahrzeuge dann mit dem Mittel zu befüllen.
Dadurch würde diese unsägliche Situation erstmal geklärt und beide Seiten hätten erstmal Rechtssicherheit.
Dann solltest du dich mal in das Thema R134a einlesen. Die Stichworte lauten: Photooxidation und vor allem Trifluoressigsäure! Gerade letztere ist ein ziemlich übles Zeug, das in der Umwelt persistent ist, d.h. es wird nicht mehr weiter abgebaut.
Das Umweltfreundlichste und unkritischste Kältemittel dürfte CO2 sein.
Es gibt bereits CO2 Anlagen die verbaut werden KÖNNTEN. Allerdings kosten diese momentan einiges an Aufpreis, weil sie ja noch Kleinserie sind. Würde ein Hersteller sich bereit erklären CO2 zu verbauen, dürften die Beschaffungskosten sich sicherlich halbieren und nach kürzeste Zeit sogar auf das von R134a reduzieren.
EIGENTLICH kann man R12, R134a und R1234yf in die gleiche Anlage kippen. Beim Wechsel von R12 zu R134a sollte man neue Dichtungen in der Anlage verwenden. Man kann aber auch sehr gut ohne die Dichtungen auskommen... Also noch mit R12 Dichtungen fahren. Beim Wechsel von R134a auf R1234yf ist es noch einfacher. Hier wird nur ein neuer Anschluss gebraucht. Die Dichtungen sollte man aber dennoch tauschen, wegen dem potentiellen Schaden, den die Anlage damit anrichten könnte(!).
Ich bin der Überzeugung, die R1234yf Anlage ist sicher, WENN MAN SIE SICHER EINBAUT. Mercedes rühmt sich als "Sicherheitspionier" und sagt dass die eigenen Fahrzeugen die sichersten der jeweiligen Klassen sind... Das Problem ist, sagen kann man vieles. Belegen nur wenig. Das Notbremssystem der neuen S-Klasse ist nicht halbwegs so effektiv, wie das City Safety von Volvo. Die Fahrzeuge sind bei nicht Standard-Tests (wie den Small Overlap Crash Test - bei dem fast alle deutschen Hersteller mit Mangelhaft bzw. ungenügend abschnitten) in der Regel schlecht. Wenn dann darauf eingegangen wird, liegt es am Versuchsaufbau und nicht am Auto. Die A-Klasse und B-Klasse gehören zu den neusten Fahrzeugen auf dem Markt von MB. Eigentlich sollten diese alles aushalten können, was andere Autos auch ohne Mucken aushalten. Toyota bekommt bei der Billigheimerspaßkiste GT86 die Anlage super einfach in den Griff. Keine Gefahren (und der GT86 wird regelmäßig von Leuten, die keine Ahnung haben wie man ohne Helferlein fährt gegen die Wand gesetzt). Volvo schafft es mit dem V40... Usw. usf. Aber Daimler schafft es nicht. Also schiebt man es auf das Material und nicht auf die eigene Marke 😉
Siehe CO2 Grenzen für den Ausstoß. Nur weil man es in Deutschland nicht geschissen bekommt Motoren zu bauen, die auch wirklich gut sparsam sind, muss die EU ihren CO2 Reduktionsplan lockern 😉 Die Konkurrenz bei anderen Marken in anderen Ländern bekommt es hin... Die "Autonation", voll mit "Denker und Dichtern" sowie Erfindern usw. schafft es nicht...