Die Autowerkstatt "Car Berlin": Reportage
Daniel träumt vom hässlichen, bösen Urquattro
Der Großvater schraubte in Berlin, dann musste die Familie vor den Nazis fliehen. Enkel Daniel Lehmann kehrte zurück und betreibt die wohl bunteste Kfz-Werkstatt Berlins.
Von Haiko Prengel
Multikulti kann gut funktionieren, die Autowerkstatt von Daniel Lehmann am Berliner Ku'damm stellt das jeden Tag unter Beweis. Der Schrotthändler stammt aus dem Sudan, der Abschlepper ist ein Libanese – und ein gut bekannter Autohändler, der gerade auf Besuch vorbeikommt, ist Türke.
Daniel Lehmann selbst ist Jude. Während anderswo auf der Welt Kriege um Religionen geführt werden, gibt es hier keinerlei kulturelle Konflikte. „Es gab noch nie Probleme“, sagt Lehmann. Es liegt wohl daran, dass in seinem Haus alle – vom Schrotthändler bis zum HU-Prüfer - die gleiche Leidenschaft teilen: die Liebe zum Automobil. Und die teilt nicht, sondern verbindet.
„Car Berlin“ heißt die Werkstatt von Daniel Lehmann in der Dahlmannstraße direkt am Kurfürstendamm. Von außen sieht der Betrieb mit dem kleinen, verglasten Verkaufsraum unscheinbar aus. Doch wer hinab fährt in die Tiefgarage, dem eröffnet sich eine Unterwelt zum Staunen. Dutzende automobile Kostbarkeiten stehen dort geparkt, von der alten Opel-Blitz-Feuerwehr über amerikanische Straßenkreuzer bis zu edlen Sportwagen-Klassikern von Ferrari oder DeTomaso.Manche Wagen überwintern nur in der großen Halle, andere sind Kundenautos, die repariert werden. „Wir machen alles, von A bis Z“, sagt Werkstattchef Lehmann bei einem Rundgang durch den unterirdischen Betrieb. Mit seiner Firma hat sich der 45-Jährige auf die Instandsetzung von Old- und Youngtimern spezialisiert. Aber selbstverständlich kümmern er und seine Leute sich auch um die „normalen Autos“.
Schrauber mit Berliner Tradition
Gerade wer einen Klassiker fährt, brauche im Winter ja auch ein Alltagsauto, erklärt Lehmann. Ein Alltag, in dem das Auto die größte Sorge ist, war für seine Familie eine Zeit lang nicht möglich. Schon Lehmanns Großvater war Autoschrauber im alten Berliner Westen. Dann kamen die Nationalsozialisten an die Macht, und die Großeltern flohen nach Palästina - noch rechtzeitig, Mitte der 1930er-Jahre. Der Großvater baute sich in Haifa eine neue Existenz auf, als Sachverständiger. „Mein Opa war der erste Kfz-Prüfer in Israel“, sagt Enkel Daniel Lehmann.
Schrauben in Israel sei etwas anderes als hierzulande. „Klar gibt es dort auch Kfz-Profis“, erzählt der 45-Jährige. Die Werkstätten hätten moderne Diagnosegeräte und im Prinzip das gleiche Fachwissen. Doch die Herangehensweise ist manchmal etwas unorthodox, Lehmann nennt es „Freestyle“. „Das fängt schon damit an, dass die Kunden einfach so durch die Werkstatt spazieren.“ Auch ob Ersatzteile original oder nicht original sind, wird dort nicht so wichtig genommen. Selbst Vertragswerkstätten verkauften mal Teile aus dem Aftermarket, wenn es für den Kunden billiger kommt.
Der Vater von Daniel Lehmann kehrte in den 1980er-Jahren nach Berlin zurück. Die Großmutter war gestorben, es musste einiges geklärt werden. Zurück nach Israel ging er nicht mehr, stattdessen eröffnete er in West-Berlin seinen „Käfer-Shop“. Eine Werkstatt, spezialisiert auf Reparaturen, Restaurationen und Umbauten des Klassikers von Volkswagen. Sohn Daniel arbeitete dort ein paar Jahre mit und sammelte Erfahrungen. „Wir waren ziemlich bekannt“, erinnert er sich. „Mit Porsche, Käfer und VW-Bussen sind wir Rennen gefahren – Viertelmeile und Cup.“
Das Büro erledigt die Ehefrau
Rennen fährt Daniel Lehmann immer noch gerne. Mit seinen Mitarbeitern - „Car Berlin“ hat acht Angestellte – geht er gerne mal auf die Go-Kart-Bahn. Zweimal in der Woche wird gemeinsam gegessen, das schafft eine familiäre Atmosphäre. „Das ist mir wichtig“, sagt Daniel Lehmann und stellt eine große Schüssel mit Walnusskernen auf den Tisch. Nervennahrung. „Ich arbeite hart für mein Geld“, sagt der zweifache Familienvater.
Blech und Motoren gehört sein Herz, Schreibkram ist seine Sache nicht. Das Büro managt daher seine Ehefrau Claudia, mit der Daniel Lehmann seit mehr als 20 Jahren zusammen ist. „Ohne sie würde der Laden hier nicht laufen.“ Von der Autoschraubervergangenheit des Großvaters gibt es leider keine Spuren mehr. Immerhin stehen in der Dahlmannstraße noch die beiden Häuser, in denen Großvater und Großmutter Lehmann aufwuchsen. Der Enkel fährt täglich daran vorbei, wenn er in die Firma fährt.
Allein die drei, vier Autos im Verkaufsraum von Car Berlin sind eine Augenweide. Etwa der schwarze Mercedes S600 (W140) mit Zwölfzylinder, in den Neunzigern der Gipfel deutscher Ingenieurskunst. Oder das schicke BMW-3er-Cabriolet (E30). Die Preise für gut gepflegte E30 gehen gerade durch die Decke. Kfz-Meister Chris, die rechte Hand von Werkstattchef Lehmann, ist großer Fan der BMW-Youngtimer.
Auch große Autohäuser sind Kunden bei Lehmann
Daniel Lehmanns Team hat es in den vergangenen Jahren geschafft, sich über die Grenzen Berlins hinaus einen Ruf als „Spezialist für ganz besondere automobile Probleme“ zu erarbeiten, wie es die „Jüdische Allgemeine“ formulierte. Vor allem Old- und Youngtimer-Besitzer schätzen den Betrieb in der Dahlmannstraße.
Auch große Vertragshändler brächten ältere Autos zur Reparatur, wenn sie nicht mehr weiter wüssten, sagt Lehmann. Mit Vergasern oder betagteren Einspritzsystemen kennen sich moderne Kfz-Mechatroniker mit ihren Diagnosegeräten nicht immer aus, attestiert er. „Die haben doch keinen blassen Schimmer.“Seine jüdische Abstammung versteckt Daniel Lehmann nicht. Zu Chanukka, dem achttägigen jüdischen Lichterfest, erstrahlt die Fensterfront von „Car Berlin“ stets in hellem Glanz. Regelmäßig geht der leidenschaftliche Autoschrauber in die Synagoge. „Ich glaube an Gott“, sagt Daniel Lehmann. Seinen beiden Kindern vermittelt er vor allem Respekt gegenüber allen Menschen – egal welcher Hautfarbe, Abstammung oder Religion. „Am Ende sind wir doch eh alle gleich“, meint der 45-Jährige. „Wir gehen alle aufs Klo und wir müssen alle sterben.“ Klingt lapidar, ist aber so.
Der Traum vom Urquattro
Wie viele Autos Daniel Lehmann schon gefahren ist, weiß er nicht mehr. Eigentlich mag er sie alle, vom Kleinwagen bis zum Muscle Car. „Ich genieße es, mit 80 km/h gemächlich über die Autobahn zu tuckern. Wenn es 300 km/h sind, genieße ich es aber auch.“
Nur ein Auto fehlt ihm noch zum automobilen Glück. „Mein Traum ist ein Audi Urquattro, so wie ihn Rallye-Weltmeister Walter Röhrl gefahren ist“, sagt Daniel Lehmann. Der jüdische Autoschrauber ist zwar fast alles gefahren in seinem Leben, aber der Urquattro weckt eine ganz besondere Begierde in ihm. „Das ist ein hässliches böses Tier, das den Asphalt herausreißt.“ Vielleicht kann ihm ja sein Freund, der türkische Autohändler, bei der Suche nach einem Urquattro helfen.
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Der Serviceleiter meines Renault-Vertragshändlers (sehr netter Mensch) ist Pastor bei einer alternativen christl. Religionsgemeinschaft (so mit viel strengerer Auslegung der Bibel bzgl. was heute Durchschnittsmitglieder in seinem Alter der kath. und ev. Kirche so für Meinungen haben z. B. bzgl. Sexualkundeunterricht in der Schule).
Ist der als nächstes bei dieser Artikelreihe dran? ;-)
notting
Ich kenne einen moslemischen Imam, der kann Rasenmaeher reparieren; waere auch mal einen Artikel wert.
LG Werner
Gute Werbung für den Herrn. In einem Autoforum Werbung zu machen passt doch.
Wenn er es wirklich drauf hat warum nicht.
Fleiß muss belohnt werden und es muss eine Möglichkeit für alle geben hier mal einen Artikel zu kriegen.
Hoffe hier läuft kein Vitamin B. Das wäre unfair.
*räusper*
"West-Berlin" gab es erst nach dem verlorenen Krieg und der Teilung der Stadt.
Vorher einfach nur Berlin, wie auch heute wieder.
*Räusper*
In den 80er Jahren war die Stadt geteilt, also ist West-Berlin richtig. Erst am 29.9.1990 fand der Anschluss der DDR an die BRD statt.
Ohne Worte. Die Artikel kann man hier echt nicht mehr lesen.
Das liegt wohl daran das der Schreiber im Geschichtsunterricht wohl ein Fensterplatz hatte.
Der Text unter dem 4. Bild sagt etwas anderes.
Wieso?
Wo werden hier unzutreffende geschichtliche Fakten genannt? 😕
Unter Bild 4 wird kein Datum genannt.
Annexion
Ich habe mir auch nur gedacht AHA, und jetzt?
Wo bleibt die Poente?
Gerade hier im Autoforum, wo Trump derzeit Jerusalem anerkannt hat so einen Artikel zu bringen?
Ohne Worte...
Im Artikel steht doch eindeutig, daß sich die Werkstatt in Berlin befindet - da ist Jerusalem komplett außen vor und damit nicht Gegenstand der Diskussion.
Dann ließ mal genau den Text. Wenn der Großvater in West- Berlin ne Werkstatt hatte und dann vor den Nazis fliehen musste kann mit dem Begriff West was nicht stimmen.
Und was das alte West Berlin sein soll wüsste ich auch gern.
Der Begriff "West" wird doch hier lediglich dazu genutzt, um den Standort der Werkstatt etwas einzugrenzen. Da muß man nicht alles gleich politisch betrachten.
Kein Fingerspitzengefuehl, der Autor 😤
Ich verstehe sowieso nicht weshalb man in der Ueberschrift so grossen Wert auf das Wort "juedisch" gelegt hat.
Ich denke es haette gereicht wenn der Titel "Die Autowerkstatt Car Berlin" gelautet haette.
Ein Forum sollte informativ und frei von irgendwelchen religioesen Einfluesssen sein; aber dann haette man wahrscheinlich nicht den gleichen Effekt erzielt.
LG Werner