VW streicht Polo Bluemotion Diesel

Das Aus für den Öko-Polo

Björn Tolksdorf

verfasst am Thu Jul 30 17:01:31 CEST 2015

Still und leise streicht VW einen Technik-Leuchtturm: Der Polo Bluemotion Diesel ist und bleibt weg. Aufpreise fürs Spritsparen sind out, und sparsam können andere auch.

VW Polo Bluemotion in der letzten Ausbaustufe von 2014: In Zukunft bietet VW nur noch die Benziner-Variante des Öko-Polo an
Quelle: Volkswagen

Wolfsburg - Wer den Super-Spritspar-Polo bestellen wollte, hatte schon länger Pech: Aus der Preisliste verschwunden war der Polo Bluemotion schon im Frühjahr 2015. Jetzt berichtet die Fachzeitschrift „AutoStraßenverkehr“: Er kommt nicht zurück. VW strich das einstige Vorzeigemodell vor einigen Wochen endgültig.

Zwar steht weiterhin ein Polo Bluemotion in der Preisliste: Im November 2014 kündigte VW eine Variante mit Benzinmotor an, mit einem Normverbrauch von 4,3 Liter auf 100 Kilometer. Aber „der“ Bluemotion trug selbstverständlich ein Dieselherz, und knauserte sich damit in der zuletzt verkauften Variante auf 3,1 l/100 km herunter.

Im VW-Konzern galt der Polo Bluemotion bei seiner Einführung 2006 als Leuchtturm für Spritspartechnik. Warum streicht VW ein so mächtiges Symbol? Bei imageträchtigen Technik-Trägern zählen schließlich nicht nur nackte Renditedaten. Auch mit einem Phaeton, Bugatti oder XL1 verdient VW kein Geld.

Für den Sparmeister wurde es eng

Der erste Spar-Polo von 2006: Verkleidete Kühlermaske, gesenkte Leerlaufdrehzahl und superlang übersetzte Gänge senkten den Verbrauch auf weniger als vier Liter auf 100 Kilometer
Quelle: Volkswagen

Geld dürfte VW mit dem Polo Bluemotion noch nie verdient haben. Zuletzt betrug der Dieselanteil beim VW Polo 18 Prozent. Davon sei nur ein winziger Teil auf die Superspar-Variante entfallen, schreibt „Autostraßenverkehr“. Den Aufpreis von rund 1.500 Euro für das Spritsparpaket wollte kaum jemand zahlen.

2006 kündigte VW das Modell als „sparsamsten Fünfsitzer Europas“ an. Mittels geschlossener Kühlermaske und weiteren Aerodynamik-Kniffen, einer längeren Getriebeübersetzung, Leichtlaufreifen und Veränderungen am Motor verbrauchte der Polo 3,9 l/100 km, mit einem 1,4 l großen Dreizylinder-Diesel mit 80 PS.

2010 drückte VW den Sparmeister auf 3,3 Liter Normverbrauch. Für den damals beeindruckenden Wert floss viel Aufwand in den Kleinwagen: eine Bremsenergie-Rückgewinnung (Rekuperation), Start-Stopp-Technik und noch mehr Aerodynamik, beispielsweise am Unterboden. Und weniger Leistung: Der neue, kleinere 1,2-l-Dreizylinder-Diesel leistete nun 75 PS.

Diesen Motor nahm VW nicht mit ins Euro-6-Zeitalter. Seit April 2014 arbeiten im Polo 1,4-Liter-Dieselmotoren, auch in der Sparversion. Das sparsamste Nicht-Bluemotion-Modell (ebenfalls 75 PS) erreicht einen Normverbrauch von 3,4 l/100 km. Für die aufpreispflichtige Bluemotion-Version (3,1 l/100 km) wurde es zwangsläufig eng. Zumal die abgesenkte Leerlaufdrehzahl, die gewichtsoptimierte Ausstattung und das lang übersetzte Getriebe im Alltag Komfortnachteile bedeuteten.

Andere können es heute besser

Viel entscheidender aber: VWs Superspar-Polo beeindruckt heute niemanden mehr. Den Normverbrauch von 3,1 Liter auf 100 Kilometer erreicht die Konkurrenz mit mehr Leistung: Der Opel Corsa etwa verbraucht in der sparsamsten Konfiguration 3,1 l/100 km. Sein 1,3-Liter-Diesel leistet 95 PS. Der sparsamste Ford Fiesta holt seine 95 PS aus 1,5 Litern Hubraum und verbraucht nach Norm 3,2 l/100 km.

Schwierig für Wolfsburg: Mit deutlich reduzierter Spritspar-Technik gegenüber dem Polo baut Peugeot einen Kleinwagen, der bei mehr Leistung weniger verbraucht
Quelle: Peugeot
Den sparsamsten Diesel-Kleinwagen baut derzeit PSA: Mit 99 PS aus 1,6 Litern Hubraum verbraucht der Peugeot 208 3,0 Liter auf 100 Kilometer.

Rollwiderstandsoptimierte Reifen und Start-Stopp-Technik benötigen diese Hersteller für ihre Traumwerte ebenfalls. Aufpreise für Spritspar-Technik verlangt jedoch nach VWs Rückzug nur Ford (Econetic-Variante). Peugeots sparsamster Diesel ist gleichzeitig der Einstiegsdiesel, und braucht zum Sparen keine aerodynamischen Nachbesserungen und keine Rekuperationstechnik.

Opel erreichte den niedrigsten Normwert mit automatisiertem Schaltgetriebe. Ebenfalls erwähnenswert: Toyotas Yaris Hybrid kostet kaum mehr als zuletzt ein Polo Bluemotion, und erreicht seinen Normwert von 3,3 l/100 km mit Benzin.

Gibt VW also auf und verzichtet auf den Prestige-Kleinwagen, weil die anderen es günstiger können? Unwahrscheinlich, denn auch Wolfsburg muss den CO2-Flottenausstoß weiter senken. Zu erwarten ist also, dass nach Start-Stopp noch mehr Spritspar-Technik aus dem Bluemotion-Paket den Weg in die regulären Ausstattungslinien findet. Dann hoffentlich ohne Öko-Aufpreis.

Technisch steckte viel im Spar-Polo, aber Konkurrenten schaffen seine Verbrauchswerte inzwischen mit weniger Aufwand und mit stärkeren Motoren
Quelle: Volkswagen
2010 sank der Normverbrauch des Polo Bluemotion mit dem Modellwechsel auf 3,3 l/100 km
Quelle: Volkswagen
Der erste Spar-Polo von 2006: Verkleidete Kühlermaske, gesenkte Leerlaufdrehzahl und superlang übersetzte Gänge senkten den Verbrauch auf weniger als vier Liter auf 100 Kilometer
Quelle: Volkswagen
Schwierig für Wolfsburg: Mit deutlich reduzierter Spritspar-Technik gegenüber dem Polo baut Peugeot einen Kleinwagen, der bei mehr Leistung weniger verbraucht
Quelle: Peugeot